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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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selbst, hilflos wanderten seine Blicke umher. Da entdeckte er ein Stückchen Papier, das unter einem
     kleinen Haufen mit Essen und Campingzubehör steckte, das sie ihm dagelassen hatten.
    Er hob es auf und erkannte ihre Handschrift.
    Sean,
    die Menschen verdienen die Wahrheit.
Ich hoffe, du kannst das verstehen –
und mir verzeihen   …
Ich schicke so bald wie möglich Hilfe.
    T.

KAPITEL 70
    Reilly erwachte benommen. Er fühlte sich tief gekränkt und durcheinander. Noch immer konnte er nicht glauben, dass Tess tatsächlich
     mit Vance verschwunden war. Ihre Dreistigkeit war verletzend, und doch machte er sich schon wieder Sorgen um sie. Auch musste
     er sich eingestehen, dass sein Stolz einen schweren Schlag erlitten hatte.
    Reilly setzte sich auf. Das Vogelgezwitscher und das blendend helle Morgenlicht drangen gewaltsam auf ihn ein. Er hatte lange
     nicht einschlafen können, bis ihn schließlich spät in der Nacht die Erschöpfung überkam. Blinzelnd sah er auf die Uhr. Er
     hatte keine vier Stunden geschlafen.
    Egal, er musste los.
    Er trank aus dem Bach und genoss die kühle Frische des Quellwassers. Sein Magen erinnerte ihn daran, dass er seit fast vierundzwanzig
     Stunden nichts mehr gegessen hatte, und er nahm rasch etwas Brot und eine Orange zu sich. Daran hatten sie immerhin gedacht.
     Er spürte, wie sein Körper allmählich zum Leben erwachte und sein Kopf klarer wurde. Damit kamen auch die Erinnerungen zurück
     und weckten aufs Neue seine Wut.
    Er betrachtete die umliegende Landschaft. Kein Windhauch, bis auf das leiser werdende Vogelgezwitscher war es totenstill.
     Er beschloss, zum Staudamm zurückzukehren,um von Okans Büro aus im Federal Plaza anzurufen – worauf er sich alles andere als freute.
    Er war gerade losgegangen, als er weit entfernt ein Geräusch hörte. Einen Motor. Sein Herz setzte aus. Vielleicht war es der
     Pick-up. Dann erkannte er das tiefe Knattern eines Hubschraubers, das von den Bergen widerhallte und zunehmend lauter wurde.
    Es war ein Bell UH–1Y, die jüngere Version des berühmten Arbeitspferdes, das in diversen Kriegen gedient hatte. Er strich
     über die Bäume auf dem gegenüberliegenden Kamm, legte sich unvermittelt schräg und flog genau auf ihn zu. Reilly wusste, sie
     hatten ihn entdeckt. Er spannte die Muskeln an und überlegte rasch, wer an Bord sein könnte: Entweder hatte Tess ihr Versprechen
     gehalten und die Behörden verständigt, oder aber die Schützen vom See hatten ihn aufgespürt. Wahrscheinlich Letzteres. Er
     sah sich schnell nach strategisch günstigsten Punkten um, ging dann aber doch nicht in Deckung. Die anderen waren bewaffnet,
     außerdem besaß er nicht, was sie suchten. Vor allem aber war er müde und zornig. Ihm war einfach nicht nach Weglaufen zumute.
    Der Hubschrauber kreiste über ihm, und er erkannte die kreisförmige rot-weiße Markierung am Heck. Türkische Luftwaffe. Er
     entspannte sich ein wenig. Der Hubschrauber senkte sich auf die Lichtung, eine dichte Wolke aus Sand und Zweigen aufwirbelnd.
     Reilly bedeckte die Augen und ging zögerlich darauf zu. Die Tür glitt auf, und durch die Staubwolke kam eine kleine Gestalt
     mit flinken Schritten auf ihn zu. Ein Mann mit khakifarbener Cargohose, dunkler Windjacke und Sportsonnenbrille. Reilly erkannte
     De Angelis erst, als er beinahe vor ihm stand.
    «Was machen Sie denn hier?» Seine Augen zuckten zwischenHubschrauber und De Angelis hin und her. Ein letzter Windstoß der langsamer werdenden Rotorblätter bauschte die Windjacke
     des Monsignore, und Reilly erspähte das Holster mit der Glock darunter. Verblüfft ließ er seinen Blick schweifen und entdeckte
     einen Mann im Hubschrauber, der ein Scharfschützengewehr zwischen den Füßen liegen hatte und sich mit der Gelassenheit eines
     Fremdenführers eine Zigarette anzündete. Ihm gegenüber saßen zwei Männer in türkischer Militäruniform.
    Er musterte den Monsignore, ohne sich über seine Gefühle klar zu sein, und deutete auf den Hubschrauber. «Was soll das?»
    De Angelis nahm die Brille ab, und seine Augen sahen jetzt ganz anders aus. Keine Spur mehr von der bescheidenen Freundlichkeit,
     die der Priester in New York ausgestrahlt hatte. Er verströmte jetzt eine Bedrohlichkeit, die die schmutzige Brille damals
     wohl geschickt verborgen hatte.
    «Beruhigen Sie sich.»
    «Beruhigen?», platzte Reilly heraus. «Ich kann es nicht glauben. Sie haben uns beinahe umgebracht. Wer zum Teufel sind Sie?
     Wie kommen Sie dazu, mit

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