Science Fiction Jahrbuch 1983
Erzählung war er einverstanden, seine Einwände konzentrierten sich auf meine Interpretation, und für diese Kritik möchte ich nun Beispiele geben:
Bei mir wird der „falsche Ganjo“ „brutal gefoltert“, er schlägt „übel mitgespielt“ vor. Die „Geheimmission der Frauen“ nenne ich einen „Raubzug“, er zieht „Mission“ vor. Und von den Fremdwesen sage ich, daß ihnen „Gliedmaßen fehlen“ wogegen er betont, sie seien „auf ihre Art vollständig“, man könne nicht sagen, daß ihnen etwas fehle, weil der Vergleich mit einem Menschen unzulässig sei. Die Beispiele zeigen die Richtung seiner Kritik: Er verteidigt seinen Text, ein Wort aus der Gaunersprache ist ihm zu drastisch, er zieht den Begriff aus der Sprache der Diplomatie vor. Er ist sensibel für die verbale Abqualifizierung: So darf der „Weltraumimperialismus“ nicht behauptet werden, er muß in die Möglichkeitsform zurückgenommen werden. Denn aus dem Text, so sein Argument, kann dieser Begriff nicht belegt werden, nirgendwo ist von „Imperialismus“ die Rede. Es ist eine Wertung von außen, die er nicht teilt, wenn er auch verstehen kann, wie „jemand“ darauf verfällt.
Warum ich seinen Änderungswünschen nicht immer nachkommen wollte, zeigt das folgende Beispiel: Im Text heißt es: „Was erzählt wird, z.B. der Start eines Raumschiffs, ist nicht nur der Start eines Raumschiffs, dazu erfährt man auch viel zu wenig über den konkreten Ablauf, im Grunde wird diese Realität sogar ausgespart …“ Der Einwand dagegen: Es zeichnet die PR-Serie gerade aus, wie genau erklärt wird. In anderen SF-Texten oder Filmen erfährt man oft nichts oder weniger über Vorgänge wie den Start eines Raumschiffes. Außerdem wurde ein solcher Start ausführlich über Seiten an anderer Stelle dargestellt, aber das kann nicht laufend wiederholt werden, es starten schließlich öfter Raumschiffe, das kann nicht jedesmal ausführlich geschildert werden.
Ich denke, es geht um den alten Unterschied von „erzählen “ und „erklären“. Es stimmt: In der PR-Serie wird erklärt, der Leser weiß, wie das Raumschiff funktioniert, wie also ein Start technisch abläuft. Doch sinnlich vergegenwärtigt wird das Starten nicht, weder als Normalfall noch als etwas Außergewöhnliches, es wird nicht bildlich mit der Phantasie gearbeitet. Die Einzelheiten bleiben der Phantasie des Lesers überlassen.
Sicher ist im Rahmen der PR-Serie der Start eines Raumschiffs so alltäglich wie für uns das Losfahren im Auto. Deshalb muß es nicht im einzelnen beschrieben werden, doch der Punkt ist, wenn eine vertraute Alltagshandlung nur konstatiert wird, daß ich nichts Neues erfahre. Der Start, in diesem Beispiel, das jedoch typisch ist, wird ja nicht übergangen, er wird durchaus als wichtiges Ereignis dargeboten, das Auswirkungen auf den Handlungszusammenhang hat, aber der Vorgang selbst erscheint wertlos, er wird nicht ausgeführt, weil es nur auf die funktionelle Bedeutung ankommt, auf die Funktion im Rätselgeflecht. Meine Leseerwartungen, z.B. Beschreibungsadäquanz, werden enttäuscht, das Erzählgitter ist zu abstrakt, deshalb habe ich vermutlich auch nicht weitergelesen. Kurt S. dagegen hat an diesem geräumigen Gitter im Laufe der langen Lektüre seine Phantasien festgeknüpft. Und auch seine Arbeit, denn er ist der Philologe, der den Text kennt.
Interview
Interview mit Clark Darlton
Clark Darlton ist das Pseudonym des deutschen Schriftstellers Walter Ernsting, der heute in Irland lebt. Walter Ernsting, Verfasser von weit über 300 SF-Romanen, war Mitinitiator und einer der Chefautoren der „Perry Rhodan“-Serie, daneben aber auch eine zentrale Figur in der
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