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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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nachdem ich zu ihnen gestoßen war, ist Martin gestorben.« Als Anna Maria Peters bestürzten Gesichtsausdruck sah, erklärte sie: »Einige Tage zuvor hatte sich Martin beim Ernten der Stämme mit der Axt ins Bein geschlagen. Die Wunde entzündete sich und war dick angeschwollen. Als mir in der Hütte Eitergestank und der Geruch von verwesendem Fleisch
entgegenschlug, ahnte ich, dass der Mann seinen Unfall nicht überleben würde. Doch ich wollte ihn nicht seinem Schicksal überlassen. Außerdem litt er unbeschreibliche Schmerzen. Deshalb gab ich ihm von dem Betäubungsmittel, das mir Vater bei meiner Abreise anvertraut hatte.«
    Bei der Erwähnung des Mittels schüttelte sich Peter. »Meinst du etwa dieses ekelhafte Gebräu, das mir das Leben gerettet hat?«, rief er und verzog das Gesicht. »Obwohl ich damals ohnmächtig war, kann ich mich an den bitteren Geschmack erinnern. Auch der Schnaps, mit dem Vater die Tropfen verrührte, konnte den widerlichen Nachgeschmack nicht verdrängen.«
    »Ich weiß, wie du dich gewehrt hast, die Tropfen zu schlucken. Doch ohne das Mittel wärst du gestorben!«
    »Dass Vater dir die Flasche anvertraut hat, zeigt, wie umsichtig er ist. Doch erzähl weiter von Ruth!«
    »Ich habe Martin das Mittel zu trinken gegeben, so, wie Vater es dir damals verabreicht hat.«
    »Mmh«, grübelte Peter. »Du hast dich daran erinnert? Seit mich die Wildhüter des Grundherrn anschossen, sind einige Jahre vergangen.«
    Anna Maria zuckte mit den Schultern. »Als Martin betäubt darniederlag, haben Ruth und ich seine Wunde gründlich ausgewaschen und ausgebrannt.«
    Peter sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein. »Und er ist trotzdem gestorben?«
    Anna Maria nickte. »Er hatte nicht so viel Glück wie du, Peter. Obwohl es zuerst den Anschein hatte, dass Martin es schaffen würde, war er am darauf folgenden Abend tot. Wir haben ihn am Waldesrand tief in der Erde beerdigt, damit die Wölfe ihn nicht mehr ausgraben.«
    »Wölfe?«, fragte Peter erschrocken.
    »In diesem Waldstück, das ich durchlaufen musste, lag eine Wolfsschlucht. Durch den Gestank der eitrigen Wunde sind
die Wölfe anscheinend angelockt worden, denn ich konnte sie nachts in der Nähe der Hütte heulen hören.«
    »Anna Maria, sag bitte nicht, dass du durch diesen Wald gegangen bist und dich der Gefahr ausgesetzt hast.«
    »Was sollte ich machen, Peter? Ich wollte euch finden und hatte keine Zeit, zu überlegen. Außerdem habe ich mir ein Bannzeichen auf die Stirn gemalt.«
    »Ein was?«, fragte Peter ungläubig.
    »Ein Bannzeichen«, wiederholte Anna Maria.
    »Was ist ein Bannzeichen?«
    »Ein schwarzer Punkt auf der Stirn«, erklärte sie und spürte, wie sich ihre Wangen rot verfärbten.
    »Das musst du mir erklären«, sagte Peter und versuchte, nicht zu lachen.
    »Ruth erzählte mir, dass die Wölfe sie und ihr Vieh verschont hätten, weil ein vorbeiziehender Schäfer einen Zauber über sie und die Tiere gelegt hatte.«
    »Ein Schafhirte kann zaubern?«, fragte Peter und schüttelte verständnislos den Kopf. »Das ist Unfug, Anna Maria.«
    »Du verstehst das nicht! Nicht der Schäfer konnte zaubern, sondern ein Wolfsbanner. Da der Hirte mit seiner Herde unter freiem Himmel nächtigte, belegte dieser Wolfsbanner den Mann und die Schafe mit einer geheimnisvollen Formel. Auch waren alle Tiere der Herde und der Schäfer mit einem schwarzen Fleck gekennzeichnet. Das zusammen bewirkte, dass die Wölfe den Mann und seine Herde nicht überfielen.«
    »Und diesen Blödsinn glaubst du?«, fragte Peter.
    »Es hat jedenfalls nicht geschadet. Die Wölfe haben Ruth, die Kinder, das Vieh und auch mich verschont.«
    »Trotzdem ist es Unfug.«
    »Das sagte Veit auch, als er mich mit dem Fleck auf der Stirn sah.«
    Erstaunt blickte Peter seine Schwester von der Seite an. »Warum
hast du auf Burg Nanstein einen schwarzen Fleck auf der Stirn getragen? Gab es dort auch Wölfe?«
    Erschrocken schluckte Anna Maria. Sie hatte ihrem Bruder erzählt, dass sie Veit erst auf Burg Nanstein kennengelernt hatte. Peter wusste nicht, dass Veit sie vor den Wölfen in der Wolfsschlucht gerettet und jahrelang als Wolfsbanner unter Wölfen gelebt hatte.
    »Du bringst mich vollkommen durcheinander mit deiner Fragerei!«, schimpfte sie und knuffte ihren Bruder in die Seite, der sich lachend wegdrehte.
    Peter stutzte. Dann blickte er seine Schwester an und sagte nachdenklich: »Es ist seltsam. Erst gestern hat uns Bauer Steiner erzählt, dass Wölfe einige seiner

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