Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
flatternder Stimme. „Ich werde Fräulein Emma und Herrn Scotty rufen.“
„Ich hole sie.“ Paradine steckte den Kopf durch die nächste Tür und brüllte: „Kinder! Kommt rein!“
Kleine Füße polterten die Stufen herunter. Scott stürmte ins Blickfeld, geschrubbt und glänzend, eine widerspenstige Haarsträhne zeigte steil nach oben. Emma folgte, sie stieg vorsichtig die Stufen hinab. In der Mitte der Treppe gab sie die Bemühung auf, aufrecht hinunterzugehen. Sie drehte sich herum und legte den Rest des Wegs wie ein Affe zurück. Ihr schmaler Rücken gab einen Eindruck davon, mit welcher Sorgfalt ihre Hände zu Werke gingen. Paradine beobachtete dieses Schauspiel fasziniert, bis er von seinem Sohn mit einem Stoß zurückgeworfen wurde.
„Hallo, Vati!“ schrie Scott.
Paradine konnte sich im letzten Moment halten und sah Scott würdevoll an: „Selber hallo. Hilf mir, zum Tisch zu gehen. Du hast mindestens eins meiner Hüftgelenke ausgerenkt.“
Aber Scott sauste schon ins nächste Zimmer, wo er auf Janes neue Schuhe trat, eine Entschuldigung hervorsprudelte, und dann zu seinem Platz am Eßtisch rannte. Paradine zog eine Augenbraue hoch, als er hinterherging, während Emmas Patschhändchen verzweifelt seinen Zeigefinger festhielten.
„Ich frage mich, was mit dem kleinen Teufel los ist.“
„Nichts Gutes, wahrscheinlich“, seufzte Jane. „Hallo, Liebling, zeig deine Ohren.“
„Sie sind sauber. Mickey hat sie abgeleckt.“
„Na ja, die Zunge dieses Airdale-Terriers ist weit sauberer als es deine Ohren sind“, dachte Jane laut, während sie die Ohren kurz prüfte. „Jedenfalls ist der Dreck nur oberflächlich, solange du hören kannst.“
„Fläschisch?“
„Nur ein bißchen, heißt das.“ Jane zog ihre Tochter zum Tisch und rückte ihre Beine auf einem hohen Stuhl zurecht. Erst seit kurzem genoß Emma den Vorzug, gemeinsam mit der übrigen Familie zu essen. Dadurch, so pflegte Paradine zu bemerken, wurde sie vom Stolz aufgefressen. Nur Babys spuckten ihr Essen aus, hatte man Emma erzählt. Als Folge davon bemühte sie sich mit so großer Gewissenhaftigkeit, ihren Löffel zum Mund zu führen, daß Paradine jedesmal kribbelig wurde, wenn er sie beobachtete.
„Ein Förderband wäre genau das richtige für Emma“, schlug er vor, während er einen Stuhl für Jane heranzog. „Kleine Eimer mit Spinat, die in regelmäßigen Abständen vor ihrem Gesicht landen.“
Das Abendessen ging ereignislos vonstatten, bis Paradine zufällig ein Blick auf Scotts Teller warf. „Hee, du. Krank? Beim Mittagessen zu vollgestopft?“
Scott untersuchte nachdenklich und sehr sorgfältig das Essen, das noch vor ihm stand. „Ich habe alles gegessen, was ich brauchte“, erklärte er.
„Gewöhnlich ißt du soviel du nur eben kannst, und sogar eine ganze Menge mehr“, sagte Paradine. „Ich weiß, daß heranwachsende Knaben täglich Tonnen von Essen brauchen, aber du liegst heute abend darunter. Fühlst du dich okay?“
„Mhmm. Ehrlich, ich habe alles, was ich brauche.“
„Auch alles, was du willst?“
„Sicher. Ich esse anders.“
„Haben sie dir das in der Schule beigebracht?“ wollte Jane wissen.
Scott schüttelte ernst den Kopf.
„Das hat mir niemand beigebracht. Ich habe es selbst rausgefunden. Ich benutze Spucke.“
„Versuch’s noch mal“, schlug Paradine vor. „Das war das falsche Wort.“
„Hm … S-Speichel, Mmm?“
„Mhmm. Mehr Säure? Ist im Speichel mehr Säure, Jane? Ich erinnere mich nicht.“
„In meinem ist Gift“, bemerkte Jane. „Rosalie hat wieder Klumpen im Kartoffelpüree gelassen.“
Aber Pardines Interesse war geweckt. „Du meinst, du holst alles aus deinem Essen heraus – nichts wird verschwendet – und ißt dann weniger?“
Scott dachte darüber nach. „Ich glaube schon. Es ist nicht nur Spu… Speichel. Irgendwie messe ich ab, wieviel ich auf einmal in den Munde nehme und womit ich es dann mischen muß. Weiß nicht. Ich tu’ es halt.“
„Hmmm“, sagte Paradine und machte sich eine Notiz, um es später genauer zu prüfen. „Eine ziemlich revolutionäre Idee.“ Kinder hatten oft verrückte Einfälle, aber dieser schien gar nicht so dumm zu sein. Er schürzte die Lippen. „Irgendwann, so nehme ich an, essen die Menschen ganz anders. Ich meine ihre Art zu essen, ebenso wie was. Was sie essen, meine ich. Jane, unser Sohn zeigt Anzeichen dafür, daß er ein Genie wird.“
„Was?“
„Ernährungswissenschaftlich hat er gerade eine gute Sache gebracht. Hast du dir das selbst
Weitere Kostenlose Bücher