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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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Außerdem wissen wir nicht, ob Johann noch immer auf Nanstein weilt. Er könnte mit seinen Leuten weggezogen sein.«
    Anna Maria verzog ihren Mund zu einer Schnute. »Du hast womöglich Recht«, gab sie kleinlaut zu. »Wann wirst du aufbrechen?«
    »In einer Woche«, sagte Veit. »Ich muss in den nächsten Tagen das Rudel mehrmals durch unser Waldgebiet führen, damit sein Vertrauen beständig bleibt.«
    »Ich hoffe, dass alles gut wird«, sagte Anna Maria und ging mit Veit zurück ins Haus.

    »Johannes!«, rief Nehmenich seinen Sohn. »Johannes, du fauler Hund, komm sofort her!«
    Der Junge stand bis zu den Knöcheln im Ziegenmist und versuchte die Geiß zu fangen, damit er sie melken konnte. Doch die Ziege brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit.
    Johannes überhörte den Ruf des Vaters. Er hatte sich mit seinem Freund verabredet, weil sie am Bach selbst gebastelte Boote schwimmen lassen wollten. Der Zehnjährige wusste, dass der Vater ihm weitere Arbeiten aufladen würde. Die Mutter jedoch hatte ihm versprochen, dass er nach dem Melken fortgehen durfte.
    Johannes wollte mit einem Hechtsprung die Geiß fangen, als er die Hand des Vaters im Genick spürte.
    »Du bist zu schwachköpfig, um eine dämliche Ziege zu fangen«, schimpfte Nehmenich und gab seinem Sohn eine Ohrfeige. »Geh in den Wald und hol Feuerholz. Vielleicht stellst du dich dabei geschickter an.«
    »Aber Vater …«, wollte Johannes erwidern, als die nächste Ohrfeige in seinem Gesicht brannte. »Halts Maul, du unnützer Balg, und mach, was ich dir befohlen habe.«

    Der Junge rieb sich die feuerrote Wange und lief aus dem Ziegenstall.

    Johannes strauchelte und fiel in das nasse Laub, in dem er keuchend liegen blieb. Doch nur für einen Augenblick, denn die Angst, dass der große Wolf mit den himmelblauen Augen ihm folgen könnte, trieb ihn dazu, sich unruhig aufzusetzen. Vorsichtig blickte er sich im Wald um und traute sich kaum zu atmen. Erleichtert stellte er fest, dass die Wölfe weitergezogen waren.
    Johannes ließ sich ins Laub zurückfallen und schloss für einige Herzschläge beruhigt die Augen. »Sie sind fort und haben mich nicht gefressen«, flüsterte er.
    Dann stand er auf und bemerkte erst jetzt, dass er sich in die Hose genässt hatte. »Verdammt«, fluchte Johannes leise. »Der Vater wird mich totschlagen. Nicht nur, dass ich mir in die Hose gepinkelt habe, ich komme zudem auch ohne Feuerholz heim«, jammerte er und versuchte, mit dem Laub die Hose trockenzureiben.
    Aber es nützte nichts. Die Blätter hinterließen nur braune Flecken. »Mist, dabei hatte ich mich so sehr auf heute gefreut«, schimpfte Johannes und ging langsam nach Hause zurück.

    »Wo warst du?«, schrie der Vater und suchte nach einem Strick, um seinen Sohn zu bestrafen. »Pisst dir wie ein Kleinkind in die Hose«, höhnte er und hob den Strick in die Höhe. »Du Tunichtgut wagst es, ohne Holz nach Hause zu kommen?«
    Johannes kauerte in einer Ecke der Kammer auf dem Boden. Bebend wartete er auf den Schmerz, dem er, wie die unzähligen Male zuvor, nicht ausweichen konnte. Er blickte flehend zu seiner Mutter und wusste doch, dass sie ihm nicht helfen konnte.
Als die Frau das Leid in den Augen ihres Sohnes erkannte, faltete sie die Hände wie zum Gebet und ging auf ihren Mann zu. »Karl, ich bitte dich im Namen unseres Herrn, hab Erbarmen mit dem Kind.«
    Nehmenich blickte seine Frau voller Verachtung an und schob sie grob zur Seite, sodass sie gegen die Zimmerwand fiel. Gleichzeitig ließ er den Strick auf Johannes niedersausen. Der Junge schrie auf und versuchte seinen Kopf mit den Händen zu schützen.
    In dem Augenblick betrat Susanna die Stube und erfasste sofort die Lage. Sie half ihrer Mutter auf und schob ihr einen Schemel hin. Dann holte sie die Flasche Selbstgebrannten aus dem Versteck, und während sie einen Becher vollgoss, lockte sie: »Hier, Vater! Nimm einen Schluck.«
    Nehmenich hielt mit dem Prügeln inne und blickte verärgert über die Schulter zu seiner Tochter. Als er den Becher in ihrer Hand erblickte, wandte er sich ihr zu und riss ihr das Gefäß aus der Hand. Er kippte das beißende Getränk in seinen Schlund und verschluckte sich dabei. Der Alte prustete, sodass der klare Schnaps aus seinen Mundwinkeln an den Bartstoppeln hinunterlief und im Stoff seines verschmutzten Kittels versickerte.
    »Komm«, lockte Susanna den Vater erneut, »setz dich und trink noch einen Schluck.«
    Der Alte ließ sich nicht zweimal auffordern. »Wo hast du

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