Science Fiction Almanach 1981
„Schließlich hast du mir ja beschrieben, wie ich das Schiff bedienen muß, und wirklich, Ross, ganz so dumm bin ich ja nicht.“ (Frederik Pohl/C.M. Kornbluth: Die letzte Antwort.)
Ein bißchen happig, nicht? Es gibt in der SF-Literatur eine wirklich bezaubernde und glaubwürdige Astronautin.
Sie heißt Tyy, lebt im 31. Jahrhundert und ist nicht die e i gentliche Heldin in dem Roman Nova von Samuel R. Del a ny. Wenn man eine solche sucht in diesem Werk, das so vi e le unterschiedliche Menschen lebendig werden läßt, ist es Ruby Red, Schwester von Prince Red, dem erbitterten Feind von Captain Lorq van Ray.
Dieser hat schon einmal den Versuch gemacht, mit se i nem Raumschiff quer durch eine Nova zu fliegen – nicht aus sportlichem Ehrgeiz, sondern um dabei große Mengen des seltenen Rohstoffs Illyrion einzusacken. Er ist mit heiler Haut davongekommen, aber Dan, ein Mannschaftsmitglied, der gegen ausdrücklichen Befehl seine Sensoren nicht abg e schaltet hatte, torkelt blind, taub, ohne Tastgefühl und von Halluzinationen gequält durch die Raumfahrerkneipen.
Kein Wunder, daß es dem Captain schwerfällt, für einen zweiten Versuch eine neue Mannschaft anzuheuern.
Schließlich sammelt er auf der Straße ein paar Leute auf, die irgendwie aus der Bahn geworfen sind oder den A n schluß verpaßt haben, darunter den Zigeunerjungen Maus und den verträumten Katin, der mit der Gestaltung eines Romans ringt.
Ein Paar tritt hinzu. Der Mann, Sebastian, trägt einen großen flatternden Vogel auf der Schulter. Hand in Hand mit ihm geht eine Frau.
Trauerweide? Vogelschwinge? Wind in Frühlingszweigen? Maus suchte sein Gedächtnis ab, um einen Vergleich für die Zartheit ihres Gesichts zu finden. Aber er fand nichts.
Ihre Augen hatten die Farbe von Stahl. Kleine Brüste h o ben sich unter ihrer Weste. Und dann funkelte der Stahl, als sie sich umsah (eine starke Frau, dachte Katin, der dafür ein Auge hatte).
Im weiteren Verlauf ist die stille Tyy auf ganz selbstve r ständliche Art ein Mitglied des Teams. Viele andere Verfa s ser hätten sie – und zwar nur in ihrer Eigenschaft als Gefäh r tin Sebastians! – an den Haaren in die Handlung hineing e zogen und sie ab und zu ein paar dumme Bemerkungen m a chen lassen. Als Lorq im Augenblick größter Gefahr sein Schiff verlassen muß, überträgt er Tyy die Aufgabe des Ca p tains, der sie auch gewachsen ist.
Tyy und ihre Kollegen laufen in ihrer Freizeit und an Land wie normale Menschen mit ihren natürlichen Körpern herum. Aber bei der Arbeit benutzen sie die ihnen einop e rierten Steckkontakte im Genick, im Kreuz und an beiden Handgelenken, um sich an das Raumschiff anzuschließen. Sie steuern es direkt mit ihren Nervenimpulsen.
Nicht an Land gehen kann Helva (Anne McCaffrey: Ein Raumschiff namens Helva). Sie wird als Krüppel geboren, im Alter von drei Monaten in eine Metallhülle gesteckt und als Gehirn eines Patrouille-Schiffs ausgebildet. Die Konve n tion will es, daß zusätzlich ein menschlicher Pilot an Bord ist. Aber sie könnte allein im Weltraum operieren, und viele solcher Cyborg-Schiffe tun es auch, entweder illegal oder wenn sie eines Tages in der Lage sind, den Zentralwelten die Kosten für Ausbildung, Pflege und chirurgische Eingri f fe zurückzuzahlen.
Das Raumschiff dient Helva als Körper; Helvas Körper ist das Transportmittel.
Das ist ebenso der Fall bei Vivien Walters, die von ihren drei Insassen „Tub“ genannt wird, was sie verständliche r weise nicht gerne hört (Daniel F. Galouye: Das Mädchen mit den vier Persönlichkeiten).
Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Vivien ist kein Cyborg, sie hat einen völlig normalen Körper. Im Alter von zwölf Jahren wurde sie in ein Raumschiff gestopft, das eben genug Platz für sie bot, und auf die Reise geschickt. In ihr Gehirn hatte man die Impressionen von drei Männern gepflanzt, dem Piloten Paulson, dem Navigator Craig und dem Nukleonisten Gottwald. Die Originale wurden von der Forschungsreise dann weiter nicht beeinflußt.
Acht Jahre später kommt das Raumschiff zurück. Die drei Pseudowesen in Viviens Gehirn betrachten sich als reale Persönlichkeiten und wehren sich verzweifelt gegen die Bemühungen des Psychiaters Dr. Dorfman, sie auszul ö schen. Aber der kennt kein Erbarmen. Schließlich kann man Vivien nicht bis ans Ende ihres Lebens als „Tub“ herumla u fen lassen.
Was halten Sie von der Sachlage in Brian W. Aldiss’ Kurzgeschichte: Der Ungeborene:
Ein
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