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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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zurückzuscheuen brauchte.
    Zuerst müssten wir ins sogenannte Fernsehzimmer gehen, denn dort gab es, wie ich wusste, einen offenen Kamin. Ich würde jammern, dass mir kalt sei. Das war gar nicht so weit hergeholt, denn die Augustabende wurden allmählich kühl, und wir hatten eine gute Weile auf der Altane zugebracht. Wenn dann das Feuer endlich brannte, würde ich die zweite Flasche Gin holen und sagen, dass ich sie eigentlich meinen Eltern hatte mitbringen wollen. So scharf, wie sie auf Alkohol war, würde sie sich erst zufriedengeben, wenn wir auch diese Flasche geleert hätten.
    Wenn ich die Drosselklappe vorgeschoben und sorgfältig die Tür zu dem Zimmer mit der schnarchenden Astrid Troj (wie sie sich selbst immer nannte) geschlossen hätte, würde sie nie wieder aufwachen. Sie würde an der Kohlenmonoxidvergiftung sterben, vor der meine Mutter am Heiligen Abend immer warnte, wenn wir im Kachelofen in der guten Stube Feuer machten.
    Sie wollte aber nicht ins Fernsehzimmer, es sei so klein und muffig, sagte sie, und ich dachte, genau das ist ja der Witz. Sie nahm Kurs auf einen Sessel im Wohnzimmer. Mir sank der Mut, doch ich dachte, ich würde sie schon noch vor den offenen Kamin bringen, und sei es dadurch, dass ich die Flasche mitnahm. Zunächst landeten wir also in den ihr zufolge taubengrauen Wohnzimmermöbeln vor dem Panoramafenster, wo jetzt nicht weniger als drei Lampen mit Messingfuß standen, alle mit rosa Seidenschirm. Ich setzte mich auf dem Sofa in die Nähe eines großen Ficus benjamini mit einem prächtigen Übertopf aus Messing. In den würde ich, wenn sie gerade nicht hersah, nach und nach meinen Gin Tonic schütten. Ich durfte ja nicht Gefahr laufen, selbst alkoholisiert zu werden.
    Astrid lachte viel. Sie plapperte über Spannung und Risiken und darüber, eine andere Art Leben zu beginnen als das, was sie mit Kurt geführt hatte. Dann wurde sie vertraulich, sagte, ich sei doch klug, obwohl ich aussähe wie – ja, ich weiß nicht, wie sie fand, dass ich aussah. Gerissen sei ich jedenfalls.
    »Und Lillemor ist dein Püppchen.«
    Ich weiß noch, dass sie das sagte.
    »Das Püppchen, das du vorschickst, das hübsch und nett ist und immer das Richtige sagt.«
    Und dann lachte sie lauthals.
    Ich muss nun sagen, wie es ist: Ich erinnere mich nicht mehr genau an alles. Es hatte eine Komplikation gegeben. Astrid wurde vertraulich, setzte sich mit aufs Sofa und schubste mich weiter, sodass ich von dem Benjamini wegkam.
    Es hat keinen Zweck weiterzumachen, denn es wird doch nur Dichtung. Die Wahrheit ist, dass ich mich an nichts mehr erinnere. Das mit dem Püppchen weiß ich noch und dann Astrids schallendes Gelächter voll Gold und hübschen Jacketkronen. Und dass ich zum Benjamini schaute und ihn gleichsam entschweben sah. Danach ist alles schwarz. So sagt man doch. Eigentlich hat es aber gar keine Farbe.
    Woran sich niemand erinnert, das ist nie geschehen. Wenn aber nur ich mich nicht daran erinnere, dann ist es vielleicht doch geschehen.
    »Was ist bloß los mit dir?«, fragte Lillemor. »Wie kannst du dich nur so aufführen! Und ausgerechnet mit Mutter! Was ist eigentlich in dich gefahren?«
    Ungefähr so. Es war jedenfalls eine Wortkaskade. Lillemors Gesicht kam näher, dann zuckte sie zurück. Ante war auch da und hatte ein großes Glas Wasser in der Hand, nach dem ich mich zu strecken versuchte. Ich versuchte auch etwas zu sagen, und ich glaube, ich habe Benjamini gesagt. Denn an den erinnerte ich mich noch. Der war schließlich die Erklärung. Es gelang mir, in den Kissen nach oben zu rutschen, sodass ich nach dem Wasserglas greifen und den lauwarmen Inhalt in mich hineinkippen konnte.
    Dann sagte ich versuchsweise: »Tablette. Wasser.«
    Es klang krächzig.
    Ante verflüchtigte sich aus meinem Gesichtsfeld.
    »Was ist passiert?«, fragte Lillemor.
    »Weiß nicht.«
    Ich flüsterte, weil das weniger heiser klang. Ich hatte so fürchterliche Kopfschmerzen, dass mir ein Tumor vorschwebte. Das deutete ich Lillemor an, die hörbar schnaubte. Es schien, als könnte ich höchstens zwei Wörter aneinanderreihen, mit nur einem war es aber einfacher. Dann begann ich zu überlegen, wie ich nach Hause gekommen war.
    Ante kam zurück, und das Wasser im Glas zischte von einer aufgelösten Brausetablette. Ich trank. Es war eine ungeheure Erleichterung, den Kopf wieder hinzulegen.
    »Platzt«, sagte ich.
    »Was?«
    »Kopf.«
    Ante lachte lauthals los. »Du stinkst aus dem Mund wie ein Fuchsbau«, sagte

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