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Science Fiction Almanach 1982

Science Fiction Almanach 1982

Titel: Science Fiction Almanach 1982 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Alpers
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nicht, George, ich habe heute so ein ungutes Gefühl.“
    „Ploppauge?“ fragte ich und kramte nach meinen Zigaretten.
    Er zeigte damals die ersten Anzeichen dieser lästigen Augenstarre, die jeder Mensch auf diesem Planeten von Zeit zu Zeit durchzumachen hat. Die Augäpfel schwellen an, die Lider schließen nicht mehr. Man sieht aus wie ein neugierig starrender Plopp. Schuld daran soll eine kurzwellige Strahlung von Kim sein, aber die Mediziner sind sich nicht einig.
    Satch fuhr sich müde über die Augen.
    „Das ist es nicht“, sagte er.
    „Was dann?“
    „Ich mache mir Sorgen wegen der Transition.“
    „Hör auf!“
    „Moment, George. Nimm die PERSEPHONE. Eine Stunde Beschleunigung auf Licht bis zum Tor, Sprung in Nullzeit, eine Stunde Bremsmanöver und du landest auf Styx. Du hast hier zu Mittag gegessen und 100 Millionen Lichtjahre weiter hast du noch reichlich Zeit, ein Bad zu nehmen, bevor du zum Tee gehst. So einfach ist das.“
    „Na und? Willst du etwa zu Fuß gehen?“
    „Nimm einmal an, irgend etwas geht schief. Du materialisierst in einem unvermessenen Raumbereich oder irgendwo zwischen den Milchstraßen, keine Karten, keine Tore. Das bedeutet bei Lichtgeschwindigkeit einige Millionen Jahre Flugzeit bis zum nächsten Stützpunkt. Weißt du, was das heißt?“
    „Um Andromeda willen, hör auf zu unken!“
    „Und dann mache das Schiff ausfindig! Eher findest du eine Stecknadel auf diesem Planeten.“
    „Diese Sorgen überlaß den Kapitänen und ihren Nauten.“
    „Es wäre nicht das erste Schiff.“
    „Ich bitte dich, das ist doch Science Fiction und nicht dein Ernst. Nimm eine Zigarette.“
    Wir rauchten. Der Lautsprecher quakte:
    – noch 15 Minuten bis zum Start.
    Ich drückte die Taste. An den Hängen kreischten die Sirenen, und ihr schauriges Echo überflutete das Land. Ich stellte mir vor, wie sich die Eingeborenen in ihren Erdlöchern verkrochen.
    Satch blies den Rauch gegen die Scheibe und fing wieder an:
    „Heut früh materialisierte die ELEKTRA 200 Millionen Kilometer neben der Transition.“
    Er blickte mich lauernd an.
    „Ach was, schlampige Arbeit.“
    „– oder es stimmt etwas nicht mit dem Tor. Ich habe die Funksprüche mitgehört. Es war von einer Masse die Rede. Sie wollen ein Vermessungsschiff anfordern.“
    „Wo soll denn diese Masse plötzlich herkommen, aus dem Nichts? Schlampige Arbeit, sage ich dir. Wenn einer dieser Herren Kapitäne aneckt, dann muß es logischerweise an der Transition liegen. Der Naut ist unfehlbar, diese geniale Symbiose aus elektronischem Steuerautomat und mathematischem Genie, keine Bauchschmerzen, keine Migräne, keine Kreislaufstörungen. Satch, ich habe schon berühmte Nauten gesehen, die sich besoffen hatten, jawohl, besoffen.“
    „Aber George, doch nicht vor dem Start.“
    Er machte mich verrückt mit seiner Unkerei. 200 Millionen Kilometer Kursabweichung waren tatsächlich zuviel, und das verdroß mich.
    – noch zehn Minuten bis zum Start.
    Ich öffnete das Fenster und schnippte die Zigarette ins Dunkel. Sie erlosch funkenstiebend.
    Satch saß am Funkgerät. Ein Nachtfalter stieß monoton und unbeirrt gegen die Scheibe.
    – noch zwei Minuten bis zum Start.
    Die Peilsender zirpten.
    – noch 90 Sekunden bis zum Start,
    tsiiip … tsiiip … tsiiip …
    – noch 60 Sekunden.
    Ärgerlich ertappte ich mich dabei, daß ich schon wieder rauchte.
    – noch 30 Sekunden.
    PERSEPHONE, 3200 Passagiere und Mannschaften, Heimathafen Pollux 5.
    – noch zehn Sekunden.
    Jetzt war das Schiff nicht mehr zu halten. Wie ein sprungbereites Tier hockte es auf der Startrampe, die Energieschirme aufgebaut, die Beschleunigungsabsorber eingependelt, um den Andruck von einigen Tausend grav auszugleichen, mit dröhnenden Reaktoren, brodelnd in verhaltener Kraft.
    … vier … drei … zwei … eins … ab!
    Fünfunddreißig Kilometer talabwärts ein gigantischer Lichtblitz. Zwei Sekunden später huschte ein glimmernder Schatten die Schneise herauf. Eine Lanze aus blauweißem Licht stach aus dem Himmel und verglomm als Stern unter Sternen im All.
    Dann kam der Schall.
    Das berstende Donnern der zerschmetterten Schallmauer, das Kreischen gepeinigter Atmosphäre, wundgerieben an gigantischen Energiefeldern, gequält, rasend, rollte es gegen die Felswände, brandete grollend zurück und verebbte.
    Der Herbst wurde zum Sommer. Es roch nach verbrannter Luft, ein kochender Atem durchwehte die Schneise, löste den Nebel und strömte hinauf in die frostige Einsamkeit

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