Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
hatte und wie ihm von dem Mädchen sein Leben geschenkt worden war.
Aus irgendeinem Grund war die ganze Szene mit dem Mädchen unbefriedigend gewesen für – Jeel; es klang phantastisch, aber sie sollte jetzt wiederholt werden.
Der Gedanke verging. Die ganze ungeheuerliche Realität des Geschehens wurde von einem ungemein viel größerem Faktum verdrängt: Irgend etwas war in seinem Kopf: Ein materielles Etwas. Auf eine seltsame, schreckliche, unerklärliche Weise kämpfte sein Geist instinktiv dagegen an. Das Resultat war unvorstellbare Verwirrung. Was es auch immer sein mochte, es ruhte im Innern seines Schädels, unberührt von den fieberhaften Anstrengungen seines Gehirns, kalt, überlegen, beobachtend.
Beobachtend.
Dem Irrsinn nahe, erkannte er, was es war. Ein anderer Geist! Leigh zuckte vor der Erkenntnis zurück wie vor vernichtendem Feuer. Er konzentrierte sein Gehirn bis zur Grenze des Möglichen. Für einen Moment war seine Anstrengung so groß, daß sich sein Gesicht qualvoll verzerrte. Und alles verschwamm vor seinen Augen.
Schließlich stand er völlig erschöpft, mit einem intensive Gefühl der Leere. Und der fremde Geist saß noch immer in seinem Kopf. Unberührt.
Was war mit ihm geschehen?
Bebend griff Leigh mit den Händen nach der Stirn. Dann betastete er seinen ganzen Kopf. Er hatte die vage Idee, daß er nur kräftig zu drücken brauchte, um den fremden Geist hinauszutreiben. Er riß die Hände herunter und stieß in Gedanken einen wilden Fluch aus. Er wiederholte sogar die Handlungen dieser Szene! Er wurde gewahr, daß ihn das Mädchen anstarrte. Er hörte sie sagen:
„Was ist mit Ihnen?“
Es war der gleiche Tonfall, genau die gleichen Worte, und sie brachten den Umschwung. Er lächelte verzerrt. Sein Geist entfernte sich von dem Abgrund, an dessen äußerstem Rand er geschwankt hatte. Er war wieder bei klarem Verstand.
Finster erkannte er, daß er noch immer weit davon entfernt war, normal zu sein. Bei klarem Verstand, ja, aber leer und kraftlos. Offensichtlich erinnerte sich das Mädchen nicht an die vorhergegangene Szene, sonst hätte sie nicht wie ein Papagei die gleichen Worte wiederholt. Aber auch dieser Gedanke verging. Es geschah etwas Seltsames. Der Geist in seinem Gehirn rührte sich und blickte durch seine Augen. Blickte schart und konzentriert.
Konzentriert.
Der Raum und das Mädchen in ihm veränderten sich, nicht physisch, sondern subjektiv. Er schien plötzlich alles von einem anderen Gesichtspunkt aus zu sehen. Die Einzelheiten brannten sich in sein Bewußtsein. Mobiliar und Gestaltung, die noch vor einem Moment als ein fließendes, künstlerisches Ganzes erschienen waren, zeigten Mängel und Fehler in Geschmack, Anordnung und Aussehen. Sein Blick glitt zum Garten hinaus und fand ihn weit unter dem Durchschnitt. Niemals in seinem ereignisreichen Leben hatte er eine Kritik von derart ungeheuren, vernichtenden Ausmaßen gesehen oder gespürt.
Nur war es keine Kritik. Tatsächlich. Der unbekannte Geist war völlig anders. Er sah die Dinge. Automatisch sah er einige der Möglichkeiten. Bei einem Vergleich damit zog die Realität den kürzeren. Er beurteilte nicht etwa alles von vornherein negativ. Die Unstimmigkeit war manchmal kaum merklich. Vögel, die aus einem Dutzend verschiedener Gründe nicht für ihre Umgebung geeignet waren. Büsche, die eine unendlich feine Dissonanz in dem ehemals herrlichen Garten bildeten.
Der Geist wandte sich blitzschnell wieder vom Garten ab und studierte jetzt zum erstenmal das Mädchen. Keine Frau auf der ganzen Erde war jemals so scharf und kritisch in Augenschein genommen worden. Die Struktur ihres Körpers und ihres Gesichtes, die Leigh so fein und stolz geformt, so prachtvoll und edel erschienen war, er fand sie jetzt zweitrangig und barbarisch.
Ein ausgezeichnetes Beispiel von niederstufiger Entwicklung in der Isolation.
So lautete der Gedanke; er war weder verächtlich noch abfällig, sondern einfach der Eindruck eines erschreckend treffsicheren Geistes, der auch die Hintergründe sah, die Realitäten hinter den Realitäten, tausend Fakten, wo nur ein Faktum sichtbar war.
Dem Gedanken folgten eine kristallklare Beurteilung der Psychologie des Mädchens und die objektive Bewunderung des Systems der isolierten Erziehung, das die KluggMädchen zu solch guten Rasse-Erhaltern machte; und dann …
Angriff!
Augenblicklich ausgeführt. Leigh tat drei rasche Schritte auf das Mädchen zu. Er sah, daß sie blitzschnell nach der Pistole in ihrer
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