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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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Ångermanlandtrilogie, der bald fertig sei und im Herbst erscheine. Sie gewährte einen munteren Einblick in die lebenspralle Welt des Romans, die besonders die Leser in unserer Gegend schätzen gelernt haben, und rief damit stürmischen Beifall hervor. Mit fünfzigtausend Kronen in der Tasche kann Lillemor Troj jetzt ihren Siegeszug fortsetzen, und ihre Mutter meint, das Preisgeld müsste auch noch einen vierten Band in dieser Romanfolge ermöglichen.
    Im Hinblick darauf, was Astrid Troj ausbrütete, hätte es womöglich noch schlimmer kommen können. Aber auch das war schon schlimm genug.
    »Wie zum Teufel konntest du sie bitten, dorthin zu gehen?«, fragte ich.
    »Ich habe sie nicht darum gebeten. Ich habe nichts davon gewusst, sondern es erst aus der Zeitung erfahren.«
    Wahrscheinlich starrte sie wieder mit diesem leeren Blick vor sich hin, wobei ihre Augen aussahen, als wären sie aus Glas.
    »Ich frage mich, was sie über den dritten Band erzählt hat«, sagte sie. »Aber sie war schon immer gut im Erfinden.«
    Astrid brauchte nichts zu erfinden, denn sie hatte alles in meinen Spiralblocks gelesen. Das sagte ich Lillemor aber nicht, weil sie sich dann nur tödlich aufgeregt hätte. Ich konnte es mir aber nicht verkneifen, sie zu fragen, wo sie den Schlüssel zur obersten Kommodenschublade deponiert habe.
    »Unter dem Deckchen auf der Kommode natürlich. Warum fragst du?«
    Ja, warum fragte ich. Das schien jetzt nur noch eine untergeordnete Rolle zu spielen.
    Mir war, als ob das, was ich geschrieben hatte, mit Lachsfett und Hühnerschmalz befleckt wäre und mir jetzt nichts anderes übrig bliebe, als alles umzuschreiben und mir Verwicklungen auszudenken, die das Publikum im Provinzialtheater noch nicht kannte. Vielleicht war das eine Idee? Zu Astrid könnte ich sagen, ich würde Lillemor oft Vorschläge machen, wie sich die Geschichten entwickeln sollten. Doch würde sie meinen Rat selten, ja nie befolgen.
    Ich brannte vor Lust, sie zu treffen, und jetzt hatte ich auch einen Anlass. Sowohl einen inneren, nämlich ihr weiszumachen, dass Lillemor meine Ideen verwerfe, als auch den äußeren, ihr diesen Auftritt im Theater vorzuwerfen. In meinem Thalamus kribbelte es. Womöglich sähe ich, wenn ich erst mal dort wäre, eine einfache und natürliche Methode, sie aus dem Weg zu räumen.
    Auf dem Weg zum Gärdsbacken ging ich in den Spirituosenladen und kaufte eine große Flasche Beefeater Gin. Nach näherem Überlegen beschloss ich, noch eine zu kaufen, und handelte mir einen komischen Blick ein, als ich ein zweites Mal kam. Es war aber nicht dieser Blick, der jemanden trifft, der billigen Fusel kauft. Anschließend fuhr ich zu meinen Eltern. Mein Vater war in einem der Kunststoffboote der Firma Troj unterwegs und versuchte, über den Holzfasergründen etwas zu angeln. Meine Mutter sah mich sorgenvoll an und fragte, ob ich finanziell über die Runden käme, wo ich doch gerade keine feste Arbeit hätte. Wenn ich etwas brauche, könne ich mir gern was leihen. Von ihrer Großzügigkeit blieb mir fast die Luft weg. Feste Arbeit und Geld auf der Bank. Das eine Arbeitsleben lang die nach Säure riechenden Hallen des Sägewerks, das andere die Übelkeit erregenden Gerüche der Konditorei. Ein Küchentisch mit rissigem Wachstuch und eine gute Stube, die früher nie benutzt worden war, wo sie aber jetzt fernsahen. In der schattigen Kühle ging dort eine Porzellanblume auf. Und wenn es heiß war, krümmten sich die Stearinkerzen in Großmutters Messingleuchtern. Meine Mutter ging sicherlich ab und zu hinein, gab der Blume einen Schluck Wasser und pflegte ihre eigene Normalität.
    »Du bist anders als sonst«, sagte sie.
    Als ich vor dem Schild aus seegetränkter Eiche stand und bimmelte (alles ist hin, alles ist hin) , dauerte es lange, bis ich begriff, dass sie nicht zu Hause war. Es war so, als würde ich aus der intensiven Beschäftigung mit einer Geschichte in die unberechenbare Wirklichkeit versetzt. Hätte ich diese Situation geschrieben, wären jetzt ihre Schritte zu hören gewesen. Schlappende, fersenfreie Hausschuhe mit halbhohem Absatz und einer Verbrämung aus synthetischer Schwanendaune. Oder so.
    Ich musste nach Babelsberg zurückfahren, und nun war mein Vater mit vier Barschen nach Hause gekommen, die meine Mutter auf der Nya Norrland schuppte. Sie hatten natürlich nicht Västernorrlands Allehanda mit dem Bericht über Astrid Trojs Auftritt im Provinzialtheater. Der hätte sie auch kaum interessiert. So weit

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