Science Fiction Jahrbuch 1983
„Hasturs Erbe“, „Der verbotene Turm“, „Die blutige Sonne“, „Die Zeit der Hundert Königreiche“ (alle Moewig).
„Schwert des Chaos“ ist eine Kurzgeschichte, die ebenfalls dem „Darkover“-Zyklus angehört.
Gedanken sind Dinge. Kein Gedanke, der den Äther bewegt, läßt auch nur ein Atom unbewegt, doch der Abdruck dieses Gedankens hinterläßt eine ewige Spur direkt auf dem Stoff des Universums. Was immer man sich mit aller Ernsthaftigkeit und von ganzem Herzen wünscht, prägt sich Zeit und Raum so stark ein, daß es unvermeidlich wahr werden muß. Und deshalb, meine Brüder, sollt ihr darauf achten, um was ihr bittet, denn es wird euch unausweichlich gegeben werden, und hiervon gibt es kein Entrinnen in Zeit oder in Ewigkeit.
Aus dem Buch der Bürden,
Kloster Nevarsin
Eine Vergewaltigung war immer etwas gewesen, das jemand anderem passierte.
Bisher.
Mhari weinte. Sie weinte schon seit langer Zeit, so lange sie sich erinnern konnte, schien es. Sie konnte sich an nicht viel auf der anderen Seite der Tränen erinnern; die Person, die sie vor vierzig Tagen vielleicht gewesen war, schien auf der anderen Seite eines tiefen Abgrunds existiert zu haben, jemand, der sicher, sorglos, glücklich war, jemand, von dem sie vor einer sehr langen, langen Zeit geträumt hatte.
Es kam ihr so vor, daß die Welten, in denen sie jetzt lebte, mit Schreien und Rufen und wütendem Klirren von Schwertern entstanden waren – und all dem Rest. Sie hatte ihren Vater sterben sehen … und zwei ihrer Brüder. Sie hatte nie erfahren, was mit ihrer Mutter geschehen war, und jetzt war sie darüber froh. Ihre Schwestern … der Klang ihrer Schreie erscholl noch immer in ihrem Kopf, jedesmal, wenn sie lange genug zu weinen aufhörte, um darüber nachzudenken, sich zu erinnern versuchten, was an jenem Tag geschehen war. Es mußte ein Dutzend Männer gewesen sein, vielleicht mehr. Sie war nicht sicher, was schlimmer gewesen war: sie schreien zu hören, oder zu versuchen, nicht daran zu denken, was geschehen war, nachdem das Schreien aufhörte. Dasselbe war mit den besten der Frauen ihrer Mutter geschehen und mit der Barragana ihres Vaters.
Mhari nahm an, daß sie Glück gehabt hatte. Der Banditenführer hatte sie für sich selbst gewollt. Deshalb war es nur ein Mann gewesen, und da er wollte, daß sie überlebte, hatte er nicht mehr Brutalität angewandt, als sie ertragen konnte. Schließlich war sie sein einziger Passagierschein zum legitimen Besitz an Sain Scarp; sie war die einzig lebende Delleray ihrer Sippe, und solange sie lebte und neben ihm auf seinem hohen Thron saß und in seinem Bett schlief, konnte er behaupten, die einzige Überlebende geheiratet zu haben, und von Erbschaft sprechen, nicht von Banditentum.
Jetzt kam ihr durch den aus vierzig Tagen des Nachdenkens über das Undenkbare und des Ertragens des Unerträglichen geborenen Abstand in den Sinn, daß das, was mit ihr geschehen war, möglicherweise nicht viel schlimmer war als das, was jeder aus politischen Gründen mit einem Fremden unfreiwillig verheirateten Frau geschah. Und sie verschloß sich diesem Gedanken, denn das war wirklich unerträglich – zu denken, daß der Vater des Vaters des Vaters der vielen, vielen Vorfahren ihres Vaters Sain Scarp durch ein ebensolches Vorgehen erhalten hatte. Während der ganzen Zeit der Hundert Königreiche waren Kronen und Burgen gewonnen und verloren worden, und wer wußte schon, wie oder durch welches Recht ein Herrscher auf den anderen gefolgt war?
Doch selbst für Tränen kam ein Ende, und Mhari, die einst stolz darauf gewesen war, sich Tochter von Lord Farren von Sain Scarp nennen zu können, setzte sich und warf ihre nassen Haare aus dem Gesicht
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