Schwur der Sünderin
und unsere Familien Rücksicht genommen?«
»Es war Mord!«, zischte Jakob.
»Den wir nicht begangen haben.«
»Ich werde es mein Leben lang nicht vergessen können«, jammerte Jakob und knetete nervös seine Finger.
Peter blickte seinen Bruder fassungslos an. »Man merkt, dass du dein ganzes Leben nur auf diesem Hof verbracht hast.«
»Was soll das heißen?«, fragte Jakob gereizt.
»In dieser Welt überlebt nur der Stärkere, Jakob! Wir können von Glück sagen, dass Hauser uns geholfen hat. Du hättest wahrscheinlich erst gehandelt, wenn es bereits zu spät gewesen wäre. Denk an deine Tochter Christel, an unseren Bruder Nikolaus und an unsere Frauen! Ihre Sicherheit geht über alles.«
»Wer sagt, dass sie durch Nehmenich in Gefahr geschwebt haben?«
»Niemand. Aber wir müssen jetzt keine Angst mehr haben, dass er Lügen verbreitet, die unserer Familie schaden könnten. Er hat so viel Leid über uns gebracht, dass ich ihm keine Träne nachweine. Nehmenich war schuld, dass wir Veit vielleicht nie wiedersehen werden. Alle Anstrengungen waren bislang umsonst. Ich bete, dass Anna Maria heil zurückkommen wird. Das ist das Einzige, was im Augenblick zählt.«
»Du hast sicher Recht«, stimmte Jakob seinem Bruder zu, als ein Schrei die Stille im Haus zerriss. Erschrocken sprangen die beiden Männer hoch, als Sarah in die Küche stürmte.
»Hier seid ihr«, sagte sie vorwurfsvoll, doch dann erhellte ein Lächeln ihr Gesicht, und sie sagte zu Peter: »Es ist so weit. Euer Kind will auf die Welt kommen. Du musst die Hebamme rufen.«
»Was ist mit einem Arzt?«, fragte Peter nervös.
»Ich hoffe, dass wir den nicht brauchen werden.«
Der Morgen graute, als Peter seiner Frau die schweißnassen blonden Locken aus der Stirn strich. Voller Zuneigung blickte er auf Annabelle und das Kind, das sie in den Armen hielt.
»Setz dich zu uns«, flüsterte sie und strahlte ihn an.
Peters Herz drohte vor Glück zu zerspringen, als Annabelle ihm das Kind in den Arm legte. Er schluckte, da Tränen seinen Blick verschleierten. »Wie willst du ihn nennen?«, fragte er leise und küsste den Scheitel des Kindes.
»Peter-Matthias. Nach seinen beiden Vätern.«
Die Ankunft des kleinen Erdenbürgers im Hause Hofmeister wurde mit einem kräftigen Frühstück und reichlich Schnaps gefeiert. Nachdem die Knechte und Mägde mit Peter angestoßen hatten, gingen sie in die Stallungen, um das Vieh zu versorgen.
Langsam kehrte Ruhe in der Küche ein, als Hauser plötzlich sagte: »Ich werde mich zu Else Schmid aufmachen und Anna Maria zurückholen.«
Jeder in der Küche wusste, was das bedeutete. Selbst Hauser hatte keine Hoffnung mehr, Veit retten zu können. Bedrückt blickten die Anwesenden zu Boden.
»Wir müssen den Tatsachen ins Augen sehen«, versuchte Hauser seine Entscheidung zu erklären. »Gegen Ulleins Lügen haben wir keine Möglichkeit, Veit zu retten, ohne uns selbst zu gefährden.«
»Du musst nichts erklären«, sagte Peter mit gedämpfter Stimme. »Wir sehen es wie du. Hol unsere Schwester heim.«
»Du denkst, dass Anna Maria unseren Vater nicht finden konnte. Stimmt’s?«, fragte Jakob.
»Ich bin mir sogar sicher, dass Joß nicht bei Else ist, denn sonst wüssten wir das. Euer Vater hätte mich durch einen Läufer in Kenntnis gesetzt, wenn er von eurer Schwester wüsste, dass ich hier bin.«
»Läufer?«, fragte Peter.
»Es sind Burschen, die Nachrichten übermitteln. Gabriel sagte vor seiner Abfahrt, dass er uns Friedrich schicken würde, wenn es Neuigkeiten gäbe. Friedrich wäre dann ein Läufer. Da wir seit Anna Marias Weggang nichts gehört haben, weiß Else nicht, wo Joß sich im Augenblick aufhält.«
»Wann willst du fort?«, fragte Lena und schniefte in ein Tuch.
»Noch heute!«
Kapitel 32
Februar 1526
Herzog Ulrich von Württemberg stand am Fenster seines Amtszimmers und blickte hinaus. Der Himmel war seit Tagen mit grauen Wolken verhangen, aus denen es unaufhörlich dicke Flocken schneite. Dieser verdammte Winter, fluchte er in Gedanken. Ich hasse es, festzusitzen.
Unruhig wippte Ulrich mit den Fersen auf und ab, als der Diener ihm die beiden Aufständischen ankündigte. Der Herzog blieb am Fenster stehen, verschränkte die Hände auf dem Rücken und schaute ihnen mürrisch entgegen. Kaum betraten Joß und Kilian den Raum, rief Ulrich: »Gibt es neue Zahlen?«
Joß nickte, doch erst als er vor dem Herzog stand, antwortete er: »Ich bekam gestern die Nachricht, dass sich uns bis
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