Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
wurde und eine Kultur zu durchdringen begann.
Lillemor weiß seit langem,
dass Barbro Andersson ihr Böses will. Sie hat geglaubt, sie könnte sich ihrer Verbitterung entziehen. Doch wie war es überhaupt dazu gekommen? Das hat sie nie verstanden, und solange sie sich noch getroffen haben, hat sie nicht danach zu fragen gewagt. Dieser Zorn war so erschreckend, weil es ein kalter Zorn war.
Man rennt nicht davon. Man lächelt und entgleitet. Das nennt man dann wohl mit dem Leben flirten. Ist das so verachtenswert?
Torheit Seide
Unser zweites Buch war zu verwickelt, so sehe ich das heute. Bedrückend wie sein Umschlag in Schwarz, Blau und Violett. Die Rezension in Dagens Nyheter war nicht überschwänglich, die im Svenska Dagbladet voller Superlative, aber etwas an ihrem Ton ängstigte Lillemor. Mich auch. Als sie erschien, war Lillemor erkältet, und obendrein war am selben Tag die Präsentation eines Films, den sie über Schweden als Urlaubsland gemacht hatte. Für sie galt es, die Auftraggeber vom Schwedischen Institut und eine Menge andere Leute zu bezirzen, auch mit Schnupfen und Fieber. Davon war sie nämlich überzeugt: Ohne Charme, Schönheit und Kleider von Leja oder der französischen Damenschneiderei von NK brachte es keine Frau weit.
Am 10. Oktober wurde ich von ihrem Anruf geweckt, und sie fragte, ob ich das Arbetarbladet schon gelesen habe. Natürlich hatte ich es noch nicht gelesen.
»Dann geh und kauf es dir«, sagte sie.
Ihre Stimme war anders als sonst. Hohl und kratzig, als hätte sie an dem Morgen noch nicht gesprochen. Mir war klar, worum es ging, und ich machte mich auf den Weg zur Bushaltestelle. Es war sehr früh am Morgen, und aus dem Sumpfland hinter der Ziegelei strich kalter Nebel über den Boden. Schweigende Menschen, die in einer Schlange auf den Bus warteten, traten von einem Fuß auf den anderen. Fast alle, die einstiegen, fuhren bis zum Hauptbahnhof, wo viele Leute zum Zug nach Stockholm strömten.
Ich fühlte mich trostlos: allein in einem grauen Universum, wo am Rand meines Gesichtsfelds Feinde lauern. Wer waren sie, und was hatte ich ihnen eigentlich getan?
Oder war ich in die Gemeinschaft der Gefangenen eingetreten, die hustend und mit gesenktem Blick zur Arbeit gingen? Dieses Gefühl war mir schließlich bis ins Innerste vertraut, und ich wünschte mir einzig, unsere Krimis würden sich so gut verkaufen, dass es mir erspart bliebe, in die Bibliothek zu gehen und den Geruch von Kunstlederbänden und schmutzigen Buchseiten zu atmen.
Als ich ein Weilchen in der hustenden Schlange angestanden und endlich die Zeitung in Händen hatte, rannte ich auf den Bahnhofsplatz hinaus und blätterte mich zu den Rezensionen durch. Es hatte jedoch aufgefrischt, und der Wind zerrte derart an den Seiten, dass ich nicht lesen konnte. Ich ging wieder hinein und setzte mich ins Café.
Die Rezension war schnell gelesen. Es ging genauso fix, wie darauf zu warten, dass die Kellnerin mit dem Kaffee kam. Und dann saß ich da, während die Böswilligkeit in mich eindrang und zu einem Teil meines Lebens wurde. Nicht so wie bei dem Ablehnungsschreiben damals, denn Uno Floréns Nonchalance dürfte kaum eine bewusste Gemeinheit gewesen sein. Das hier war die pure Bosheit. Und ihr Ziel war Lillemor Troj. Dieser Fiesling rezensierte ihr Aussehen!
Ich verließ das Café und fuhr nach Hause, um sie anzurufen. Sie hatte noch immer diese komische Stimme.
»Mein Stil soll genauso banal sein wie dieses banale Mädchengesicht, das einen aus den Anzeigen anstarrt«, sagte sie. »Das kann gar nicht sein. Es ist doch dein Stil.«
»Valter Hedman«, fragte ich, »wer ist das?«
Wir hätten es wissen müssen, denn Lillemor schrieb für das Arbetarbladet Rezensionen. Ich kannte den Namen aber nicht.
»Das muss ein Pseudonym sein.«
»Ach ja, irgendein Fiesling, der so bösartig ist, dass er es nicht wagt, dafür einzustehen.«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht …«
Die Stimme erstarb.
»Ist Roffe zu Hause?«, fragte ich.
»Ja, aber er schläft.«
»Hast du ihm die Zeitung gezeigt?«
»Ich habe sie nicht«, sagte sie. »Mich hat jemand angerufen und es mir vorgelesen. Einer, den ich von früher kenne. Wir waren im studentischen Literaturklub.«
»Wer denn?«
Der Name sagte mir nichts, blieb aber hängen. Ich erkannte ihn wieder, als der Typ ein paar Jahre später mit einem kleinen Roman herauskam.
Wir schrieben sechs Krimis. Ich schrieb sie. Obwohl im Nachhinein schwer zu sagen ist, welches Gewicht
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