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Schwur der Sünderin

Schwur der Sünderin

Titel: Schwur der Sünderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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verwandeln. Zwar werden solche Geschichten im Wirtshaus in bierseliger Laune erzählt, aber sie sind Ammenmärchen. Ich kenne niemanden, der tatsächlich je gesehen hat, wie ein Mensch sich in ein Tier verwandelt. Auch von Zaubersprüchen der Wolfsmagier habe ich noch nie gehört, oder irre ich mich?«
    Sarah nickte. »Veit hat uns nie einen Anlass gegeben, an ihm zu zweifeln. Er hat Anna Maria geholfen, Peter zu finden und Matthias nach Hause zu bringen. Was soll er mit Wölfen zu tun haben? Veit ist ein guter Mann  – ein neues Familienmitglied und kein Untier«, sagte sie und tupfte sich die Tränen fort.
    Jakob seufzte laut: »Unser Vater wüsste, was zu tun ist. Warum musste er nur zur Wallfahrt aufbrechen?«
    »Vater ist nicht pilgern!«, sagte Anna Maria, die unbemerkt die Stube betreten hatte.
    Alle Blicke richteten sich auf sie. Anna Maria schaute ihren Bruder Peter an und sagte: »Es wird Zeit, dass er die Wahrheit erfährt.«
    Jakob wusste sofort, dass er gemeint war, und sah verwirrt zwischen seinem Bruder und seiner Schwester hin und her.
    Wohlwollend schaute Hauser Anna Maria an und sagte: »Mutiges Mädchen!«
    »Was ist hier los?«, rief Jakob ärgerlich, der mit einem Schlag nüchtern war. Anna Maria schloss die Augen, holte tief Luft und schilderte das Doppelleben ihres Vaters.
    Hauser beobachtete Jakob und Sarah. Jede ihrer Gefühlsregungen konnte er in ihren Gesichtern ablesen. Manchmal war es Erstaunen, ein anderes Mal Entsetzen, aber auch Stolz war
zu erkennen. Als Hauser zu Peter blickte, glaubte er in dessen Augen Erleichterung sehen zu können.
     
    Es war spät, als Anna Maria Jakob und Sarah zu Ende erzählt hatte, was sie über das unbekannte Leben des Vaters wusste. Nun schaute sie Gabriel und Hauser an, die beiden Männer, die einst unter ihrem Vater gekämpft hatten.
    »Jacob Hauser war während der Bundschuh-Aufstände Fähnrich gewesen. Das zeigt, dass Vater ihm sehr vertraute, denn nur wenigen seiner Anhänger war es vergönnt, die Bundschuh-Fahne sehen zu dürfen. Auch Gabriel war unserem Vater stets treu ergeben. Deshalb können auch wir ihnen vertrauen. Ich hoffe, dass wir mit ihrer Hilfe Veit retten werden.«
    Anna Maria blickte Jakob an, der bewegungslos vor sich hin starrte. Nichts verriet seine Gedanken. Sarah hingegen sah aus, als ob ihr ein leibhaftiges Gespenst begegnet wäre. Bleich und mit großen Augen griff sie nach dem Schnapsbecher und trank ihn in einem Zug leer. Als sie ihn hustend zurückstellte, schien Jakob aus seiner Starre zu erwachen.
    »Ich auch«, murmelte er und goss sich Selbstgebrannten ein. Mit einem Seitenblick auf Hauser kippte er den Schnaps hinunter. Peter wagte kaum, seinen älteren Bruder anzuschauen.
    Doch statt eines Zornausbruchs, den Peter fürchtete, blickte Jakob mit vor Stolz glänzenden Augen in die Runde und fragte: »Ob Mutter wusste, wer Vater wirklich war? Wusste sie, welchen großen Helden sie geheiratet hatte? Warum hat er uns nichts erzählt? Es hätte mich schon früher gefreut, solch einen mutigen Mann zum Vater zu haben.«
    Peter und Anna Maria konnten seine Gelassenheit kaum fassen.
    »Du bist nicht wütend, weil wir dir die Wahrheit über Vater verschwiegen haben?«, fragte Peter.
    Jakob zuckte mit den Schultern. »Vielleicht sollte ich das,
aber ich bin ebenso stolz auf unseren Vater, wie ihr es seid. Seine Taten, seine Aussagen und auch seine Strenge ergeben einen Sinn, den ich vorher nicht erkannt habe. Wäre Vater jetzt hier, hätten Ullein und die anderen Männer es nicht gewagt, uns in der Kirche zu überfallen.« Mitleidvoll sah Jakob seine Schwester an. »Es tut mir leid, Anna Maria. Mit Vaters Hilfe hätten wir Veit retten können, aber so …« Er führte den Satz nicht zu Ende.
    Anna Maria wusste, was er meinte, und schloss gequält die Augen. Lautlos liefen ihr die Tränen die Wangen hinab.
    Hauser sah Anna Maria nachdenklich an. »Warum glaubst du, dass euer Vater nicht auf Wallfahrt gegangen ist?«, fragte er sie.
    Anna Maria, die eine bleierne Müdigkeit überfallen hatte, zuckte zusammen und erklärte erschöpft: »Erinnert ihr euch, dass Jakob bei unserer Ankunft erzählte, ein Fremder habe Vater aufgesucht?«
    »Du meinst diesen Kilian«, warf ihr Bruder ein.
    Anna Maria nickte. »Ich kenne Kilian«, sagte sie und fügte mit leiser Stimme hinzu: »Er hat mich vor seinen Männern bewahrt, die mich schänden wollten.«
    »Jesus und Maria!«, rief Jakob, während sich seine Frau die Hände vor den Mund

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