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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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hausten in einer Hütte inmitten des Waldes und ernährten sich von dem, was sie im Forst erlegten. Ihr Leben war karg und beschwerlich, zumal der Winter besonders lang und kalt war. Anfangs saß ihnen die Angst im Nacken, entdeckt zu werden, doch da die Hütte abgelegen und seit Langem ungenutzt war, schwand ihre Furcht.

    Joß Fritz hatte nicht beabsichtigt, das Dorf Lehen am südlichen Rand des Schwarzwalds zu verlassen, da er sich an diesem Ort sicher fühlte. Er glaubte, dass man nach all den Jahren das Interesse an ihm, dem alten Bauernführer, verloren hatte. Deshalb wollte er in Ruhe einen neuen Aufstand planen.
    Eines Tages jedoch beschlich ihn das Gefühl, beobachtet zu werden. Und als der Büttel erschien, um das Haus seiner Frau Else zu durchsuchen, konnte er sich nur durch einen Sprung aus dem Fenster in Sicherheit bringen. Da wusste er, dass man ihn erkannt und bei der Obrigkeit angezeigt hatte. Joß sah sein Vorhaben in Gefahr und wollte noch in derselben Nacht den Ort verlassen. Allerdings hatte er nicht mit Elses Widerstand gerechnet.
    »Ich werde dich nicht allein ziehen lassen, Joß Fritz. Wenn du nicht bleiben kannst, werde ich mit dir kommen«, sagte sie energisch.
    »Für ein Weib ist kein Platz an meiner Seite«, hatte er ihr kalt entgegnet.
    Seine schroffe Art kümmerte Else nicht, und sie forderte ungerührt: »Verrate mir, wohin du gehen wirst.«
    Mürrisch musterte Joß Fritz seine Frau aus zusammengekniffenen Augen und überlegte, wie er sie abschütteln konnte.
    Else schien seine Gedankengänge zu erahnen, denn sie zeterte: »Wage nicht, mich zu belügen oder heimlich loszumarschieren. Ich werde dir folgen und dich finden.«
    Joß kannte Else und wusste, dass sie es ernst meinte. Und das machte ihren Reiz aus. Er mochte ihre Wildheit, die seine Lenden zum Beben brachte. Lachend zog er sie an sich und küsste sie wollüstig. Dann stieß er sie aufs Bett und bestieg sie grob und ungestüm.
    Doch obwohl er sie nach wie vor heiß begehrte, wollte Joß Else nicht mit auf seine Reise nehmen. Während sie in seinen Armen lag und die breite Narbe streichelte, die sich quer über
seine Brust zog, erklärte er ihr mit eindringlichen Worten, dass sie in Lehen bleiben musste. »Ich brauche dich als Nachrichtensammlerin. Meine Anhänger kennen dich und vertrauen dir. Sie werden kommen und dir Neuigkeiten mitteilen, die du an mich und meine Männer weiterleiten musst.«
    Else hatte Joß tief in die Augen geschaut, und was sie erkennen konnte, schien sie zu beruhigen.
    »Wie kann ich dich erreichen?«, fragte sie.
    Er zog sie an sich und flüsterte ihr seine Pläne ins Ohr. »Ich weiß, dass du selbst unter der Folter schweigen würdest«, raunte er ihr zu.
    Nach einer stürmischen Liebesnacht verließ Joß Fritz noch vor Morgengrauen den Ort Lehen im Breisgau.

    Joß’ Männer lauschten dem Fremden, der sie in ihrem Versteck im Wald aufgesucht hatte. Obwohl sie ihn nicht kannten, vertrauten sie ihm und glaubten seinem Bericht. Die Männer wussten, dass der Fremde zu ihnen gehörte, denn ihm fehlten zwei Finger seiner Schwurhand. Das war das sichere Zeichen, dass er Joß Fritz niemals verraten würde.
    Im Laufe der Jahre waren viele Männer, die an Joß Fritz’ Seite gekämpft hatten, gefangen genommen und gefoltert worden. Doch selbst unter Schmerzen hatten die meisten ihren Anführer nicht verraten und geschwiegen, weshalb die Obrigkeit sie nicht zum Tode verurteilen konnte. Aber die Schergen ließen die Männer als Anhänger des Bundschuhs kennzeichnen und ihnen vom Henker den Zeige- und den Mittelfinger abhacken. So sollte auch vermieden werden, dass sie jemals wieder einen Treueschwur leisten konnten. Dabei bedachten die Herren der Obrigkeit nicht, dass sich die Treue der Männer zu Joß Fritz in ihren Herzen festgesetzt hatte und sie ihm bis zu ihrem Tod ergeben sein würden.

    Zu diesen wahren Gefolgsleuten gehörte auch der Fremde, den Else Schmid zu ihnen geschickt hatte und dem sie seit geraumer Zeit lauschten.
    Joß Fritz hatte die Hände vor sich auf der Tischplatte gefaltet und hörte dem unbekannten Mann aufmerksam zu. Als er zu Ende erzählt hatte, sagte Fritz kein Wort. Er saß scheinbar ruhig da, als ob ihn die Schreckensmeldungen, die er gerade vernommen hatte, nicht berührten. Seine Männer wussten jedoch, dass er innerlich in Aufruhr war. Sie konnten es an seinen mahlenden Wangenknochen erkennen. Aber sie trauten sich nicht, ihn anzusprechen, noch wagten sie, sich zu bewegen.

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