Scream
sie.
Beklommenheit machte sich in ihm breit. Er holte tief Luft, wischte sich ein letztes Mal über das Gesicht und nahm den Hörer ab.
»Sprechen Sie über eine geschützte Leitung?«, fragte Direktor Harrison Paris.
»Ja, Sie können reden.«
»Wann gedachten Sie, mich darüber zu informieren, dass wir es mit einem Patienten auf der Flucht zu tun haben?«
Alan war für ein Streitgespräch zu erschöpft. Es hatte auch keinen Sinn, Paris zu fragen, aus welcher Quelle er das hatte oder wie viel er wusste. Also stand er ihm Rede und Antwort.
»Gardners Büro sollte als letztes durchsucht werden«, erklärte Alan abschließend. »Ich warte auf Munns Anruf.
Sobald wir alle Informationen zusammengetragen haben, erhalten Sie einen ausführlichen Bericht.«
»Munn wird Sie nicht anrufen, Alan. Er ist vor zwei Stunden auf dem OP-Tisch gestorben.«
Alan sagte lange nichts. Er saß da, den Hörer ans Ohr geklemmt, und starrte auf den Bildschirm. »Was ist passiert?«
»Er wollte gerade wegfahren, als die Bomben hochgingen.«
»Und DeWitt?«
»Vermutlich unter den Trümmern begraben. Alan, Munn hat eine der Bomben gesehen und eine Botschaft auf seinem Anrufbeantworter hinterlassen. Wörtlich: (Die Bombe war ein Laptop in der Deckenverkleidung, verbunden mit dem hauseigenen Sicherheitssystem und aktiviert über Gardners Zugangscode. C4 an einer Zeitschaltuhr in Gardners Büro.) Gleich darauf ist die erste Explosion zu hören.«
Alan richtete sich in seinem Sessel auf und holte Luft. Er hatte Munn nur zwei Codes genannt, den Universalcode, über den er ins Haus gelangen konnte, und Gardners privaten Zugangscode. Auch der Universalcode hätte ihm die Tür zu seinem Büro geöffnet. Warum hast du Gardners Code verwendet, Henry?
Den kannten nur der Doktor und das FBI. Gardner hatte während jener letzten drei Tage wahrscheinlich Angst um sein Leben gehabt und deshalb seinen Code diesem Patienten verraten, der daraufhin eine Bombe baute, die über diesen Code gezündet wurde. Eine perfekte Methode, um das FBI nach Gardners »Verschwinden« auf ihn, den Patienten, aufmerksam zu machen. Der verheerende Bombenanschlag garantierte ihm zudem weltweite Medienaufmerksamkeit. Zurzeit saß der Hurensohn wahrscheinlich vorm Fernseher und plante seine nächsten Aktionen. Und was hatte er vor? Natürlich das Programm offenlegen. Alan massierte sich die Schläfen und schluckte. Sein Hals war ausgetrocknet und wie zugeschnürt.
»Die Medien gehen von einem terroristischen Anschlag aus. Darin werden wir sie einstweilen bestätigen«, verkündete Paris. »Unser Büro in San Diego erhält laufend Anrufe von Terrornetzwerken, die behaupten, verantwortlich zu sein. Wir sind dabei, eine Reihe von Behörden zu evakuieren, und lenken den Verdacht auf eine Untergrundorganisation im Mittleren Westen.«
»Wer von uns ermittelt am Tatort?«
»Mark Graysmith von der Sprengstoffabteilung. Er war auch schon in Lockerbie und Oklahoma im Einsatz. Inzwischen hat er bereits herausgefunden, wo sich der Täter zurzeit aufhält.«
Alan sprang von seinem Sessel auf, die Augen auf den Fernseher geheftet. »Wo?«
»An der Ostküste, in Marblehead, Massachusetts. Es gab dort zwei Bombenanschläge. Auf private Wohnhäuser.«
»Wie ist Graysmith dahintergekommen –«
»Die zweite Bombe ist nicht hochgegangen. Der zuständige Detective hat Graysmith eingeschaltet, der die Sprengstoffe identifizieren konnte. Die Bomben in La Jolla enthielten genau dieselben Taggants. Wir konferieren morgen Vormittag über SIOC. Schalten Sie sich um Punkt elf dazu. Sind Sie religiös, Alan?«
»Zur Not.«
»Dann legen Sie bei unserem himmlischen Vater ein gutes Wort für uns ein. Wir brauchen ein Wunder.«
X XI
Mike Abramssaß in Jacks kleinem Garten unter einem Baum. Am Rand seines Blickfelds sah er Jack auf dem Rasen hin und her laufen. In der Ferne dröhnte ein Rasenmäher.
Es wäre das Beste, dachte Mike, wenn sich Jack öffnete, doch er wusste, dass sein Freund dazu nicht bereit wäre, auch dann nicht, wenn er sich beruhigt haben würde. Jack verabscheute es, sein Innerstes nach außen zu kehren. Seine wahren Gedanken und Gefühle blieben hinter einem Schutzwall verborgen, und wenn er etwas über sich sagte, waren seine Worte sorgfältig gewählt. Die einzige Person, der er tiefere Einblicke gestattet hatte, war seine Frau Amanda gewesen.
Dermaßen verschwiegen zu sein kam, wie Mike fand, einem Betrug an sich selbst gleich, denn man verzichtete auf einen
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