Schwur der Sünderin
warme Bettseite gelegt, wo er sofort eingeschlafen war.
Am nächsten Tag wollte Joß weder wissen, wer der Mann gewesen war, noch, was Else in den zurückliegenden Jahren gemacht hatte. Er fing da an, wo er vier Jahre zuvor aufgehört hatte – er warb neue Männer für einen weiteren Aufstand an.
Auch Else stellte keine Fragen, sondern spielte ihre Rolle als Frau des Bauernführers perfekt und bewies ihm aufs Neue, dass sie seine Vertraute, seine Verbündete und seine Kampfgefährtin war. Sie setzte sogar ihre weiblichen Reize ein, um Mitstreiter zu gewinnen.
Es nutzte nichts. 1517 scheiterte Joß Fritz erneut und musste fliehen.
Elses Gesichtsausdruck verhärtete sich. »Dieser elende Hurensohn! Er kommt und geht, wie es ihm gefällt, ohne mich zu fragen, ob ich ihn noch will. Wenn er mir doch verraten würde, wo er all die Jahre gewesen ist! Wer weiß, wo er sich herumgetrieben hat. Früher hat er mich in alles eingeweiht und mir nie etwas verschwiegen.«
Ihr Blick verfinsterte sich, und sie erinnerte sich mit Bitterkeit an die Worte, als Joß ihr einst den Heiratsantrag machte: »Ich will keine Familie gründen! Eine Frau an meiner Seite könnte mir allerdings wohl gefallen.«
Sicherlich, dachte Else, hat er irgendwo ein anderes Weib, das jetzt auf ihn wartet. Womöglich mit einer Schar Kinder.
Else schob wütend das Tierfell zur Seite und blickte in die
Dunkelheit hinaus. Die kalte Luft kühlte ihre heißen Wangen und beruhigte ihr Gemüt. Müde wischte sie sich über die Augen und murmelte: »Vielleicht erzähle ich ihm eines Tages, dass auch wir einen Sohn hatten.«
Kapitel 14
In der Nähe der Wolfsschlucht, 1525
Veit hatte aus mehreren Schafsfellen zwei große Beutel angefertigt, in die er die drei Wolfsjungen steckte. Zwei der Welpen trug er im Rucksack auf dem Rücken, den kleineren Wolf im Bauchbeutel. Kaum spürten die Jungen die Wärme des dichten Fells, kugelten sie sich zusammen und schliefen die meiste Zeit der Reise. So war es Veit möglich, die Geschwindigkeit des Rudels mitzuhalten und die Wegstrecke von Mehlbach bis zur Wolfsschlucht in der Nähe des Elsass innerhalb weniger Nächte zu bewältigen.
Es wurde bereits hell, als Veit und die Tiere die schützende Höhle abseits der Wolfsschlucht erreichten, die er aus vergangenen Tagen gut kannte. Kaum waren sie in dem Felsenversteck sicher, zog ein Schneesturm auf. Veit lief in den nahen Wald und suchte Äste, Tannenzweige und Eicheln zusammen, um in der Höhle ein Feuer zu entzünden.
Während die Flammen sich durch das Holz fraßen und langsam für Wärme sorgten, setzte Veit die Welpen auf den Boden und öffnete mit seinem Messer die Nähte der Tragebeutel. Er wollte die dicken Felle als Unterlage nutzen, damit die Kälte des Bodens ihm nichts anhaben konnte. Erschöpft setzte er sich auf das helle Schafsfell und widmete sich der nächsten Aufgabe, denn die Wölfe und er hatten Hunger.
Unterwegs hatte er drei Hasen erlegt, die er jetzt abzog und
ausweidete. Die Innereien warf er den Wölfen zu, die sich knurrend darum stritten.
Einen Hasen spießte Veit auf einen dicken Ast und legte diesen auf große Steine, die er rechts und links des Feuers übereinandergeschichtet hatte. Schon bald tropfte der Bratensaft zischend auf das rot glühende Holz, und der Duft von gebratenem Fleisch breitete sich aus. Unterdessen zerschnitt Veit die beiden anderen Tiere und verfütterte das Fleisch und die Knochen an das Rudel, das geduldig gewartet hatte. Bald lagen die Tiere gesättigt und zusammengerollt vor dem wärmenden Feuer und schliefen.
Draußen heulte der Wind, und Veit blickte besorgt zum Höhleneingang. Der Sturm wehte Schnee herein, der schmolz, kaum dass er den Boden berührte.
Veit zog seinen Wolfspelz enger um sich und setzte sich auf ein Schafsfell dicht ans Feuer. Mit angezogenen Knien prüfte er ungeduldig mit dem Finger, ob das Fleisch gar war. Als die Haut des Bratens knusprig gebräunt war, riss er sie gierig in großen Stücken ab und schob sie sich noch heiß zwischen die Zähne. Mit dem restlichen Bier, das er in einem Schlauch mit sich geführt hatte, spülte er das trockene Fleisch hinunter.
Während Veit die Hasenknöchlein blank nagte, schaute er sich in der Höhle um. Es schien ihm, als sei eine Ewigkeit vergangen, seit er einst hier gelebt hatte. Hätte Anna Maria sich nicht in die Gegend verirrt, würde ich immer noch hier hausen, dachte Veit. Er blickte zu der Wand, auf der Anna Maria einen großen Baum
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