Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
Sie werden in Anbetracht dessen, was die Dreeghs mit Ihnen gemacht haben, verstehen, daß es notwendig ist.“
Ihre Stimme war wieder hart und schroff. „Deshalb zurück zu meinen Räumen. Ich habe eine Luftschleuse dort, mit deren Hilfe ich mich Ihrer Leiche entledigen kann.“
Als er das Apartment betrat, rief ihn das Gezwitscher der Vögel aus seiner geistigen Depression zurück. Er schritt zu den breiten Glasflächen der Fenster und blickte lange auf die strahlende Pracht des sommerlichen Gartens hinaus. Wenigstens fünftausend Quadratmeter Grasfläche mit Blumen und Bäumen erstreckten sich vor ihm. Er sah einen weiten, tiefen Teich mit grünem Wasser. Überall flatterten zwitschernde und farbenprächtige Vögel, und über allem flammte der strahlende Schein der Sonne.
Es war der Sonnenschein, der Leighs Aufmerksamkeit am längsten auf sich zog. Schließlich glaubte er die Lösung gefunden zu haben. Er sagte mit gedämpfter Stimme, ohne sich umzuwenden: „Die Überdachung besteht aus Vergrößerungsglas. Sie macht die Sonne so groß, wie sie auf der Erde aussieht. Ist dies das …“
„Es wäre besser, wenn Sie sich umdrehen würden“, kam die feindselige Stimme aus dem Hintergrund des Raumes. „Ich schieße niemanden in den Rücken. Und ich möchte diese Angelegenheit endlich erledigen.“
Er wirbelte herum. „Sie verdammter kleiner Klugg! Sie können mich nicht in den Rücken schießen, eh? O nein! Und Sie können natürlich auch nicht gut auf mich schießen, wenn ich Sie angreife, denn das würde Ihnen die Sache zu einfach machen. Nein, es muß haargenau in Übereinstimmung mit Ihrem Gewissen geschehen!“
Er verhielt so abrupt seinen Schritt, daß er gestolpert wäre, wenn er sich rascher bewegt hätte. Er sah Patricia Ungarn figürlich, beinahe buchstäblich zum erstenmal seit seiner Ankunft auf dem Meteor.
Er sah sie zum erstenmal als weibliches Wesen.
Leigh holte tief Luft. In männlicher Kleidung war sie jugendhaft hübsch gewesen. Aber jetzt trug sie ein einfaches schneeweißes Sportkleid. Es war kaum mehr als eine Tunika und endete ein gutes Stück oberhalb ihrer Knie. Ihr Haar schimmerte in braun-goldenem Glanz und fiel auf die Schultern hinunter. Ihre bloßen Arme und Beine glänzten in einer gesunden Bräunung. Schneeweiße Sandalen umschlossen ihre Füße. Ihr Gesicht vermittelte den Eindruck außergewöhnlicher Schönheit. Und dann sah er zu seinem größten Erstaunen, daß ihre Wangen lebhaft erröteten.
Das Mädchen sagte: „Wagen Sie es nicht noch einmal, mich so zu nennen!“
Sie mußte vor innerer Wut völlig außer sich sein. Ihre Verärgerung bildete ein derart enormes Faktum, daß Leighs Atem stockte. Dann erkannte er die ungeheure Gelegenheit, die sich ihm hier bot.
„Klugg!“ sagte er verächtlich. „Klugg, Klugg, Klugg! Sie fangen jetzt also an, zu erkennen, daß die Dreeghs haargenau Ihre schwache Stelle getroffen haben, daß Ihr ganzes furchtloses Gebaren nur auf dem sehnlichen Wunsch Ihres Klugg-Geistes beruht, Ihr trostloses, einsames Leben mit Anmaßungen anzufüllen. Sie fühlten sich innerlich dazu getrieben, so zu tun, als ob Sie eine wichtige Persönlichkeit wären, und wußten doch während der ganzen Zeit, daß nur die zehntklassigen Leute zu diesen weitab liegenden Außenposten geschickt werden, Klugg, noch nicht einmal Lennel! Die Dreegh-Frau wollte Ihnen noch nicht einmal Lennel-Status zugestehen, was das auch immer sein mag. Und sie weiß Bescheid. Denn wenn Ihr IQ zweihundertdreiundvierzig ist, dann haben die Dreeghs einen Intelligenzquotienten von mindestens vierhundert. Das haben auch Sie feststellen müssen, nicht wahr?“
„Schweigen Sie!“ zischte Patricia Ungarn. Und Leigh bemerkte überrascht, daß sie unter ihrer braunen Tönung erbleicht war. Stärker als zuvor erkannte er, daß er nicht nur die psychologische Achillesferse dieser seltsamen jungen Frau getroffen hatte, sondern auch die tiefsten Wurzeln ihrer seelischen Existenz.
„So“, meinte er bedächtig, „Ihre hohe Moralität ist also im Abnehmen begriffen. Sie sind jetzt bereits so weit, daß Sie mich töten können, ohne mit der Wimper zu zucken. Wenn ich daran denke, daß ich hierherkam, um Sie zu fragen, ob Sie mich heiraten wollen – weil ich dachte, daß ein Klugg und ein menschliches Wesen vielleicht miteinander auskommen könnten!“
„Was wollten Sie?“ fragte das Mädchen. Dann lachte sie gezwungen. „Das also machten die Dreehgs zur Grundlage Ihrer hypnotischen Beeinflussung.
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