Schwur der Sünderin
jetzt siebenhundert Bauern anschließen werden.«
»Das sind zu wenig«, donnerte Ulrich los. »Was sollen wir mit einer Handvoll Bauern erreichen?« Er blickte Joß kalt in die Augen und spottete: »Es scheint, als ob dein Einfluss schwindet, Bauer.«
Joß ballte die Hände zusammen, trotzdem versuchte er gleichgültig zu wirken. Der Herzog schien auf Gegenwehr zu
warten, doch als der Bundschuh-Anführer keine Miene verzog, ging er zu seinem Schreibtisch. Die beiden Männer folgten ihm durch den Raum, und während Ulrich sich setzte, blieben sie vor dem Tisch stehen.
»Siebenhundert Bauern«, murmelte der Herzog. »Lächerlich! Wir benötigen einige tausend.« Mit finsterem Blick schaute er die beiden Männer an: »Versprecht dem Bauernpack, dass ich ihnen Steuern erlasse, wenn sie mir helfen, Stuttgart zurückzuerobern.«
Kilian zog zweifelnd eine Augenbraue in die Höhe. »Ich glaube nicht, dass sie darauf eingehen werden.«
Ulrich von Württemberg faltete seine Hände auf dem Schreibtisch und musterte Kilian, als ob er ihn das erste Mal wahrnähme. Mit gefährlich leiser Stimme fragte er: »Wer hat dich nach deiner Meinung gefragt?« Sein Blick wanderte zu Joß. »Dieser Abschaum ist dumm und leicht zu lenken. Sie werden darauf eingehen. Ich weiß, wovon ich rede«, erklärte er.
»Auch ich bezweifle, dass sich die Bauern von einer Steuersenkung locken lassen, um Euch zu dienen«, gab Joß Kilian Recht. »Schließlich wurden sie schon einmal hinters Licht geführt.«
Der Herzog machte eine abfällige Handbewegung. »Ich weiß, ich weiß. Du meinst den ›Armen Konrad‹. Dieser Aufstand ist mehr als zehn Jahre her. Wer wird sich daran noch erinnern?«
»Ihr unterschätzt das Volk. Es vergisst kein Unrecht«, widersprach Joß.
»Was willst du mir sagen, Bauer?«, schrie Ulrich plötzlich los. »Ich war damals dabei. Dieses verlauste Pack von Bauern, Tagelöhnern und Lumpengesindel hat bekommen, was es verdient, denn seine Forderungen waren unverschämt.«
Ulrichs Gesicht hatte sich vor Zorn gerötet. Seine Augen blitzten Kilian und Joß wütend an. »Dieses Gesindel verlangte damals, dass ich alle Äcker und Wiesen gleichmäßig unter meinen
Untertanen aufteilen sollte. Ha«, lachte er boshaft auf. »Daran kannst du erkennen, wie unverschämt diese Menschen sind. Aber nicht nur das! Sie wollten auch in meinen Wäldern jagen und in meinen Gewässern fischen, wie es ihnen beliebt.« Ulrich starrte Joß ins Gesicht. »Sie sind Abschaum«, murmelte er. »Abschaum, der mich, ihren Herzog Ulrich von Württemberg, stürzen wollte, um eine Gesellschaftsform der Gleichheit einzuführen.« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. »Wie sollte das gehen? Niemand kann mich ersetzen, und niemand wird meinen Platz einnehmen. Auch nicht mein Sohn, den ich klugerweise von mir fernhalte«, murmelte er. Seine Augen blickten ins Leere.
Von einem Augenblick zum anderen wurden sie wieder klar, und Ulrich schien aus seiner Gedankenwelt zurückzukehren. Erneut verfinsterte sich sein Blick, und er zischte: »Die Werber sollen von Dorf zu Dorf ziehen und jeden fragen, ob er sich uns anschließen und auf unserer Seite kämpfen wird. Denen, die sich weigern, wird das Haus über dem Kopf angezündet.«
Joß trat einen Schritt nach vorn. »Das könnt Ihr nicht wirklich wollen«, empörte er sich, doch der Herzog befahl ihm mit einer abweisenden Geste zu schweigen.
»Um den Bauern meinen guten Willen zu zeigen, hatte ich mich letztes Jahr sogar selbst Bauer Utz genannt und erklärt, dass es mir gleichgültig sei, ob ich durch Stiefel oder Schuh’ mein Land zurückgewinne. Doch so tief werde ich nie wieder sinken«, presste er hervor. »Ich verlange von euch, dass eure Landstreicher sie niederbrennen, wenn sie sich gegen mich stellen. Und jetzt verschwindet«, befahl er, stand auf und stellte sich zurück ans Fenster.
Der Herzog würdigte Joß und Kilian keines weiteren Blickes. Kurz bevor die beiden Männer das Zimmer verließen, sagte Ulrich: »Joß Fritz, ich warne dich! Solltest du hinter meinem Rücken gegen mich handeln, werde ich dich mit aller Brutalität bestrafen.«
Beim Hinausgehen flüsterte Kilian seinem Freund Joß vorwurfsvoll zu: »Nun bist du den Pakt mit dem leibhaftigen Teufel eingegangen.«
Joß schwieg, denn er wusste, dass sein Freund Recht hatte.
Joß Fritz ging in seinem Zimmer auf und ab. Kilian hingegen saß regungslos auf einem Schemel und wartete. Er kannte seinen Freund gut genug, um zu wissen,
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