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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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»Morgen, Pete Laznett.«
    »Morgen, Alice Shakewell.« Abschätzend. Er ging weiter.
    »Im Topf ist genug für zwei, Pete Laznett.«
    Er wandte sich um. Sie hob eine Tasse und zeigte sie ihm. »Ich bringe immer eine mehr heraus. Leute kommen vorbei.«
    Er zögerte, warf einen Blick die Straße hinunter zum Strand. »Ich …«
    »Das ist schon in Ordnung. Sie wird noch mindestens eine halbe Stunde ausbleiben.«
    »Danke.« Sie wußte viel, diese Alice. Er stieg die Stufen zu ihr hinauf. »Sie sind eine Frühaufsteherin.«
    »Ich mag die Kühle. Später wird es so heiß.«
    Sie schenkte Kaffee ein und reichte ihm die Tasse. Er setzte sich. »Ihre Tochter ist etwas Besonderes«, sagte er.
    »Ja. Ich weiß es. Ein Jammer, daß wir nicht miteinander auskommen.«
    »Tut mir leid, das zu hören.«
    »Dann hat sie es Ihnen nicht erzählt? Nein. Nein, ich nehme an, ihr hattet Besseres zu besprechen.«
    Auch sie, auf der Terrasse, an diesem strahlenden Morgen, hatten Besseres zu besprechen. »Ihr Haus gefällt mir sehr, Alice.«
    »Mir auch. Und ich habe meine Arbeit. Ich kann von Glück sagen.«
    Es war ihr Ernst. Unter ihnen kam ein Waschbär aus den Büschen, schnüffelte herum, überquerte trippelnd die Straße. Pete trank den Kaffee. »Sie wollten mir etwas sagen?«
    »Eigentlich nicht. Ich wollte Sie bloß ein bißchen besser kennenlernen.«
    Ein rotes Licht leuchtete auf. »Ich bin nur zu Besuch hier.«
    »Das ist keine Disqualifikation. Sie sind trotzdem jemand.«
    »Ich meinte …«
    »Ich weiß, was Sie meinten. Und glauben Sie mir, ich bin keine Kupplerin. Sie sind nur auf Besuch hier. Wie alle anderen.«
    »Das klingt bitter.«
    »Oberhaupt nicht. Besuche sind etwas Schönes.«
    Sie wich aus. Auch gut, dachte er. »Darf ich Sie etwas fragen?«
    »Das haben Sie gerade.« Sie lächelte ihn über ihre Tasse hinweg an. »Auf eine dumme Frage gehört eine dumme Antwort.«
    Er ließ sich nicht beirren. »Warum schickten Sie Grace nach Frankreich?«
    »Gab ihr eine Karriere, nicht wahr?«
    »Aber warum Frankreich? War ihr Vater Franzose?«
    »Ich verstehe. Ein weiter Umweg, aber schließlich sind Sie ans Ziel gekommen. Grace hatte keinen Vater.«
    »Sie muß einen …«
    »Nicht in der Weise, wie Sie meinen. Ich bekam sie durch künstliche Befruchtung. Anonymer Spender.«
    Er glaubte es nicht. Er erinnerte sich daran, was Grace ihm von diesem primitiven Macho-Typ erzählt hatte, der Söhne gewollt hatte. »Aber was ist mit ihrem Namen? Wo haben Sie …?«
    »Er stand auf der Flasche.«
    Ihr Tonfall machte ihn ebenso stutzig wie das, was sie gesagt hatte. Es war leidenschaftslos, ein wenig gelangweilt. Und ob er sie mit seinen Fragen verdroß oder sie mit sich selbst unzufrieden war, schien kaum von Belang.
    Sie runzelte die Stirn und stellte die Tasse zurück. »Es war nur ein Protest«, fuhr sie fort. »Ich wollte den Spießern hier ins Gesicht spucken. Damals schien es ein guter Scherz zu sein. Es war natürlich keiner. Aber ich konnte ihn nicht rückgängig machen, also blieb er an mir hängen.«
    Pete schien es der abstoßendste Scherz zu sein, den er je gehört hatte. »Weiß Grace davon?«
    »Natürlich. Die Todessehnsucht, Pete Laznett. Sie heißt Wahrhaftigkeit.«
    Theatralisches Getue. Von ihr, enttäuschend. »Es hätte gutgehen sollen«, sagte er. »Sie müssen sich sehr ein Kind gewünscht haben.«
    »Vielleicht.« Sie neigte den Kopf, als versuchte sie sich zu erinnern. »Hoffentlich. Es könnte natürlich andere Gründe gegeben haben. Aber ich hoffe, ich wünschte es mir … Als Grace geboren war, ganz bestimmt.«
    »Na dann …«
    »Kommen Sie, Pete, Sie wissen es besser! Selbstverständlich wollte ich mein Kind. Aber wo gibt es eine Regel, die besagt, daß ich es auch mögen muß? Grace ist von ihrer Art, ich bin von meiner. Deshalb schickte ich sie jedenfalls nach Frankreich, einfach irgendwohin, wo wir einander nicht in die Quere kommen konnten.«
    »Trotzdem kam sie zurück.«
    »Älter und weiser. Wir beide. Und ich ließ die Wand einziehen, und der Rest hat sich ergeben. Wie ich sagte, es ist schade, daß nicht mehr daran ist, aber eine große Tragödie sehe ich nicht darin. Wir mögen einander ganz gern. Ich habe diesen Teil des Hauses, meine Arbeit … Ich kann von Glück sagen.«
    Sie sagte die Wahrheit. In ihrer Stimme war nicht eine Spur von Selbstmitleid, und es war allein seine Schuld, daß sie ihm davon erzählt hatte – auf dumme Fragen bekommt man dumme Antworten. Er dachte an ihre

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