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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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Verfügbarmachung dieses Mittels mußte man wirklich Kinder wollen, bevor man bereit war, die altmodische Alternative zu wählen, jenes unklare Empfinden halbwegs zwischen einem Gähnen und einem Niesen.
    Die Leute hatten lange schon einen Vorwand gesucht, und jetzt hatten sie ihn. Die konventionelle Empfängnisverhütung war niemals ganz zufriedenstellend gewesen: von berüchtigter Unzuverlässigkeit, war sie entweder mechanisch störend oder eine physiologische Belastung. GH-International hingegen bot totale Sicherheit plus Gefühlsverstärkung jenseits aller überkommenen Vorstellungen … Ein Nebeneffekt des Erfolgs von CH-International war dabei die Wiederherstellung der Elternschaft als ehrenhafter Zustand. Sie demonstrierte nun die bewußte Akzeptanz der Verantwortung, den bewußten Wunsch nach Kontinuität. Und die bewußte Ablehnung einer lustbetonten Lebensweise.
    In Anerkennung dieser Haltung wurde der Huppeltag eingeführt, der Tag, an dem Kinder in aller Welt ihren Dank ausdrückten, daß sie bewußt gezeugt worden waren.
    Die Bevölkerungszahlen gingen zurück. Zuerst im wohlhabenden Westen, nicht lange danach aber in weltweitem Maßstab. Denn die frühen Huppelgeräte waren einfach, erforderten keine körperliche Manipulationen und verstießen kaum gegen religiöse Überzeugungen. Überdies verteilte die Weltgesundheitsorganisation im ersten Jahrzehnt einhundert Millionen Geräte gratis. So daß jeder, ob schwarz oder weiß, braun oder gelb, Moslem, Hindu, Christ, dialektischer Materialist, Rosenkreuzer, Jude und Buddhist, von Aachen bis zum Zululand mit einer beinahe unwiderstehlichen Alternative zur herkömmlichen Fortpflanzung versehen war. Die katholische Kirche hielt am längsten aus und leistete manchenorts noch immer Widerstand. Aber es gab eine Kettenreaktion: schrumpfende Bevölkerungen führten zu wachsendem Wohlstand, und wenn auch dem einfachsten Bauern ein Huppelgerät und die gesetzlich garantierte Aussicht auf eine Rente im Alter von sechzig Jahren geboten wurde, nahm er es an und gebrauchte es. Das Ding war handlich, narrensicher, klimafest, beinahe unzerstörbar, und wurde durch Körperelektrizität automatisch aufgeladen. Sein Gebrauch sollte auch die alte Streitfrage beantworten, ob es einen dem Menschen innewohnenden Drang zur Fortpflanzung gebe: der Drang, so schien nun erwiesen, war tatsächlich ganz und gar fleischlich. Andere Dränge, hauptsächlich sozialer Natur, existierten unleugbar, aber der Wandel der Zeiten und Anschauungen veränderte auch sie.
    Überall änderten sich die Zeiten. Bei rasch sinkender Bevölkerungszahl war die Automation keine Drohung mehr. Eine zentrale Industrieverwaltung steuerte und überwachte die Produktion der mehr und mehr selbsttätig arbeitenden Fabriken. Sie erzeugten, was benötigt wurde, und erzeugten nicht, was überflüssig war. Es gab Muße, und den Raum, sich ihrer zu erfreuen. Wirtschaftswachstum war unnötig. Die Bevölkerungen stabilisierten sich. Die Menschen hatten die Wahl, und es war nicht überraschend, daß genug von ihnen sich für Kinder entschieden. Während die übrigen ihr Leben nach eigenem Gutdünken gestalteten. Wer Gleichheit wollte, konnte sie haben. Und Conrad Huppel wurde zum Retter der Zivilisation erklärt.
    Er lebte noch, inzwischen vierundachtzigjährig, in einem aus zwei Räumen bestehenden abgelegenen Häuschen auf den Hebriden, dreißig Kilometer vor der schottischen Küste. Besucher waren nicht erwünscht, und von den wenigen, denen es gelang, über den mit Selbstschußanlagen verminten Stand und an den Wachhunden des kauzigen Millionärs vorbeizukommen, sagten manche, er sei verrückt wie ein Eichelhäher. Andere meinten jedoch, er habe auf sie einen außerordentlich glücklichen Eindruck gemacht.
    Dies war die Gesellschaft, in der Pete Laznett aufgewachsen war: friedlich, krisenfrei, in universaler Auskömmlichkeit lebend. In den vergangenen dreißig Jahren hatte sich wenig geändert, außer zum Besseren. Die myoelektrischen Komponenten des Huppelgeräts waren jetzt miniaturisiert und wurden den Erdenbürgern beiderlei Geschlechts nach Vollendung des zehnten Lebensjahres eingepflanzt. Ein kleiner drahtloser Aktivator oder ›Sender‹, der auf das Implantat eingestellt war und eine Reichweite von zwei Metern hatte, war ästhetischer als das frühere integrierte Gerät, das körperlichen Kontakt benötigt hatte. Den Laznett-Eltern hatte die Idee des Implantats nicht gefallen, aber es war wie mit dem roten

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