Scriptum
dann ihrer getrennten Wege
gegangen. Seine Aufgabe war es gewesen, die Requisiten in einem Lieferwagen zu verstauen, den er in einer Mietgarage unterstellte,
zwei Straßenblocks von seiner Wohnung entfernt. Die Miete für die Garage war für ein Jahr im Voraus bezahlt, und bis dahin
würde er sich dort nicht blicken lassen.
Er verließ die Wohnung und hastete zur Haustür hinunter, wo er sich zunächst gründlich vergewisserte, dass draußen auf der
Straße die Luft rein war. Dann erst trat er in die anbrechende Dämmerung hinaus und marschierte zielstrebig zur nächsten U-Bahn -Station.
Wenig später schlich Mitch vorsichtig durch die schmale Seitenstraße hinter dem heruntergekommenen siebenstöckigen Mietshaus
in Astoria, in dem er wohnte. Inzwischen hatte Regen eingesetzt. Unter dem Arm trug er eine Papiertüte mit einem Sixpack Bier
und einer Stange Zigaretten für seinen Vater. Er war völlig durchnässt. Eigentlich hatte er vorgehabt, vorläufig einen Bogen
um seine Bude zu machen. Jetzt aber würde er das Risiko eingehen, um einige seiner Sachen zu holen. Die würde er brauchen,
wenn er aus der Stadt verschwand.
Vorsichtshalber wartete er ein paar Minuten. Erst dann griff er hoch und zog an dem ausbalancierten Träger der Feuerleiter,
den er immer gewissenhaft ölte, nur für alle Fälle. Das zahlte sich jetzt aus, lautlos glitt die Leiter nach unten. Hastig,
immer wieder nervöse Blicke nach unten werfend, kletterte Mitch hoch. Vor seinem Schlafzimmerfenster stellte er die Papiertüte
auf einer Leitersprosse ab, schob einen Finger in den Spalt zwischen Feuerleiter und Mauer und zog den Metallhaken heraus,
den er stets dort aufbewahrte. Im Nu hatte er das verriegelte Fenster geöffnet und stieg ins Innere.
Ohne Licht zu machen, tastete er sich im Dunkeln durch das vertraute Zimmer. Er klappte den Wandschrank auf, zog einen alten
Seesack aus dem obersten Fach und tastete ganz hinten in dem Fach herum, bis er vier Schachteln Munition zum Vorschein brachte,
die er in dem Sack verstaute. Danach ging er ins Bad, wo er einen Nylonbeutel aus dem Spülkasten holte, der ein größeres,
wasserdicht verpacktes Päckchen enthielt. Er wickelte es aus und holte die Kimber Kaliber .45 und die kleine 9 mm-Bersa heraus. Nach kurzer Überprüfung der Waffen lud er die Bersa, schob sie sich in den Hosenbund undsteckte die Kimber zu der Munition in die Tasche. Dann suchte er rasch etwas Kleidung zusammen und nahm noch ein Paar schwerer
Stiefel mit, die er am liebsten trug. Das reichte fürs Erste.
Er stieg wieder aus dem Schlafzimmerfenster, schloss es sorgfältig, warf sich den Seesack über die Schulter und griff nach
unten, nach der Papiertüte.
Sie war nicht mehr dort.
Nach einer Schrecksekunde zog Mitch vorsichtig seine Pistole. Er spähte nach unten, aber auf der Straße war alles ruhig. Nicht
mal Katzen waren bei so einem Mistwetter unterwegs, und die Ratten konnte er aus dieser Höhe nicht sehen.
Wer hatte die Tüte weggenommen? Kinder? Bestimmt. Einer, der hinter ihm her war, würde wohl kaum seine Zeit mit einem Sixpack
Bier und einer Stange Kippen vertrödeln. Aber er wollte es lieber nicht darauf ankommen lassen. Er würde hochklettern aufs
Dach, von dort mit einem Sprung auf das Nachbargebäude wechseln und schließlich hundert Meter weiter weg auf die Straße hinabklettern.
Das hatte er schon öfter gemacht, allerdings noch nie bei Regen, wenn die Dächer nass waren.
Langsam und so lautlos wie möglich kletterte er die Leiter hoch, bis er das Dach erreicht hatte. Als er sich um das Gehäuse
eines Belüftungsschachts herumzwängte, glitt er mit dem Fuß auf einem Metallrohr aus, das mit einem Dutzend weiterer Gerüstbauteile
achtlos dort liegen gelassen worden war. Er segelte in hohem Bogen hin und landete mit dem Gesicht mitten in einer Pfütze.
Hastig rappelte er sich auf und rannte quer übers Dach zu der hüfthohen Brüstung. Als er gerade ein Bein hinaufschwang, spürte
er auf einmal einenheftigen Schmerz. Jemand hatte ihm von hinten einen Tritt in die Kniekehle verpasst. Sein Bein knickte ein.
Er zog seine Pistole, aber der Unbekannte kam ihm zuvor, packte seinen Arm und verdrehte ihn so heftig, dass ihm die Waffe
aus der Hand fiel und das abschüssige Dach hinabpolterte. Mitch nahm alle Kraft zusammen; es gelang ihm, sich von dem Mann
loszureißen. Ein kurzes Hochgefühl durchströmte ihn, das aber nicht von langer Dauer war, denn gleich
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