Schwingen des Vergessens
das Glas bereits an ihre trockenen Lippen. Das Gemisch stank nach faulen Eiern, doch der Geschmack war nur schal, aber nicht eklig. Zum Glück. „Okay, ich bin fertig mit dir, jetzt kannst du zu Lanicel gehen. Da wir uns ohnehin nie wieder sehen, kann ich mit gutem Gewissen verabschieden. Auf Nimmerwiedersehen.“ Der winzige Dämon grinste und sperrte die Tür auf. Tausende Schauer machten Amelie zu schaffen, doch bald würde es laut Manesko ohnehin vorbei sein. Nicht mehr lange. Ein bisschen torkelte sie herum, bis die Wachen sie sich wieder schnappten und weg führten.
4.8 ~*~ Traum, der Unfall
Leise Lieder erklangen, schön, wundervolle Klänge. Amelie schlug die Augen auf und blickte verwirrt um sich. Wo sie genau saß, wusste sie vorerst nicht, allerdings sah es aus wie ein Wagen. Der Sitz vibrierte und die Musik kam von den vorderen Sitzen, vom Radio. Völlig verwundert kniff sie die Augen zusammen, vorne saßen zwei Personen. Ein Mann und eine Frau, die vergnügt mit der Musik mitsangen. Doch wer waren diese Leute? Das Mädchen schnallte sich aus und kletterte langsam vor, um die Leute zu begutachten. Sie hatte sie noch nie vorher gesehen, da war sie sich sicher. An dem Fleck, auf dem Amelie gerade noch gesessen hatte, saß nun ein anderes Mädchen. Es sah noch sehr jung aus, höchstens 12, aber eher 11. Sie hatte kurze, braune Haare, die ihr als Zopf zusammengebunden über die rechte Schulter fielen. Außerdem sah sie sehr glücklich aus, das unverkennbare Lächeln auf ihrem Gesicht war auch viel zu offensichtlich. Eilig drehte sie selbst sich weg und kletterte nach vorne. Zuerst begutachtete sie die Frau, die immer noch begeistert mitsang und nebenbei mit den Fingernägeln auf das Armaturenbrett klopfte.
„Wer bist du?“, fragte Amelie leise, doch natürlich hörte die Frau sie nicht. Deren Haare waren blond, jedoch ebenfalls sehr kurz. Ihre Schönheit konnte man allerdings nicht bestreiten. Der Mann wiederum sah eher streng aus, seine schrägen Augenbrauen verliehen ihm wahrscheinlich diesen komischen Ausdruck von Härte. Sein Verhalten schien im direkten Kontrast zu seinem Aussehen, denn er sang ebenfalls begeistert mit. Stimmlich war er wohl der schlechteste Sänger der kleinen Gruppe, doch trotzdem machte es ihm wohl am meisten Spaß. Plötzlich ging ein Ruck durch den Wagen, ein leiser Schrei von Seiten des kleinen Mädchens durchriss die lustige Stimmung. Die Musik lief weiter, gleich fröhlich wie vorhin, als das Auto bereits eine Böschung hinunter raste. Durch Büsche hindurch, an Bäumen nur haarscharf vorbei. Nun begann auch die fremde Frau zu schreien, sie griff verzweifelt nach dem Lenkrad und riss es herum. Zufälligerweise fanden die Reifen sogar irgendwo Halt, doch nun überschlug sich der Wagen. Das kleine Mädchen hinten wurde auf den Sitz vorgeschleudert, schrie jedoch weiter. Also keine Verletzungen. Der Gurt war allerdings zerrissen, die Fetzen flogen vor auf die Windschutzscheibe. Wie in Zeitlupe drehte sich das Auto in der Luft und schlug mit dem Dach auf, bevor es gegen einen Baum prallte und zum Stehen kam. Die Musik spielte weiter, dieselben Noten wie noch vor ein paar Sekunden, denselben Text und dieselbe Fröhlichkeit ging davon aus.
„Das Leben ist zu schön, es ist zu schön. Zu schön, um die Zeit zu verschwenden mit Traurigkeit... Das Leben ist zu schön, es ist viel zu schön. Genieße jeden Moment, sonst hat es keinen Sinn.“ Flammen brachen aus, vorne war der Airbag bereits aufgegangen, doch es hatte nicht viel geholfen. Dieser Mann, den Amelie nicht kannte, prallte mit dem Kopf auf das Lenkrad und blieb bewusstlos liegen. Das Feuer fraß sich bereits weiter nach hinten. Panisch stolperte Amelie etwas zurück, auch, wenn sie wusste, dass sie nicht sterben konnte, schließlich musste das alles hier nur ein Traum sein. Die Frau wirbelte blitzschnell herum, aus ihrem Mund kam nur noch ein leises Krächzen, daher wedelte sie wie wild mit den Armen und versuchte kraftlos, dem Mädchen etwas zu sagen.
„Geh raus, hau ab, mach die Tür auf, geh raus“, schrie sie, bevor das Feuer ihr Hosenbein in Brand steckte und sie mit einem Ausdruck von purer Panik im Gesicht hinter der Flammenwand verschwand. Das junge Mädchen schien wie gelähmt, im allerletzten Moment reagierte sie und stieß die Tür auf. Zuerst klappte es nicht, sie klemmte. Weinend kroch sie auf die andere Seite, versuchte es dort. Nichts. Nur ein Knarren. Die Äste des Baumes, hatten beide Türen
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