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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Bettkante sitzend, aß ich die Wurst und das Püree und trank Leitungswasser dazu. Ich bringe es einfach nicht fertig, in einem Hotelzimmer die Getränke in dem kleinen Kühlschrank anzurühren. Da schlägt wieder mein Vater zu. Geld, um sie zu bezahlen, hätte ich ja, folglich handelt es sich nur um sein nie ausgesprochenes, aber deutliches: Das ist nicht für dich.
    Am Montag saß ich in der Bibliothek, und als es Zeit war für die Lesung, ging ich in die Buchhandlung, um Lillemor zu hören. Als sie fertig war, dachte ich, sie würde zu mir kommen. Aber sie sah mich nicht oder wollte mich nicht sehen. Auf dem Rückweg zum Hotel kaufte ich mir Verdens Gang und erfuhr, dass vor einem Imbiss in der Karl Johan Gate ein Mann erschossen worden war. Ich kaufte noch eine andere Zeitung und schaute mir im Fernsehen die Nachrichten an. Kein Zweifel: Der Kerl war an dem Kiosk gestorben, wo ich mir etwas geholt hatte. Es gab ein Bild von einer Blutlache auf dem Asphalt. Neben der Lache lag eine Papierserviette, die unbenutzt wirkte. Die Serviette, die ich zu meiner Pappschale mit dem Püree bekommen hatte, war mir auf die Erde gefallen, doch ich hatte sie nicht vom Gehsteig aufheben wollen, wo die Leute herumgetrampelt waren.
    In dem Hotel konnte ich unmöglich bleiben. Ich wollte beim Rein- und Rausgehen nicht über Blutspuren steigen. Ich nahm samt meinem Gepäck ein Taxi und fragte den Chauffeur nach einem Hotel, denn ich hatte nicht die Energie, herumzurennen und mir eines zu suchen. Vermutlich schätzte er meine Zahlungsfähigkeit nach meiner Kleidung ein, denn er fuhr mich in einer kleinstädtisch anmutenden Straße, doch nicht weit vom Zentrum, zu einer Art Pension. Das Haus hieß Myras Pensjonat und pries preiswerte Übernachtungen an. Ich bekam ein Zimmer, das mit Erinnerungen an die Havarie eines Lebens überfrachtet war, welche die Inhaberin gezwungen hatte, Pensionsgäste aufzunehmen. Trotz des Geruchs, der den Gardinen entströmte, und der sinnverwirrenden Eindrücke von Bildern, die dicht an dicht über drei Wände verteilt waren, schrieb ich. Etwas zu essen kaufte ich mir weiter unten in der Stadt: ein halbes Grillhähnchen, eine Tomate und ein Brot, aß es am Schreibtisch und spülte das Ganze mit einem Kakao namens Pucko hinunter. Womöglich brachte dieser mich zu der Einsicht, dass ich nicht ganz bei Trost war, derart zu hausen. Ich packte wieder meinen Kram und bestellte ein Taxi. Sei’s drum, ich würde jetzt im Continental wohnen, wo Lillemor herumscharwenzelte. Als ich dort ankam, hatte sie jedoch ihre letzte Lesung absolviert und war im Begriff, nach Hause zu fahren. Die ganze Heimreise über erzählte sie alles, was sie erlebt hatte, doch über mich und meine Hotelausflüge verloren wir kein Wort.

Gegen elf Uhr
steigt
Lillemor aus dem Bett und zieht einen kuscheligen rosaroten Morgenrock an, in dem sie sich wie eine wandelnde Wolke vorkommt, und diese Wolke schlurft in die Küche und denkt: Meine Güte, es ist doch bloß ein Roman, weiter nichts. Ein Roman, in dem die Autorin ihre eigene Wahrheit erzählt, worauf sie nicht nur das alleinige Recht, sondern auch das Copyright besitzt. Da werden wehrlose Menschen vielleicht nicht gerade aus einem Garten Eden, aber immerhin aus einem Leben verwiesen. Verurteilt und in Morgenröcke oder nur mäßig reine Unterhosen gekleidet, werden sie mit Wortpeitschen aus ihrem Leben in die Fiktion getrieben, und die Autorin steht wie ein Engel mit brennendem Schwert Wache, sodass sie nie wieder zurückkehren können. Dort dürfen sie sich dann in der Ewigkeit des Jetzt auf Stehpartys und im Small Talk vor einer Sitzung oder nach einem Beischlaf verlustieren. Oder an der Delikatessentheke im ICA Esplanad.
    Es ist keineswegs merkwürdig, dass eine Autorin oder ein Autor so vorgeht, das hat schon Dante so gemacht. Er ließ seine Widersacher in lodernden Flammen brennen und im Schlamm ertrinken und verpasste ihnen am ganzen Körper Aussatzmale. Sie durften sich durch die Hirnschalen ihrer Feinde nagen und den Inhalt schlürfen. Die Partys der Florentiner müssen einen ungeheuren Drive bekommen haben, nachdem die Leute gelesen hatten, wie Freunde und Bekannte dem strengen Aufbau der aristotelisch-thomasischen Klugheitslehre gemäß für ihr Scheitern bestraft wurden. In unserer Zeit wäre das vielleicht übertrieben, zu uns passt Swedenborgs Hölle besser. Lillemor hält Babba wie geschaffen dafür, über die schäbigen und überaus privaten Winkel der Gehenna zu schreiben,

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