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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Sprache, die du Finnisch genannt hast, die aber Meänkieli heißt, aber du weißt ja nicht mal, was das ist. Das ist eine Sprache mit höllisch vielen Kasus, Illiativ und Essiv und noch fünf anderen, von denen du noch nie etwas gehört hast. Und dann hast du dich auch noch darauf eingelassen, Stellen zu streichen, die für deinen doofen Verleger Finnisch waren. Ich habe mich jedoch damit vertraut gemacht, und das ist mehr als das, was du getan hast, als du da im Speiseraum der Pension auf der Stuhlkante gesessen und in einem Essen gestochert hast, das für dich Labskaus war, in Wirklichkeit aber Suovas. Hörst du! Suovas . Da waren nämlich auch Lappen, die mit ihren Renen zur Sommerweide gezogen sind – nichts hast du begriffen. Außerdem habe ich bei Stina Aronson von all den lockenden Abenddämmerungen und den doofen Mooren gelesen, die es da oben gibt.«
    »Du hast plagiiert!«
    »Nee nee, ich habe nicht plagiiert. Ich habe es mir anverwandelt. Ich habe es gelesen und verdaut, und dadurch wurde es meins. Literatur lebt von Literatur, kapierst du das nicht? Sie kommt von Geschriebenem und Erzähltem, kommt von Gelesenem ! Du bist keine Schriftstellerin, vergiss das nicht. Das Einzige, was dir eingefallen ist, sind diese einfältigen Lügen in den Zeitungen.«
    »Das sind keine Lügen.«
    »Doch, das sind von vorn bis hinten Lügen, und das weißt du. Das Schlimmste aber ist, dass du sie nicht verinnerlicht hattest. Der einen berühmten Pressetante erzählst du, dass dir die Idee zum Schreiben gekommen ist, als du in der Stockholmer Filmwelt gearbeitet und dabei gesehen hast, wie falsch und oberflächlich es da zugeht. Du meine Güte, welch dummes Geschwätz von einer, die dort herumgetrippelt ist und sich wohlgefühlt und obendrein noch Geld verdient hat! Und der Alten, die fürs Vecko-Journalen schreibt, erzählst du, dass dir die Idee zum Schreiben gekommen ist, als es dir in Härnösand, wo du aufgewachsen bist, langweilig war und du einen Lichtschein zwischen den Bäumen gesehen und Angst bekommen hast und was weiß ich noch alles. Du bist gar nicht in Härnösand aufgewachsen, und dir ist noch keine Sekunde im Leben langweilig gewesen. Du weißt gar nicht, was es heißt, sich zu langweilen, denn dann hättest du womöglich selbst zu schreiben angefangen. Literatur kommt nämlich auch aus der Langeweile. Aber davon hast du keinen Schimmer. Nicht den leisesten. Und jetzt bist du so richtig schön in die Scheiße getappt. Diese Tanten sind nämlich Profis und gehen die Artikel der anderen durch, als wären es die Schriftrollen vom Toten Meer. Die wollen sehen, ob andere etwas gesagt bekommen, was ihnen selbst durch die Lappen gegangen ist. Warte nur, bis eine von ihnen zuschlägt. Und ich wette, es wird die sein, die wirklich gefährlich ist, die fürs Vecko-Journalen schreibt. Wenn nicht gar alle beide. Und eines sage ich dir, du hast meinen Ruf als Schriftstellerin zum letzten Mal verlabert. Von nun an bin ich bei den Interviews dabei. Ich werde den Mund halten, und meine Anwesenheit darfst du erklären, wie du willst. Aber ich werde mir alles anhören, das wird deine Lust, blindlings draufloszureden, bestimmt dämpfen.«
    Wir hatten Erfolg gehabt und uns entzweit. Die großen Pressetanten, die in unser Schriftstellerinnendasein gedüst kamen, hatten die Macht, uns zu versenken. Zum Glück war die spitze Marianne Höök nicht gekommen, obwohl sie einen Termin vereinbart hatte. Ein Lämmchen wie Lillemor hätte sie doch mit dem Nagel ihres kleinen Fingers aufschlitzen können.
    Als ich sie wegen ihres naiven Gelabers zusammenstauchte, tat sie etwas, was für mich damals nicht lillemorartig, sondern bloß seltsam war. Ich lernte aber, dass sie eine Seite besaß, die nicht anders als subversiv genannt werden kann. Diese Seite sollte mit der Zeit immer stärker zutage treten. Diesmal machte sich Lillemor lediglich mit dem Auto davon und ließ mich in der Kate zurück. Ich dachte, sie würde zurückkommen, wenn sie sich ausgeschluchzt hätte, aber sie kam nicht mehr. Ich saß mit einer Dose abgestandenem Kaffee, einer Tüte Nudeln und einer Flasche eingetrocknetem Ketchup da, und auf der drei Kilometer entfernten Landstraße kam erst wieder am nächsten Vormittag um elf ein Bus vorbei.
    Ich schlief nicht sonderlich gut in dieser Nacht. Einmal wachte ich davon auf, dass ich eine Straßenbahn hörte. Mir fiel ein, dass es in Uppsala gar keine Straßenbahnen mehr gab, die letzte hatten wir ja zur Endstation

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