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Schwingen des Vergessens

Schwingen des Vergessens

Titel: Schwingen des Vergessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Auer
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noch nicht, wer meine echten Eltern sind“, redete das Mädchen blitzschnell dazwischen, merkte erst später, dass sie damit ihrem unechten Vater sogar Recht gab.
    „Das weiß ich auch nicht“, erwiderten beide trotzdem wie im Chor, blickten sich an, und töteten einander mit mörderischen Blicken. Es war schon beinahe ironisch, dass die zwei bereits 15 Jahre lang verheiratet waren, beinahe unmöglich, im Anblick darauf, wie sehr sie sich in letzter Zeit stritten. Amelie wünschte sich leise, sie wäre oben geblieben, dann würde sie sich hier unten wohl nicht zerfleischen. Schlechtes Gewissen überkam sie, aber schließlich war dieser Streit unvermeidlich, irgendwann hätte Steve sowieso alles herausgefunden.
    „Weißt du was? Wenn du mich eh nicht brauchst, kann ich ja gleich gehen.“
    „Genau das hab ich gesagt. Du verdrückst dich nur, wenn wir irgendwelche Probleme lösen müssen, glaubst du, das ist für immer eine Lösung?“
    „Wir hätten uns gerne auf die Couch setzen können und das ausdiskutieren können, aber so macht es mir nicht einmal ein bisschen Spaß.“ Die Stimmung wurde noch angespannter, Amelie, die in der Mitte stand, verdrückte sich leise zur Wand und schaute dort weiter zu. Sie hatte wirklich schon Angst, dass ihre Eltern etwas Falsches tun würden. Dass sie vielleicht noch länger streiten würden. Es wäre zumindest das erste Mal, normalerweise spielte es sich alles über Caro ab, da Steve bei den meisten Fällen nie da war. Dadurch kam es nie zum Streit. Manche Leute wussten gar nichts über Amelies Vater, in die Schule kam er nie, Elternsprechtage und Klassenabende erledigte immer Karoline, und Freunde hatte sie schließlich keine zu Hause. Theoretisch müsste schon ein großes Wunder geschehen, in dem eine Freundin und gleichzeitig Steve zu Hause wären. Unmöglich!
    „Ein Streit macht nie Spaß, versteh das doch endlich. Diskussionen sind vonnöten bei der Erziehung eines Kindes. Wir haben ein Kind. Rate mal, welches.“ Die Augen des Mannes blitzten wütend auf und er ballte die Hände zu Fäusten. Caro merkte es und stolperte ein paar Schritte rückwärts. Amelie verstand ihre Angst nur zu gut, denn gerade jetzt war ihr Vater mehr als nur ein bisschen explosiv.
    „Sie ist nicht unser Kind, das weißt du genau.“
    „Sie ist unser Kind, wir haben sie groß gezogen, im Gegensatz zu dir bin ich für sie wie eine Mutter.“ Amelie selbst fragte keiner, sie kam gar nicht zu Wort. Ängstlich entfernte sie sich von dem Paar und schritt langsam rückwärts die Treppen nach oben.
    „Ich gehe“, rief Steve nun lautstark und stampfte ein paar Mal mit dem Fuß auf den Fliesenboden. So ähnelte er einem wilden Tier mehr denn je.
    „Mach nur, verdrück dich und heul dich irgendwo aus. Geh doch arbeiten, hat dir bis jetzt immer geholfen.“
    „Ich verdrücke mich ganz und gar nicht, du hast mich verjagt, aber wenn du es so willst… Ich bin dann mal weg.“
    „Okay, geh, ich halte dir die Tür auf, werde sie schließen und dann nie wieder aufmachen.“
    „Das heißt, du drohst mir?“ Amelie warf noch kurz einen Blick auf ihren Vater, der nun kurz davor war, die Vase auf den Boden zu schmettern.
    „Nein, das war eine Feststellung.“ Das laute Krachen der Haustür war noch oben im Zimmer zu hören. Caro wiederum nicht, sie verzog sich leise in die Küche und begann zu kochen, was sie manchmal, anstatt singen, machte. Das Mädchen hastete kurzerhand zum Fenster des Bads, sah aber nur noch, wie ihr unechter Vater wild fluchend ins Auto sprang und davon brauste. Allerdings war sie sich sicher, dass er wieder zurückkommen würde, das war er bis jetzt schließlich immer. Nervös verschwand sie in ihrem Zimmer und knipste das Licht aus. Mit geschlossenen Augen tastete sie sich zum Laptop und ließ sich dort nieder. Mittlerweile müsste Damian doch fertig mit seinen Recherchen sein und sie brauchte wen, dem sie vorheulen konnte, wie schlimm ihr Leben nun war. Wahrscheinlich war es nicht richtig, Mitleid bei jemandem zu suchen, der seine Eltern verloren hatte, aber seine Worte erschienen ihr etwas seltsam. Das Jugendamt ließ niemanden alleine irgendwo wohnen, der erst 16 und völlig hilflos war, irgendetwas war da faul. Entweder er log, in welcher Hinsicht auch immer, oder das Jugendamt hatte ihn noch nicht entdeckt, was ihrer Meinung nach aber sehr unwahrscheinlich war. Woher hatte er denn bitteschön das ganze Geld für seine Existenz? Arbeitete er etwa schon? Mit diesem Alter könnte

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