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Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Schwindlerinnen: Roman (German Edition)

Titel: Schwindlerinnen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ekman
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kultivierter. Sein Vater habe ihn nicht geprügelt, sondern terrorisiert. Als Kind habe er ihn in Wannen mit kaltem Wasser gesetzt. Die Mutter starb, und ihre Nachfolgerin behandle ihn mit eisigem Schweigen. Lillemor staunte und versuchte den Psychologen zu erklären, dass das nicht stimme, aber die fanden es ausgezeichnet, dass Tomas sich nun allmählich erinnere und verstehe, wie es ihm ergangen war. Das sei der Beginn seiner Rehabilitierung.
    Er war jetzt in die Psychiatrie eingeliefert worden, wo man erklärte, nicht er sei krank, sondern die Familie. Er trage deren Nöte, die sie sich selbst nicht eingestehen wolle. Lillemor ist nicht dumm und kam schnell dahinter, was sie gelesen hatten. Es handelte sich um einen britischen Psychiater namens Ronald D. Laing, der über Familienleben und gespaltene Ichs schrieb. Es nützte aber nicht viel, dass sie fleißig las. Sie hatten Tomas in eine geschlossene Abteilung verlegt, aus der er regelmäßig ausbrach, um dann mit Leib und Seele dem Symptombild nachzueifern, das sie an die Wand gemalt hatten.
    In Lillemor steckt jedoch etwas, was sich nicht unterkriegen lässt. Sie erzählte, dass sie jedes Mal, wenn man ihr dort eine Tracht Wahrheit eingetrichtert hatte, bei einem Kiosk angehalten und sich eine ordentlich große Tüte voll Schaumbananen, Sahnestäbchen, Geleehimbeeren, Lakritzschiffchen und Punschpralinen gekauft und alles aufgegessen hatte, bevor sie weiterfuhr.

Oje. Lillemor weiß,
sie hat gerade ein Frühstück aus Zucker, Schweineschwarten, Kalbsknochen und Farbstoffen, die aus Läusen gewonnen werden, zu sich genommen. Sie hat noch den Geschmack dieses Trostes im Mund, er hat sich an den Zähnen festgesetzt. Der zähe Kram ist am schlimmsten. Die Mäuse.
    Jetzt entschließt sie sich zu Kaffee und Roggenbrot mit Käse. Und nie wieder dieses klebrige Zeug! Während sie den Kaffee braut, überlegt sie, ob Babba etwas über die Ramsökommune schreiben wird. Interessiert sie das, hat sie überhaupt davon erfahren?
    Diese Kommune, hieß es, erziele gute Behandlungsergebnisse und war deswegen sehr gefragt. Dort sollte eine fehlgeleitete Arbeiterjugend auf den rechten Weg gebracht werden und nicht, wie Babba sagen würde, eine verwöhnte Bürgerbrut. Folglich war es für Sune nicht ganz einfach gewesen, für Tomas einen Platz zu beschaffen, über Parteibeziehungen war es ihm jedoch gelungen. Ramsö war nämlich durch seinen Leiter, ein angesehenes Mitglied des Gemeindevorstands, zuverlässig sozialdemokratisch.
    Lillemor fuhr auf gewundenen Sträßchen dorthin und hatte erwartet, irgendwie empfangen zu werden. Immerhin war sie mit dem Leiter, er hieß Claes-Erik Andersson, zu einem Gespräch über Tomas verabredet. Sie fragte die drei Leute nach ihm, die sie draußen erwischte (im Haus hatte auf ihr Rufen niemand reagiert), aber die guckten nur fragend drein.
    Erst nach einer Weile rief einer von ihnen: »Ach so, Klasan!«
    Klasan war jedoch zu einem Kurs oder Kongress oder sonst was. Sie wurden sich nicht ganz einig darüber, auf jeden Fall war er nicht da. Dagegen war Gumpan da, seine Frau. Sie wirkte müde und rauchte, ohne die Zigarette aus dem Mund zu nehmen, eine Kunst, die Lillemor seit Necklunds und Goldies Tagen kaum jemanden hatte ausüben sehen.
    »Ach so, du«, sagte sie. Dann ging sie mit schleppendem Schritt zum Haus, drückte in einem zu diesem Zweck aufgestellten Blumentopf mit Sand ihre Zigarette aus und rief: »Kattis! Kattis, komm mal!«
    Nachdem sie eine Weile gerufen hatte, kam eine junge Frau mit einem großen Frotteehandtuch um den Kopf.
    »Zeig doch Tompas Mutter das Zimmer«, sagte Gumpan und verschwand.
    »Ich muss erst meine Haare trocknen«, erwiderte Kattis und ging in einen Raum, wo in einem Fernseher gerade ein Spielfilm lief. Es gab ein langes, geschwungenes Sofa mit fleckigem weinroten Plüschbezug und einen Kieferntisch, auf dem Karten von mindestens zwei Kartenspielen verstreut lagen und Tassen mit Kaffeesatz standen. Kattis setzte sich, da sie offensichtlich den Film zu Ende sehen wollte, und als eine Art Alibi bearbeitete sie ihre Haare mit dem Frotteehandtuch, allerdings nicht sonderlich eifrig. Lillemor fiel nichts Gescheiteres ein, als sich ans andere Ende des Sofas zu setzen (wo es weniger durchgesessen war) und auf den Film zu starren: Anita Björk in der Tracht einer Bezirkskrankenschwester hatte mit dem Fahrrad angehalten und unterhielt sich mit einem bäurisch wirkenden Ulf Palme.
    Mitten in den Verwicklungen fragte

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