Schwindlerinnen: Roman (German Edition)
Champignons für die Tochter und die Ghostwriterin, auf das Brot der Letzteren ein Scheibchen Giftpilz, des Erbrechens und der Glaubwürdigkeit wegen. Das Problem mit dieser Idee war, dass wir nach wie vor erst Juli hatten. Bevor die Pilzsaison begann, hätte sie unser Leben wahrscheinlich bereits zerstört und Asche und Verwüstung hinter sich gelassen.
Ante und ich saßen am Küchentisch und aßen Reibekuchen, etwas längliche nach dem Modell meiner Mutter, mit Speck und Preiselbeeren, als Lillemor vors Haus gefahren kam.
»Ich muss mit dir reden«, sagte sie, als sie eintrat.
Ich mochte es nicht, wenn sie Ante so deutlich zeigte, dass sie und ich Geheimnisse hatten. Er ist nicht dumm, und er hatte schon mal gesagt, dass ich ihr bei ihren Büchern ja ziemlich viel helfen müsse. Im Moment aber bestand die Gefahr, dass Astrid zugeschlagen hatte, also ließ ich meine Reibekuchen kalt werden. Wir gingen auf den Dachboden.
»Wir haben den Kulturpreis des Provinziallandtags bekommen«, sagte Lillemor. »Fünfzigtausend Kronen.«
Sie war blass.
»Himmel!« Ich war erleichtert. Das Dies Irae war offensichtlich aufgeschoben.
»Ich kann ihn nicht entgegennehmen.«
Sie schob den Schnabel nach oben, wie immer, wenn sie ein neues Leben anzufangen gedachte.
Es ermüdete mich. »Mach jetzt um Gottes willen keine Zicken!«
»Ich habe schon ausgeschlagen«, erklärte sie.
»Fünfzigtausend ausgeschlagen?«
»Nein, nur die Preisverleihung im Theater in Härnösand. Ich habe gesagt, ich würde zu der Zeit operiert.«
»Spinnst du? Du wirst doch gar nicht operiert.«
»Nein, aber ich habe es gesagt. Ich kann den Preis nicht entgegennehmen. Es ist nicht richtig.«
»Du, ich bitte dich nur um eines«, sagte ich. »Mach jetzt keine Zicken. Nicht ausgerechnet jetzt.«
Dann folgten einige Ergüsse über die Falschheit ihrer Situation. Das war nichts Neues. Eine Nacht der Wahrheit mit Sune plante sie nicht mehr. Er hatte es seinerseits gar zu offensichtlich an Aufrichtigkeit mangeln lassen und ihr dieses Unglück Tompa aufs Auge gedrückt. Trotzdem hatte sie noch immer ihre kleinen Anwandlungen. Hätte sie geahnt, wie verdammt nahe sie der öffentlichen Stunde ebendieser Wahrheit war, hätte sie ihren Ton sicherlich etwas gemäßigt. Aber ich hatte ihr nichts von Astrid erzählt. Sie würde nur hysterisch werden und eine Heidenangst bekommen.
Sie ließ sich nicht dazu bewegen, bei der Kulturverwaltung des Provinziallandtags anzurufen und zu sagen, dass die Operation verschoben worden sei. Allerdings war das die geringere Sorge, gemessen an der, dass weitere zwei Wochen verstrichen waren, in denen mir keine sichere Lösung des Problems Astrid Troj eingefallen war. Wir näherten uns aber der Pilzsaison.
Die Augustmorgen waren neblig, doch nach ein paar Stunden hatte die Sonne die Feuchtigkeit aus dem Gras gedampft. Halbwüchsige Fuchswelpen spielten im Tau, ich hörte die Schweine über den letzten Rest im Trog zanken, und maunzend segelte ein Mäusebussard über das Espenwäldchen, das in der ersten Brise raschelte. Es hätte in seiner ländlichen Ruhe ein gesegneter Morgen sein können – wenn die Ruhe denn Wirklichkeit gewesen wäre. Wenn die Texte in den Spiralblocks nicht von Astrids Fingern und Blick beschmutzt worden wären. Ante kam mit dem Traktor zum Kaffee nach Hause gefahren. Als er vom Fahrzeug heruntergeklettert war, sah ich, dass er die Zeitung geholt hatte. Doch was sie enthielt, sah ich erst, als er mit seiner Kaffeetasse dasaß und die Sportseite las. Der Provinziallandtag hatte seinen Kulturpreis verliehen. Auf der ersten Seite prangten das Bild einer lächelnden Astrid Troj und die Schlagzeile:
MUTTER DER KULTURPREISTRÄGERIN
ÜBERRASCHT IM THEATER
Als Ante endlich die Zeitung weglegte, schnappte ich sie mir und wollte sie mit auf den Dachboden nehmen, aber als ich halb die Treppe oben war, klingelte das Telefon, und Ante rief, dass es Lillemor sei.
»Hast du’s schon gelesen?«, fragte sie.
Ich hatte es natürlich noch nicht gelesen, tat es aber mit dem Hörer am Ohr.
Bei der feierlichen Verleihung des Kulturpreises des Provinziallandtags gestern Abend im Provinzialtheater betrat völlig unerwartet die Mutter der Preisträgerin die Bühne. Lillemor Troj, die sich einer Operation unterziehen musste, hatte sie gebeten, an Stelle ihrer Tochter den Preis entgegenzunehmen und eine Dankesrede zu halten.
Die Mutter der beliebten Autorin berichtete in ihrer Rede vom dritten Band der
Weitere Kostenlose Bücher