Science Fiction Anthologie Band 3 - Die Vierziger Jahre 1
auftauchen. Und danach … der Wahnsinn und … das Ende unseres Zyklus.“
Er machte ein nachdenkliches Gesicht. „Wir – ich meine, wir vom Observatorium – hatten noch eine Gnadenfrist von zwei Monaten. Aber diese Zeit reichte nicht mehr aus, die Bevölkerung von der drohenden Gefahr zu überzeugen. Vielleicht hätten nicht einmal zwei Jahrhunderte dazu ausgereicht. Aber eines haben wir geschafft: Alle unsere Aufzeichnungen und Daten befinden sich in dem Schutzbunker, und heute werden wir die Sonnenfinsternis fotografieren. Der nächste Zyklus wird sein neues Leben mit der Wahrheit über dieses Phänomen beginnen können, und wenn die nächste Sonnenfinsternis in zweitausendundneunundvierzig Jahren eintritt, wird die Menschheit wenigstens darauf vorbereitet sein. Denken Sie mal ein bißchen über dieses Thema nach. Auch das sollte zu Ihrer Geschichte gehören.“
Ein schwacher Windzug bewegte die Vorhänge, als Theremon das Fenster öffnete und sich hinauslehnte. Der kühle Wind spielte in seinen Haaren. Er starrte auf seine Hand, die in dem Licht einen rötlichen Ton annahm. Eine plötzliche Auflehnung durchschoß ihn. Er fuhr herum.
„Was soll denn so Schlimmes an Dunkelheit sein, daß sie ausgerechnet mich in den Wahnsinn treiben könnte!“
Sheerin lächelte. Er drehte die leere Flasche mechanisch zwischen den Handflächen. „Haben Sie je in Ihrem Leben Dunkelheit erlebt, junger Mann?“
Theremon lehnte sich an die Wand. Sein Gesicht wurde nachdenklich. „Nein. Eigentlich kann ich das nicht behaupten. Aber ich weiß doch, was es ist. Einfach … hm …“ Er machte ein paar vage Gesten mit den Händen. Plötzlich strahlte er über das ganze Gesicht. „Einfach nur, daß kein Licht da ist. Wie in einer Höhle.“
„Waren Sie schon einmal in einer Höhle?“
„In einer Höhle? Selbstverständlich nicht!“
„Das dachte ich mir. Ich habe es letzte Woche einmal selbst ausprobieren wollen – einfach nur, um einmal zu sehen, wie es ist … Aber Sie glauben gar nicht, wie schnell ich wieder draußen war! Ich ging so weit hinein, daß der Höhleneingang nur noch von ferne als schwacher Lichtschimmer zu erkennen war; ansonsten um mich herum alles pechschwarz. Ich hätte nie geglaubt, daß eine Person von meiner Leibesfülle so schnell rennen kann!“
Theremons Lippen kräuselten sich spöttisch. „Also, ich glaube, wenn ich da drin gewesen wäre, ich wäre bestimmt nicht rausgerannt.“
Der Psychologe musterte den jungen Mann mit ärgerlichem Stirnrunzeln. „Mensch, reißen Sie bloß nicht den Mund so weit auf! Ziehen Sie doch zum Spaß mal den Vorhang zu!“
Theremon blickte ihn überrascht an. „Wozu das denn? Wenn alle sechs Sonnen gleichzeitig scheinen würden, könnte ich das verstehen. Dann würden wir es uns angenehmer machen wollen und das Licht ein bißchen dämpfen. Aber so? Wir haben doch schon so zu wenig Licht!“
„Ganz recht. Nun ziehen Sie schon den Vorhang zu. kommen dann zurück zu mir und setzen sich neben mich!“
„Na schön.“ Theremon griff nach der Quaste an der Vorhangschnur und zog. Der rote Vorhangstoff glitt vor das große Fenster. Mit einem quietschenden Geräusch rutschten die Messingringe über die Vorhangstange, und im selben Moment senkte sich düsterroter Schatten über den Raum.
Theremons Schritte hallten durch die Stille, als er zum Tisch zurückging. Auf halbem Weg machte er plötzlich halt. „Ich kann Sie nicht sehen, Sir“, flüsterte er.
„Tasten Sie sich mit den Händen vor!“ befahl Sheerin mit angespannter Stimme.
„Aber ich kann Sie doch nicht sehen, Sir!“ Der Reporter atmete heftig. „Ich kann überhaupt nichts mehr sehen!“
„Haben Sie etwas anderes erwartet?“ kam die grimmige Antwort. „Kommen Sie schon hierher und setzen Sie sich!“
Wieder hörte man, wie die Schritte sich unsicher und langsam näherten. Ein Stuhl wurde zur Seite gerückt. Wie von fern ertönte Theremons zitternde Stimme. „D-da bin ich. Ich fühle mich … mpf … ganz gut.“
„Es gefällt Ihnen wohl, nicht?“
„N-nein. Es ist ziemlich unangenehm. Es ist, als ob die Wände …“ Er hielt inne. „Als ob die Wände sich um einen zusammenschlössen. Ich habe ständig das Gefühl, als müßte ich sie von mir wegdrücken. Aber verrückt werde ich bestimmt nicht davon. Wirklich! Das Gefühl ist jetzt schon nicht mehr so schlimm wie am Anfang.“
„Gut, ziehen Sie den Vorhang wieder auf.“
Man hörte wieder vorsichtige Schritte in der Dunkelheit, dann ein Rascheln, als
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