Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
jugendlichen Leserpublikum den nachhaltigsten Eindruck hinterließ.
Als A. E. van Vogt sich 1950 ganz der neuen „Heilslehre“ seines Kollegen Ron Hubbard, der „Dianetic“, später Scientology genannt, zuwandte, war er für die SF viele Jahre so gut wie nicht existent. Erst in den sechziger Jahren schrieb er wieder, aber seinen neueren Erzählungen und Romane lassen jegliche Verve vermissen. Er war und ist ein typischer Autor der vierziger Jahre, ein Autor, dessen Name untrennbar mit John W. Campbells „Astounding“ verbunden ist.
Unter seinen Erzählungen wählten wir „Asylum“ für diesen Band aus, weil sie aus dem Jahr stammt, das van Vogt in „Astounding“ dominierte: 1942. Darüber hinaus tauchte sie später nicht als Teil eines Romans wieder auf, überragt andere nennenswerte Geschichten des Autors aus demselben Jahr – „The Weapon Shop“, „The Weapon Makers“ und „Co-Operate – or Else“ – und verbindet Hard-SF mit Irrationalismen, die beiden Hauptfaktoren, die van Vogts SF-Karriere ausmachten.
1
Unschlüssigkeit brütete dunkel in den Gedanken des Mannes, als er durch den Kontrollraum des Sternenschiffes zu der Lagerstatt schritt, auf der die Frau so starr und still lag. Er beugte sich über sie und sagte mit seiner tiefen Stimme:
„Wir bremsen ab, Merla.“
Keine Antwort, keine Bewegung, keine Andeutung eines Bebens ihrer feinen, bleichen Wangen. Ihre zarten Nasenflügel bewegten sich kaum merklich mit jedem schwachen Atemzug. Das war alles.
Der Dreegh hob ihren Arm und ließ ihn los. Wie ein Stück totes Holz fiel er auf ihren Schoß zurück. Behutsam legte er seine Finger an ein Auge, zog das Lid hoch und blickte hinein. Es starrte zurück, ein umwölktes, sichtloses Blau. Er richtete sich auf. Als er dort, umfangen vom tiefen Schweigen des rasenden Schiffes, stand, schien er die fleischgewordene Verkörperung grimmiger, eiskalter Berechnung zu sein. „Wenn ich sie jetzt wiederbelebe, wird sie mehr Zeit haben, mich anzugreifen, und mehr Kraft. Wenn ich warte, wird sie schwächer sein.“
Langsam entspannte er sich. Ein Teil der Müdigkeit der unzähligen Jahre, die er und diese Frau zusammen in der dunklen Unendlichkeit des Weltraums verbracht hatten, kehrte zurück, um seine Logik in Fragmente zu zerschmettern. Mitleid berührte ihn, und er traf seine Entscheidung. Er bereitete eine Injektion vor und spritzte sie in ihren Arm ein. Seine grauen Augen leuchteten in stählernem Glanz, als er seine Lippen an das Ohr der Frau brachte. Mit schallender, resonanter Stimme sagte er: „Wir nähern uns einem Sternensystem. Dort wird es Blut geben, Merla! Und Leben!“
Die Frau bewegte sich. Kein Farbhauch überzog ihre Wangen, aber ihre Augen hellten sich auf und wurden aufmerksam. Mit verhärtender Feindseligkeit starrte sie fragend zu ihm empor.
„Ich schlief“, sagte sie. Ihr Blick konzentrierte sich auf ihn. „Es ist komisch, Jeel, daß du noch immer munter bist. Wenn ich vermutet hätte …“
Er war kalt und wachsam. „Vergiß es“, entgegnete er schroff. „Du hättest nur Energie verschwendet, wenn du wach geblieben wärst, und das weißt du auch. Aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Wir werden bald landen.“
Die flammenartige Spannung in ihr verging. Sie setzte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf, aber dann trat ein nachdenklicher Zug in ihr Antlitz, als sie sagte: „Ich bin daran interessiert, zu erfahren, welche Risiken wir eingehen. Dies ist kein galaktischer Planet, nicht wahr?“
„Hier draußen gibt es keine Galaxier. Aber es gibt einen Beobachter. Ich habe die geheimen Ultra-Signale seit zwei Stunden empfangen, die alle Schiffe vor einem Eintritt in das System warnen, da es für einen Kontakt mit galaktischen Planeten noch nicht bereit ist.“
Etwas von der teuflischen Freude, die seine Gedanken erfüllte, mußte in seiner Stimme zum Ausdruck gekommen sein. Die Frau starrte ihn an, und langsam weiteten sich ihre Augen. Sie flüsterte halb: „Du meinst …“
Er zuckte die Achseln. „Die Signale werden inzwischen ihre volle Intensität erreicht haben. Wir werden sehen, in welchem Entwicklungsstadium sich dieses System befindet. Aber du kannst bereits jetzt zu hoffen beginnen.“ Am Steuerpult betätigte er den Schalter, der den Kontrollraum verdunkelte, und stellte die Automatik ein. Ein Bild begann sich langsam auf einem Schirm an der gegenüberliegenden Wand zu formen.
Zuerst war da nur ein heller Lichtpunkt inmitten eines
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