Science Fiction Almanach 1981
wurden leer, um die e r schlaffenden Lippen spielte ein kindisches Lachen, und jeder Funken Intelligenz erlosch.
Danach steht der willenlose Körper Evas zur Verfügung. Am Schluß der Reise verpaßt man ihr eine falsche Erinn e rung; Happy-End und Hochzeit. Die Pointe ist: Evas Verlo b ter ist der Sohn des Psycho-Offiziers, der sich ihrer unte r wegs genauso bedient hat wie alle anderen.
Das glaubwürdigste Detail dieser Geschichte ist, daß man das Mädchen mit Drogen gefügig machen mußte. Denn ob Jungfrau oder Professionelle: man kann sich kaum vorste l len, daß sich eine Frau für diesen Job freiwillig meldet.
Zu welchen Exzessen es letzten Endes innerhalb des Raumschiffs kommen kann, erfahren wir aus Fritz Leibers Kurzgeschichte Das Schiff der Schatten. Es ist eines der seit Generationen ziellos dahintreibenden Schiffe, das von seiner Besatzung für das Universum gehalten wird. Der stärkste Mann an Bord hat sich einen Harem zugelegt, und da sitzt er mit seinen augenblicklichen Favoritinnen und trinkt das Blut der jeweils ausrangierten Gespielinnen.
Ein Trost (wenn es einer ist) bleibt den „Mannschaft s mädchen“: Man nennt Raumschiffe nach berühmten Vertr e terinnen ihrer Zunft. Da haben wir die „Glory Whore“ (Christopher Priest: Brutstätte) und die „Christine Keeler“ (Harry Harrison: Der Chinger-Krieg).
Wie kann man Ausschreitungen von vornherein vermeiden? Entweder man läßt gar keine Frau an Bord zu (wobei dann wieder die Gefahr besteht, daß die Männer durchdrehen), oder man achtet streng auf Sex-Proporz.
Für eine Reise von mindestens zehn Jahren werden in Poul Andersons Roman Universum ohne Ende 25 Männer und 25 Frauen angeworben. Zunächst werden je zwei Mä n ner und je zwei Frauen in einer Kabine untergebracht. Man verläßt sich darauf, daß sich allmählich Paare zusammenfi n den. Hat eine Frau einen Partner gefunden, so kann er die Kabinenhälfte der Kollegin bekommen. (Die Kollegin muß ja dann wohl ihrerseits schnell zugreifen, sonst schläft sie plötzlich auf dem Gang.)
Tatsächlich sind die meisten nach einiger Zeit feste Bi n dungen eingegangen; nur wenige ziehen es vor, sexuell fre i zügig zu leben. (Wie bitte? Mit wem denn?)
In dem Roman werden zwar einige Schwierigkeiten g e schildert, doch sind sie minimal im Vergleich dazu, was e i gentlich zu erwarten wäre. Lassen wir einmal unsere Phant a sie spielen. Der unbeliebteste Mann und die unbeliebteste Frau bleiben übrig. Er sei ein hervorragender Techniker, aber ein schwächlicher Zwerg mit einem bösen Mundwerk. Sie dagegen sei die größte und dickste, aber schüchtern wie ein Kaninchen. Können die beiden jahrelang, unter Umstä n den für ihr ganzes Leben, eine Kabine teilen? Dann haben wir noch den Mann oder die Frau, die Ehebruch als Sport betreiben, das tragischromantische Pärchen, das seine Se e lenverwandtschaft erst nach einigen Jahren entdeckt, dessen bisherige Partner aber nicht miteinander (und eine andere Möglichkeit gibt es nicht) verkuppelt werden können, und endlich ist ein Todesfall mit allein bleibendem Gefährten ja nicht auszuschließen. Alles das sind Probleme, die sich in einer offenen Gesellschaft lösen lassen. In einer geschloss e nen Gesellschaft, in der es einerseits keinerlei Ausweic h möglichkeiten gibt, in der jedoch andererseits der Zwang zur Paarbildung besteht, müssen sie zu Mord und Totschlag fü h ren.
Da war man bei der Bemannung des Raumschiffs Gloria Mundi (Edmund Cooper: Unter den Strahlen von Altair) konsequenter. Es wurde von den Vereinigten Staaten von Europa auf die Reise geschickt und enthielt ein deutsches, ein französisches, ein englisches, ein italienisches, ein ho l ländisches und ein schwedisches Paar. Die Engländer (von den anderen Nationen wird diesbezüglich nichts berichtet) haben immer noch einen stark ausgeprägten Sinn für Sitte und Anstand.
Paul und Ann hatten keine besondere Vorliebe füreinander; allerdings waren sie einander nicht ausgesprochen unsy m pathisch. Aber als englischer Beitrag zur Besatzung der Gloria Mundi hatten sie keine Einwände gegen die geplante Trauung erhoben. Paul, ein ausgebildeter Raumfahrer, war Psychiater und Lehrer zugleich, sprach fließend Deutsch und hatte gute Französischkenntnisse. Anns Mitgift bestand aus ihrer Ausbildung als Chirurgin, einigen Kenntnissen in Schwedisch und Italienisch und Grundbegriffen des Hollä n dischen …
Im Verlauf der langen und langweiligen Reise nach Altair arbeitete
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