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Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Schwingen aus Stein: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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entschieden zu nah, wie sie fand. Er hielt seine Linke so, als würde er sie gleich berühren wollen. Seine rechte Hand war noch beunruhigender, denn in ihr hielt er eine Pistole.
    Was meinte er mit „keine plötzlichen Bewegungen“?
    „Mr. Sutton“, wisperte sie. Sie versuchte, sich zu orientieren.
    Sie hatten am Abend zuvor tatsächlich eine Zuflucht gefunden. Es war nur ein halboffener Stall. Heu und Stroh wurden darin aufbewahrt. Es war bereits dunkel gewesen, und Konstanze hatte nicht allzu viel gesehen. Sie war so erschöpft gewesen, dass sie sich ganz auf diesen Fremden verlassen hatte, dem zu trauen sie letztlich wenig Grund hatte. Sie war fast vom Pferd gekippt. Er hatte sie aufgefangen und zum Unterstand geschleppt. Sie war nur noch auf dem Boden zusammengesunken.
    Er hatte eine Reisetasche abgeschnallt, die sich als ihre herausstellte.
    „Ziehen Sie sich etwas Wärmeres an!“, hatte er befohlen und sich dann von ihr fortgedreht, um ihr wenigstens ein bisschen Privatsphäre zu lassen. Sie hatte ziellos in der Tasche herumgekramt, ihre Hände waren so müde wie ihr Hirn. Sie zog wahllos ein paar Kleidungsstücke hervor, schaffte es nicht, sich zu entkleiden.
    „Kann ich mich wieder umdrehen?“, fragte er nach einiger Zeit. Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
    „Ich weiß nicht“, sagte sie schließlich.
    Als er sich umdrehte, fand er sie immer noch auf ihren Knien zitternd in der nassen Kleidung dahocken. Er hatte ein wenig unglücklich und peinlich berührt ausgesehen. Doch dann hatte er die Führung übernommen.
    „Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen helfe, Fräulein Vanholst. Stellen Sie sich einfach vor, ich wäre Ihr Arzt.“
    Er hatte ihr aus dem Kleid geholfen und ihr Mieder ausgehakt. Er schien durchaus Übung in so etwas zu haben.
    „Arme hoch! So ist es brav!“
    Er behandelte sie wie ein Kleinkind. Das machte die Sache tatsächlich weniger peinlich.
    Ihre Unterkleidung war in Unordnung. Er ignorierte es. Vielleicht zog er ja tatsächlich keine Schlüsse daraus. Oder er war Gentleman genug, einfach nicht zu sehen, was nicht für ihn bestimmt war.
    „So jetzt. Ziehen Sie das hier an! Das ist trocken. – Schaffen Sie das alleine?“
    Es war wunderbar, trockene Sachen auf der Haut zu spüren. Dass dieser Fremde nun mehr von ihrem Körper gesehen hatte, als ihm zustand, war einerlei. Er stopfte etwas Heu zusammen und rollte sie in eine Decke ein. Dann fuhr er mit seiner Hand an ihrem Körper entlang, ohne ihn jedoch zu berühren. Plötzlich drang ihr Wärme bis in die Knochen.
    „Wie …“, murmelte sie.
    „Eines meiner Kunststücke“, gab er zurück.
    Er breitete seinen Mantel über sie.
    „Sie sollten wirklich schlafen. Doch wenn es Ihnen möglich ist, wäre ich dankbar, wenn Sie mir zuvor noch einen kurzen Abriss dessen gäben , was eigentlich geschehen ist. Die Ereignisse geben mir immer noch Rätsel auf.“
    „Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.“ Sie hatte selbst keine Erklärungen, und was immer sie beitragen konnte, würde kein gutes Licht auf sie werfen. Die Wärme machte sie außerdem sehr schläfrig. Die Welt drehte sich, wie sie es tat, wenn man völlig übermüdet war. Und da war auch noch dieser Trank, den er ihr gegeben hatte. Alkohol.
    „Fangen Sie mit dem Mädchen an“, schlug er vor. „Wo ist sie, und wohin wollten Sie?“
    „Clarissa ist meine Schülerin. Ihre Eltern sind tot. Ihr Onkel wollte sie diesen Mönchen übergeben. Es geht um eine lukrative Erbschaft.“
    „Also sind Sie mit ihr geflohen?“
    „Ja. Jemand hatte mich gewarnt.“
    „Was will die Bruderschaft von dem Mädchen?“
    „Ich weiß es nicht. Sie hat Konzentrationsprobleme. Ihr Geist wandert manchmal fort. Ihr Onkel meinte, sie sei …“
    Sie konnte es nicht sagen. Sie glaubte keinesfalls, dass Clarissa vom Bösen besessen war. Doch ihr Weltbild hatte sich verändert, und Dinge, die ihr gestern noch als dummer Aberglaube gegolten hatten, waren nun in den Bereich des Möglichen getreten.
    „Sie sei was, Fräulein Vanholst?“
    „Sie sei – besessen.“ Sie versuchte, sich aufzusetzen und zitterte vor Anstrengung. „Sie ist nicht besessen. Sie ist ein ganz liebes Mädchen. Sie ist nicht besessen! “
    „Trotzdem war es richtig, mit ihr davonzulaufen. Nicht-Besessenheit ist fast noch schwieriger zu beweisen als Besessenheit. In einer Argumentationskette, die Unschuld als Betrug ansieht und Betrug als Beweis für teuflischen Einfluss, stirbt die Wahrheit zuerst.“
    „So

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