Schwingen des Vergessens
etwas Falsches zu sagen.
„Das darf ich nicht sagen, alle Engel, die hier sind, sind wegen dem gleichen Grund hier. Aber da du mich jetzt eh schon gesehen hast, kann ich es dir wahrscheinlich ohnehin erzählen“, murmelte sie leise und strich nachdenklich über ihre Flügel.
„Ich erzähle es auch keinen. Was ist mit deinen Flügeln passiert?“ Valerie zitterte nur und versteckte sich in der Dunkelheit.
„Alles der Reihe nach. Ich war in meinem Land immer wichtig, aber ich hab etwas Schlimmes herausgefunden, dass es euch gibt. Aber du weißt eh, dass es uns Engel gibt, du siehst gar nicht so verwundert aus.“
„Ich weiß es ja auch schon.“
„Bist du deswegen hier?“ Amelie schüttelte den Kopf und umklammerte die Gitterstäbe wie die letzte Hoffnung.
„Nein, ich lebte gestern noch auf der Erde, ich bin mächtiger als der Herrscher, Lanicel.“ Ein leichtes, allerdings doch verwirrtes Grinsen huschte um Valeries Gesicht.
„Was ist die Erde? Ist das ein Stadtteil von Icasan? Habe ich noch nie gehört…“ Das hatte Amelie ganz vergessen, schließlich konnte dieser Engel gar nichts von ihrem früheren Heimatort wissen. Fieberhaft suchte sie nach einer Ausrede während die Augen Valeries bereits größer und fordernder wurden.
„Ich nenne Icasan nicht Icasan, sondern Erde. Das klingt nicht so böse.“ Nun nickte die Gefangene vor ihr langsam und starrte dann die Decke an. Mehr als zwei Meter war diese bestimmt nicht hoch, es musste die Hölle sein, hier drin zu leben. Doch anscheinend war sie in der Hölle gelandet, das Reich der Dämonen, das Reich des Teufels, besser gesagt, die Hölle.
„Schön für dich… Ich habe auch lange versucht, etwas Erfreuliches herauszufinden, was meine Gefangenahme in irgendeiner Weise erträglich macht, aber ich habe nichts gefunden. Und noch was: Du hast davor geredet, dass du mächtig bist. Wirklich schön für dich, aber du hast ohnehin keine Chance. Aus diesem Gefängnis kann man nicht entfliehen. Geh jetzt besser, bevor du gleich bestraft wirst, wie ich.“ Kopfschüttelnd ließ Amelie von der Zelle ab. Wenn der Engel wüsste, was ihr noch bevorstand... Obwohl das vielleicht sogar besser wäre, als für immer hier festzusitzen. Nachdenklich flatterte sie ganz hinauf zur Decke, dort oben wurde es wieder enger, die Zellen waren verschwunden. Mit wachsamen Augen sah sie sich ganz oben um. Der Turm war offen, zwar mit Gittern versehen, doch es drang Licht herein. Neugierig blickte sie um sich, Rechts, links und hinten war nur ein seltsames Material, nach vorne hin aber erkannte sie einen Teil von der Stadt. Es war atemberaubend schön, der Himmel war übersäht von Planeten und Sternen. Wow.
„Wow. Das ist also Icasan“, hauchte sie und blickte hektisch nach unten als ein Schrei ertönte. Immer wieder, immer wieder. Derselbe Name, dasselbe Wort. Amelie! Blitzschnell stieß sie sich ab und schoss wie ein Pfeil in die Tiefe. Der Wind ließ ihre Augen tränen, doch die Warnung war klar und deutlich. Ihre Zelle musste geöffnet worden sein. Und wirklich, als sie den Boden berührte, wartete bereits eine Gestalt am Boden. Es war Damian.
„Hau ab, lass mich in Ruhe. Wage es nicht, mich noch ein einziges Mal anzusehen“, schrie Amelie wütend und verwandelte sich in einen Menschen zurück. Die Flügel verschwanden und auch das Kleid, samt dem Tagebucheintrag, war nicht mehr zu sehen.
„Beruhig dich doch mal, ich hab dir ja nichts mehr getan.“ Er lächelte ruhig und strich sich seine Flügel glatt, die bereits etwas zerfranster waren als die von Amelie, allerdings immer noch weitaus schöner als die von dem Engel.
„Nein, nicht wirklich. Du hast mich verraten. Ohne dich wäre ich jetzt immer noch bei meinen Eltern und nicht hier“, rief das Mädchen mit einem Zittern in der Stimme. Warum tat Damian ihr das an? Sie wollte und konnte es nicht verstehen, auf der Erde hatte sie sogar Gefallen an ihm gefunden, doch nun war es endgültig vorbei.
„Hmm... Das tut mir leid, aber das war meine Aufgabe. Nun hab ich viel eine höhere Stellung und ich bin stolz drauf.“
„Ich hasse dich, immer schaust du nur auf dich selbst. Schau doch einmal auf mich, ich hab gar keine Stellung, ich bin ein Gefangener und werde irgendwann hingerichtet. Schön für dich, dass sich ein paar Wächter für dich interessieren und sich vor dir verneigen. Wirklich toll! Aber ich werde hingerichtet, für deinen Ruhm. Ich sag jetzt nicht mehr dazu, aber du solltest zumindest ein schlechtes Gewissen
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