Schwur des Blutes
Hintern ein, was auch nicht viel besser war.
„Hey, ganz locker. Mit Anfängern fahre ich nie schnell. Wohin?“
Anfänger. Super. Er benahm sich wie sechzehn in ihrer Gegenwart und nicht wie 133. Was umgab diese Frau, dass er so auf sie ansprach? Er deutete mit dem ausgestreckten Arm nach rechts aus der Stadt raus.
Sie drehte sich halb zu ihm um. „Ich hab wirklich Kohldampf, wollen wir …“
Er lächelte. Sein spontaner Einfall gefiel ihm. Hoffentlich überraschte und befriedigte er Sam ebenso. Ethos’ entnervtes Gestöhne über seine romantische Idee ignorierte er. „Du wirst dein Essen flotter auf dem Tisch haben als in jedem guten Restaurant.“ Er zwinkerte, sie nickte. Gut. Als sie Gas gab, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich wie ein braver Mensch zu verhalten und die Arme um ihren Oberkörper zu legen. Er könnte auch nebenherlaufen, egal wie sehr sie aufdrehte, doch so gefiel es ihm eindeutig besser.
„Jetzt solltest du dich um deine Aufregung sorgen.“
„Das ist positive Aufregung, Ethos.“
„Aha, du denkst gerade ein bisschen naiv, oder?“
„Ethos, halt dich da raus und verschwinde. Ich bin ja auf dem Weg aus den Menschenmassen heraus.“
„Ich wollt’s ja nur erwähnt haben. Ansonsten finde ich, dass du eine gute Wahl getroffen hast.“
„Danke.“ Timothy lauschte der Stille in seinem Kopf. Kein Kommentar mehr von Ethos. Vielleicht sollte er sich häufiger bei ihr bedanken, anstatt sich mit ihr zu fetzen?
Samantha war eine gute Fahrerin. Sie beschleunigte sanft und bremste ebenso. Sie hatte die BMW trotz seines zusätzlichen Gewichts im Griff. Bewundernswert, schließlich waren weder das Bike noch er ein Leichtgewicht. Sein Körper rutschte ihrem mit jeder Kurve näher, bis sein Bauch ihren Rücken berührte. Sein Puls raste, bestimmt fühlte sie es. Es war himmlisch, mit ihr zu verschmelzen, die Dynamik ihrer Muskeln zu spüren. Nie hätte er geglaubt, dass solch psychische und physische Kräfte von einem Menschen ausgehen konnten. Ihr aphrodisischer Vanilleduft vermischte sich mit dem des Leders, umnebelte ihn, nahm ihn behutsam mit unsichtbaren Handschellen gefangen. Er würde nicht zulassen, in diesem Augenblick an etwas anderes als an ihre weiche, warme Haut zu denken. Er passte sich ihren Bewegungen an und befand sich wie in einem Rausch, so eng an ihren Körper gelehnt zu verweilen, bis ans Ende ihrer Tage.
Vor einem Restaurant bat er sie, anzuhalten. Aus den Schließfächern in einer Busstation hatten sie zuvor die drei Taschen abgeholt.
„Eine Minute“, sagte er, saß ab und huschte in das Gebäude. In vampirischer Geschwindigkeit packte er unterschiedliches Essen in kleine Verpackungen und stapelte sie in eine Tragetasche. Er pikte einen Schein auf die dicke Nadel für die erledigten Bestellungen der vornehmen Speiselokalität und verließ sie ungesehen.
Als er auf den Bürgersteig trat, war Samantha verschwunden.
~~
Cira erwachte. Etwas war anders.
Sie drehte sich auf die Seite, ließ die Hand über die Seide rutschen. Kühl. Ihr Gefühl hatte sie nicht getäuscht; Jonas lag nicht neben ihr. Die Matratze gähnte vor Leere. Der Umstand versetzte sie nicht in Alarmbereitschaft, vor allem, weil es mitten in der Nacht war und sie unendlich müde, doch er deutete auf Unvorhergesehenes hin. Sie streckte sich. Normalerweise nächtigte sie in fremden Betten nicht so gut, irgendetwas störte immer das Einschlafen. Aber nachdem sie in der Nähe der Bay Bridge an Pier 38 geparkt hatten, der genügend Platz für die ‚Silver Angel‘ bot und nach einem Snack für sie mit einem Glas Wein an der Bar im Bauch des Schiffes, war sie wie ein Stein in die Laken des Kingsize Traums gesunken. Jonas hatte sich an sie gekuschelt und sie schlief ein wie ein Kind in Mutters Armen, verdrängte die Geschehnisse und Sorgen bis zum kommenden Tag. Na ja, fast. Cira linste auf die Leuchtziffern der Digitaluhr. Fünf vor zwölf … sollte ihr das zu denken geben?
Sie klatschte in die Hände und die Deckensternchen tauchten das Schlafzimmer in ein sanftes Dämmerlicht. Jonas lag tatsächlich nicht neben ihr, sie konnte es kaum fassen. Wo ging er hin, ohne sie zu informieren? Sie rügte sich sogleich. Er umgarnte und umsorgte sie beinahe rund um die Uhr. Sie hatte wahrlich kein Recht, sich zu beschweren. Dennoch, seltsam war es trotzdem.
Cira stand auf und tappte über den Parkettboden und die Zebra- und Panterfelle, die sich vor dem Bett, dem offenen Kamin, den Diwanen und rings um den
Weitere Kostenlose Bücher