Schwur der Sünderin
aber nur dem Adel und den Jägern der Grundherren erlaubt war, würde niemand so dumm sein, sich diese Gelegenheit entgehen zu lassen.
Veit war es einerlei, wer der Verräter war. Er frohlockte, ohne seine Genugtuung zu zeigen, dass die Wolfsjagd nicht stattfinden würde. Jeder weitere Tag, den er mit den Wölfen verbringen konnte, bedeutete, dass sie sich mehr und mehr an ihn gewöhnen und ihm vertrauen würden. Veit hoffte, dass sie ihm schon bald folgten, damit er sie aus der Gegend fortführen konnte.
Ullein blickte mürrisch in die Runde. Er wusste, dass er den Männern nichts beweisen konnte, auch wenn es offensichtlich war, dass sie jagen gehen wollten. Verdammt! Wir sind zu früh erschienen, dachte er und gab seinen Männern ein Zeichen, aufzusitzen. Ohne ein weiteres Wort ritt er von dannen.
Jakob wartete, bis der Sohn des Försters und die Treiber nicht mehr zu sehen waren, erst dann atmete er erleichtert aus.
»Da haben wir Glück gehabt«, sagte Anna Maria und lächelte ihm aufmunternd zu.
»Er wird wiederkommen!«, flüsterte Jakob mit starrem Blick. Nachdem Ullein fortgeritten war, war den Männern die Jagdlust vergangen. Viele waren sofort verschwunden, während andere den Schreck ertränken wollten. Dankbar nahmen sie das Bier an, das Sarah ihnen reichte. Peter wollte Nehmenich zur Rede stellen, doch er war einer der Ersten gewesen, die den Hof verlassen hatten.
Endlich waren alle gegangen und die Familie unter sich.
Mittlerweile war es tiefschwarze Nacht und die Luft noch warm und angenehm. Jakob, Anna Maria und Sarah saßen vor dem Haus auf der Bank, während Peter und Veit sich gegen die Hauswand lehnten.
Sarah schenkte kühlen Wein ein. Jakob drehte den Becher mit dem erfrischenden Getränk in seinen Händen und sagte: »Wenn ich den erwische, der uns verraten hat, den schlage ich grün und blau!«
»Sprich nicht so!«, ermahnte ihn seine Frau.
»Wer könnte so niederträchtig sein?«, fragte Anna Maria in die Runde. Jakob zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck Wein.
»Es war Nehmenich«, sagte Peter. »Davon bin ich überzeugt. Er hat mit dem Jäger heimlich Zeichen ausgetauscht. Ich glaube, dass ich der Grund für seinen Verrat bin.« Als sich alle Augen auf Peter richteten, bekannte er: »Vor zwei Tagen habe ich Susanna Nehmenich gesagt, dass ich sie nicht heiraten werde.«
»Ich wusste nicht, dass du das vorhattest«, sagte Sarah erstaunt.
»Es war nie geplant gewesen.« Peter lächelte gequält. »Bevor ich mit Matthias aus Mehlbach fortging, habe ich zwar einige Male Susanna getroffen, aber es war nichts Ernstes. Nach meiner Rückkehr wurde mir rasch klar, dass ich nichts für sie fühle. Jedoch fand ich nicht den Mut, Susanna die Wahrheit zu
sagen. Ihr Vater aber bedrängte mich seit dem ersten Tag meiner Rückkehr, Susanna zu heiraten.«
»Du wärst eine gute Partie für das Mädchen«, murmelte Sarah, und Peter nickte.
»Da unser Vater nicht da ist und gefragt werden kann, sah der alte Nehmenich anscheinend die Gelegenheit gekommen, mir seine Tochter unterzujubeln«, erklärte Peter mit leichtem Groll in der Stimme.
»Es gehören immer zwei dazu. Du wirst wohl dazu beigetragen haben, dass Susanna glaubte, du würdest sie heiraten«, schimpfte Jakob.
»Ich habe sie nie berührt«, schwor Peter. »Ich bin nur mit ihr ausgegangen und habe ihr gesagt, dass ich sie hübsch finde«, erklärte er kleinlaut.
»Da musst du einiges getrunken haben«, prustete Jakob.
»Beherrscht euch! Susanna hat euren Hohn nicht verdient«, tadelte Anna Maria ihre Brüder. »Erzähl uns, was du zu den Nehmenichs gesagt hast, dass der Alte uns bei Ullein angeschwärzt haben könnte.«
»Ich habe ihm die Wahrheit gesagt.«
»Verdammt, Peter, erzähl uns den Wortlaut«, rügte Jakob seinen Bruder.
Peter kratzte sich verlegen am Hinterkopf. Er lächelte beschämt in die Runde und sagte: »Ich habe gesagt, dass ich nicht die Absicht hätte, Susanna zu ehelichen, da ich …« Er stockte kurz und sah Anna Maria an, die ihm aufmunternd zunickte. Peter wusste, dass er seine Zukunftspläne jetzt und hier laut aussprechen musste, um endlich die Zustimmung seines älteren Bruders zu erhalten.
»Ich habe Nehmenich gesagt, dass ich nicht die Absicht hätte, Susanna zu ehelichen«, wiederholte Peter, »… da ich ein anderes Mädchen heiraten möchte. Ihr Name ist Annabelle, und sie war die Braut unseres Bruders Matthias.« Peter atmete tief
durch, bevor er sagte: »Annabelle trägt
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