Science Fiction Almanach 1983
um eine Nottransplantation.“ Ihr Pastorinnenton blieb ohne Wirkung.
„Ich glaube euch nicht – überhaupt nichts mehr!“
„Liebe Tessa“, schaltete sich nun Jill ein, „wir haben deine überspannt menschliche Reaktion vorausgeahnt. Um jedes Risiko zu vermeiden, haben wir deine Steuer-Prozessoren selbstverständlich in deinem gesunden Augapfel installiert.“
„Ihr Ungeheuer! Ihr Un …“ Tessa warf – wie von einer Heckenschützenkugel in den Rücken getroffen – beide Arme in die Luft. Sekundenlang verharrte sie gelähmt in dieser grotesken Gebetsstellung.
Argo kippte einen kleinen Schalter am Steuergerät herum – und die Gepeinigte fiel kraftlos in die Knie. Tyra trat wie in Trance neben die Freundin. Ihr aufzuhelfen vermochte sie nicht.
„Tyra und Tessa, ihr seid die letzten, die unser Geheimnis aus eigener Kraft entschlüsseln konnten“, ergriff Jill wieder das Wort. „Damit halft ihr uns all die kleinen Fehlerquellen aufzuspüren, die sich beim Einsatz eines Prototyps anfangs nicht vermeiden lassen. Die Großmeisterin dankt euch durch mich!“
Tyra riß sich zusammen. „Und wer sind Sie, Jill Larsson?“
„Ich bin die Sicherheitsbeauftragte der Organisation. Ihr habt eure Rollen in unserem Kontrollspiel sehr gut gespielt.“
Muja, Chalila und Laserma fingen wie nach einem gelungenen Sketch zu klatschen an. Man hatte ihnen ihre Unbefangenheit wiedergeschenkt. Jede Erinnerung an die letzten zehn Minuten schien getilgt.
Jill fühlte sich zu einer Ansprache animiert: „Der Mensch hat sich vom Konsumenten zum Konsumgut weiterentwickelt. Mit einem Höchstmaß an Willensfreiheit und typisch weiblichen Verhaltensmustern ausgestattet, erfüllt ihr als Semi-Roboter auf ideale Weise die Statuten der neuen Weltsparformel!“
„Mehr für andere tun, heißt mehr von sich haben!“ trompetete Argo mangels einer Triumph-Fanfare.
„Wir stehen erst am Anfang einer Entwicklung!“ fuhr Jill Larsson, die Sicherheitsbeauftragte von Universal-Transplant, fort. „Doch im dritten Jahrtausend werden unsere Supernieren made in Germany in allen Transplantationskliniken der Welt zu einem Begriff für unverfälschte Qualität werden. Darum rufe ich euch allen mit stolzerfülltem Herzen zu: Ihr, die ihr die neue Generation der organischen Organroboter darstellt, wirkt zum Wohle der Menschheit!“
„Ach, du irrer Globus!“ jubelte Muja begeistert.
Es gab tatsächlich noch einen prächtigen Sonnenuntergang. Als farbenfrohes Bildtelefonfoto ging er noch Wochen später mit HERZLICHEN GRÜSSEN AUS FORSETISLAND in alle Welt hinaus – in eine ahnungslose Welt.
Kai Riedemann Eine letzte Träne von Monika
Licht. Grell und blendend im Halbdunkel der Spiegel wände. Kreisende Scheinwerferfinger, die sich regenbogenfarben durch den Raum tasten, über Bühne und Wände spielen, um sich schließlich als zuckende Farbflecken auf der hellen Haut der Tanzenden festzufressen. Licht.
Musik. Alles übertönend, das Schweigen und die Worte verschlingend. In hämmerndem Rhythmus, die Bewegungen der Tanzenden und der weiten Augen diktierend. Musik.
Leere. Irgendwie Leere.
Du wendest dich ab, begegnest dir selbst in der Spiegelwand, blaßviolett, unsicher, eingeschlossen von der Musik und dem Licht und der Leere, und hinter dir trifft dein Blick auf das ausdruckslose Gesicht des Mädchens auf der Bühne, das mit langsamen einstudierten Bewegungen über ihren Körper fährt.
Der Versuch eines Lächelns, ein Versuch, der mißlingt, weil du das Lächeln nicht so beherrschst wie jenes Mädchen auf der Bühne, das lächeln kann, wenn es lächeln muß oder
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