Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
keine Veränderung. Und dann drohte die Welt unterzugehen. Es krachte ohrenbetäubend, und Cliffs Umgebung schien in einem rauchenden Chaos zu explodieren. Sein Baum wurde zur Seite gebogen, so daß er fast hinabstürzte, Schutt regnete herab. Der große Panzerwagen hatte einen Schuß abgefeuert, und der Reporter war überzeugt, daß Gnut getroffen worden war.
Cliff hielt sich an seinem Ast fest und starrte in die Rauchschleier. Als sich die Schwaden auflösten, nahm er eine Bewegung zwischen den Trümmern vor dem Tor wahr, und dann tauchte verschwommen, aber unverkennbar die große Gestalt Gnuts auf, der sich langsam erhob. Er wandte sich dem Panzerwagen zu, und plötzlich stürmte er zu der Senke. Das große Geschütz schwang in seine Richtung, aber der Roboter sprang blitzschnell in Deckung, und dann hatte er den Panzerwagen auch schon erreicht. Während die Soldaten das Weite suchten, zerschmetterte Gnut den Hinterlader mit einem einzigen Faustschlag, dann wandte er sich um und blickte zu Cliff hinüber.
Er ging auf ihn zu, und Sekunden später stand er unter dem Baum. Cliff kletterte höher hinauf. Gnut schlang die Arme um den Stamm, zerrte daran, und der entwurzelte Baum landete krachend auf dem Boden. Bevor Cliff fliehen konnte, hoben ihn die Metallhände hoch.
Cliff glaubte, daß seine letzte Stunde geschlagen hatte, aber in dieser Nacht sollte er noch viele seltsame Dinge erleben. Gnut tat ihm nichts zuleide. Er hielt ihn auf Armeslänge von sich ab, blickte ihn sekundenlang an, dann setzte er ihn auf seine Schultern, so daß ihm die Beine auf die Brust hingen. Er umklammerte einen Knöchel des Reporters, dann ging er ohne zu zögern den Weg hinab, der nach Westen führte.
Cliff saß hilflos auf den Metallschultern. Drüben auf dem Rasen sah er, wie die Geschützmündungen Gnut verfolgten – und ihn. Aber sie feuerten nicht. Gnut war vor den Waffen sicher, da er eine Geisel bei sich hatte – das hoffte Cliff wenigstens.
Der Roboter ging geradewegs auf das Tidebecken zu. Die meisten kleinen Panzerwagen folgten ihm in großem Abstand. In weiter Ferne sah Cliff eine dunkle Woge über den Rasen rollen. Die Menge hatte den Polizeikordon durchbrochen, rannte hinter Gnut her, und bald hörte der Roboter die erregten Stimmen. Die Leute kamen nur bis auf fünfzig Yards heran, dann blieben sie stehen, nur wenige wagten sich noch weiter vor.
Gnut beachtete sie ebensowenig wie die Last auf seinen Schultern. Cliff saß auf hartem Stahl, aber die Muskeln, die unter der grünen glänzenden Haut lagen, spielten bei jeder Bewegung, und diese metallische Muskulatur war für ihn ein unfaßbares Wunder.
Schnurgerade ging Gnut dahin, über Wege und Wiesen, zwischen dünnen Baumreihen hindurch, verfolgt vom Gebrüll der Menge. Über Cliffs Kopf dröhnten Hubschrauber, Flugzeuge schnellten umher, Polizeiautos mit entnervenden Sirenen fuhren hinter dem Roboter her. Vor ihm lag das stille Wasser des Tidebeckens, in dessen Mitte sich das einfache Marmorgrab des ermordeten Botschafters Klaatu erhob. Schwarz und kalt schimmerte es im Licht der vielen Scheinwerfer, die den Nachthimmel erhellten. War dies ein Rendezvous mit dem Tod?
Ohne zu zögern, schritt Gnut die Uferböschung hinab und stieg ins Wasser. Es reichte ihm bis zu den Knien, dann bis zur Taille, Bald hingen auch Cliffs Füße im Wasser. Geradewegs ging der Roboter durch die dunklen Fluten, auf Klaatus Grab zu.
Der schwarze Marmorwürfel ragte immer höher auf, je näher sie herankamen. Gnuts Körper tauchte aus dem Wasser, als er die pyramidenförmige Treppe hinaufstieg, dann blieb er auf der schmalen Plattform stehen, auf der das Grabmal stand.
Hell angestrahlt von den blendenden Scheinwerfern, schritt der Roboter einmal um den Grabstein herum, dann bückte er sich, spannte die Muskeln an und stemmte sich dagegen. Der Marmor knirschte, der Würfel brach auseinander.
Im Licht der kreisenden Scheinwerfer spiegelte sich ein transparenter Plastiksarg wider, mit dicken Wänden, versiegelt für Jahrhunderte.
Darin lag die sterbliche Hülle Klaatus, des Besuchers, der von einer großen unbekannten Welt stammte. Er lag da, als würde er schlafen, auf dem Gesicht jenen Ausdruck göttergleichen Adels, der einige Ignoranten veranlaßt hatte, ihn als Gott zu bezeichnen. Er trug noch die Robe, in der er angekommen war. Keine welken Blumen, keine Juwelen schmückten den Sarg, denn sie hätten nur banal gewirkt. Am Fußende des Sarges stand eine kleine versiegelte Kiste,
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