Scream
ich die Sonne wieder spüre. Und im Hinblick auf das Verfahren habe ich das sonderbare Gefühl, dass Sie nicht mehr lange genug leben, um als Zeuge aussagen zu können. Dieser Verrückte hat Sie im Visier, nicht wahr?« Hamilton zwinkerte ihm zu.
In seinem Inneren konnte Jack Amanda hören, wie sie mit ihm zu sprechen versuchte. Diesmal gab er darauf Acht, und die Wut der vergangenen sieben Jahre stürzte wieder auf ihn ein; Jack wähnte sich zurück in seinem Schlafzimmer und durchlebte den Moment aufs Neue, da Miles Hamilton Amandas Kopf in den Nacken zerrte, Miles Hamilton, der Junge, der nur wenige Schritte von ihm entfernt war und sagte: Passen Sie auf, Jack. Schauen Sie genau hin, wie ich Ihre Welt zerstöre.
»Dazu wird es nicht kommen, Miles.«
»Sagen Sie mir, wie war es für Sie, als Charles Slavitt um sein Leben bettelte? Hat Ihnen das besser geschmeckt?«
Jack reagierte nicht.
Hamilton zog ein Heft unter dem Papierstoß hervor und hielt es aufgeschlagen ans Gitter.
»Erkennen Sie die Handschrift?«
Es war eine Kopie von Jacks Tagebuch.
»Wie ich sehe, haben Sie gelernt, aus sich herauszugehen.« Hamilton warf das Heft zurück auf den Tisch. »Sie sind krank. Wenn meine Anwälte mit Ihnen fertig sind, landen Sie hinter diesen Gittern. Dann werde ich Sie besuchen.«
Es war wie ein nächtlicher Anruf, der einem die schreckliche Gewissheit brachte, dass sich das eigene Leben von Grund auf verändern würde. Jack war missbraucht worden. Hamilton hatte die vierte Familie ins Spiel gebracht, um ihn zu ködern. Aber warum? Warum jetzt?
Eine Stimme, die der von Mike Abrams ähnlich war, forderte ihn auf zu gehen. Doch Jack konnte sich nicht rühren. Er stand wie angewurzelt da und sah sich von Hamilton mit derselben Arroganz betrachtet wie damals in seinem Schlafzimmer.
»Glauben Sie etwa, ich wüsste nicht, dass Alicia Claybrook und ihr Sohn ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurden?«, fragte Hamilton. »Und dass Sie sich als John Peters versteckt gehalten haben? Ich bin Ihnen seit all den Jahren auf der Spur, Detective.«
Jack spürte ein verzehrendes Brennen hinter den Augen. Seine Kehle war ausgetrocknet. Statt zu gehen, ließ er die Aktentasche fallen, trat ans Gitter und umklammerte zwei Stäbe in Hüfthöhe. Hamiltons Augen verströmten ein verstörendes Licht.
»Sie werden die Sonne nie mehr auf der Haut spüren, Miles.«
»Und Sie werden schon bald Ihrer Frau begegnen.«
Blitzschnell langte Jack mit der Rechten durchs Gitter und packte Hamilton beim Hosenbund. Hamilton reagierte stümperhaft; er fasste mit beiden Händen nach dem Handgelenk, das an ihm zerrte. Mit der Linken fuhr ihm Jack in den Nacken und presste sein Gesicht an die Gitterstäbe. Er ließ von dem Hosenbund ab, griff ihm an die Kehle und drückte zu.
Hamilton blutete aus beiden Nasenlöchern. Sein Gesicht wurde puterrot, die Augen tränten.
»Ein göttliches Gefühl, nicht wahr, Jack?«, würgte er hervor.
Jack hörte seine Worte nicht. Er schlug Hamiltons Kopf an die Stäbe, sah, wie ihm dessen Blut auf die Hände tropfte, und spürte seine Wärme. Hamilton war kräftig, konnte sich aber nicht bewegen. Jack hielt ihn mit all seiner Wut ans Gitter gepresst.
Hamilton schrie. Jack drückte fester. Er hätte ihm den Schädel zerquetschen können, mit Leichtigkeit.
Hamilton kicherte.
Tu’s doch.
»Wollen Sie wissen, wo Taylor jetzt ist?«, krächzte Hamilton.
Jack fühlte sich wie von eiskaltem Wasser überschüttet. Seine Wut verpuffte. Die Kraft, mit der er zudrückte, ließ nach.
Hamilton riss sich los und sprang zurück. Er wischte sich mit einer Hand übers Gesicht und schleuderte den blutigen Schmier auf Jacks Hemd.
»Der Sandmann hat sich für Taylor und ihre bezaubernde Nichte etwas ganz Besonderes ausgedacht.« Hamilton leckte sich die Lippen und spuckte aus. »Ich bin schon ganz gespannt auf die Fotos.«
Jack nahm seine Aktentasche und hämmerte mit der Faust an die Tür.
»Armer Jack Casey. Er verliert auch die zweite Chance seines Lebens.«
Jack trommelte unaufhörlich gegen die Tür, während der Pfleger draußen mit seinen Schlüsseln klimperte. Beeil dich, Mensch, schneller!
»Wie lange noch, Jack? Wie lange können Sie sich noch über Wasser halten?«
XLVI
Alan Lynch eilte durch die Congress Street auf den Lincoln zu, der hinter der nächsten Ecke auf ihn wartete. Die schwüle Luft in der Bostoner Innenstadt stank nach Abgasen und Müll.
Kenny, der Fahrer, sah Alan kommen und öffnete die
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