Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
Vom Netzwerk:
darauf geriet er aus
     dem Gleichgewicht, taumelte und kippte über die Brüstung.
    Wie durch ein Wunder schaffte er es, sich mit beiden Händen am rauen Steinsims der Brüstung festzuklammern. Gleich darauf
     packte ihn der unbekannte Angreifer an den Armen, knapp überm Handgelenk, und bewahrte ihn so vor dem sicheren Sturz in den
     Tod. Mitch starrte nach oben, direkt in das Gesicht des Mannes, aber es war niemand, den er kannte.
    Egal, was der Kerl von ihm wollte, er sollte es haben.
    «Ziehen Sie mich hoch», ächzte Mitch mühsam. «Ziehen Sie mich hoch!»
    Der Mann kam seiner Bitte nach und zog ihn langsam hoch, bis er in Sicherheit war und bäuchlings quer über der Brüstung hing.
     Er spürte, wie der Mann einen seiner Arme losließ, und sah dann etwas aufblitzen. Mitch dachte erst, es wäre ein Messer, aber
     dann erkannte er, was es war: eine Spritze.
    Was zum Teufel –? Bevor Mitch auch nur den Versuch unternehmen konnte, sich loszumachen, spürte er auch schon einen jähen,
     stechenden Schmerz in den straff gespannten Muskeln, die sich von seinen Schultern zum Schädel hochzogen.
    Der Mann hatte ihm die Nadel der Spritze in den Hals gerammt.

KAPITEL 31
    In seinem Hotelzimmer studierte De Angelis das von der Überwachungskamera im Museum aufgenommene Bild. Dabei ließ er versonnen
     die goldene, mit Diamanten und Rubinen besetzte Statuette eines sich aufbäumenden Pferds durch die Finger gleiten.
    Ein ausgesprochen geschmackloses Stück, wie er persönlich fand. Bei der Figur handelte es sich um ein Geschenk der russisch-orthodoxen
     Kirche an den Heiligen Vater, überreicht anlässlich einer päpstlichen Audienz Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Sie war ungeheuer
     wertvoll, das wusste er. Geschmacklos und hässlich, aber ungeheuer wertvoll.
    Er betrachtete das Bild genauer. Agent Reilly hatte es ihm bei ihrem ersten Treffen ausgehändigt, als er ihn auch auf die
     Bedeutung des Rotorchiffrierers angesprochen hatte. Nach wie vor bekam er bei dem Anblick Herzklopfen. Selbst dieser grobkörnige
     Abzug löste in ihm die gleiche helle Aufregung aus, die er schon beim ersten Mal empfunden hatte, als man ihm im Federal Plaza
     die Aufnahmen der Überwachungskamera vorgeführt hatte.
    Ritter in schimmernder Rüstung, die ein Museum in Manhattan ausplünderten, und das im einundzwanzigsten Jahrhundert. So viel
     Tollkühnheit, das musste er zugeben, war wirklich bemerkenswert.
    Das Bild zeigte den vierten Reiter, den, der die Chiffriermaschine emporhielt. De Angelis starrte auf den Helm des Mannes,
     als könnte er so irgendwie die Gedanken des Reiters erraten. Der Ritter war in Dreiviertelansicht zu sehen, aufgenommen von
     links hinten. Überall zertrümmerte Ausstellungsvitrinen. Und hinter einer Vitrine in der oberen linken Bildecke lugte das
     Gesicht einer Frau hervor.
    Eine Archäologin, die gehört hatte, wie der vierte Reiter etwas auf Lateinisch sagte. Sie musste es aus nächster Nähe gehört
     haben, und als er nun auf das Bild starrte, wusste er, dass sie es war.
    Er konzentrierte sich auf ihr Gesicht: voller Angst, schreckensstarr. Maßlos entsetzt.
    Sie war es, ganz sicher.
    Er legte das Bild und die Pferdefigur auf seinem Bett ab und nahm stattdessen den Kettenanhänger in die Hand. In Silber gefasste
     Smaragde, ein Geschenk des Nizam von Haiderabad. Kostbar genug als Lösegeld für einen Fürsten; tatsächlich hatte das Schmuckstück
     einmal zu genau diesem Zweck gedient. Während De Angelis es zwischen den Fingern drehte, grübelte er mit düsterer Miene. Er
     befand sich in einer Sackgasse.
    Der Mann, dem er nachjagte, hatte seine Spuren sorgfältig verwischt – wie er es von so jemandem nicht anders erwartet hatte.
     Seine Handlanger, allesamt erbärmliche kleine Ganoven, hatte De Angelis mit Leichtigkeit ausfindig gemacht, befragt und anschließend
     beseitigt, nachdem sie sich als völlig nutzlos erwiesen hatten.
    Dem Anführer selbst war er damit keinen Schritt näher gekommen.
    Er brauchte eine frische Fährte. Einen göttlichen Fingerzeig gewissermaßen.
    Und nun dies. Ein Ärgernis.
    Eine Ablenkung.
    Er betrachtete noch einmal ihr Gesicht. Dann griff er zum Handy und drückte eine Speichertaste. Nach dem zweiten Rufzeichen
     meldete sich eine heisere Stimme.
    «Wer ist da?»
    «Wie vielen Leuten haben Sie diese Nummer denn gegeben?», versetzte der Monsignore unwirsch.
    Der Mann stieß hörbar die Luft aus. «Freut mich, von Ihnen zu hören, Sir.»
    De Angelis wusste, dass der

Weitere Kostenlose Bücher