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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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waren breit.
    Er schaltete die Lampe aus und betrachtete das trübe durch die Vorhänge sickernde Mondlicht. Nach einer Weile fand sein beunruhigter Geist Zuflucht im Schlaf.
    Ein leises Geräusch weckte ihn, er fuhr erschrocken auf. Scudder stand im dunklen Zimmer an seinem Bett.
    »Maudie schläft«, sagte sein Vater. »Es ist Zeit, daß wir zwei miteinander reden.«
    Pete blinzelte nach seiner Uhr. »Wie spät ist es, zum Teufel?«
    »Ich habe gewartet, Pete.«
    »Mein Gott, es ist eins vorbei. Und nun redet er.«
    »Du warst gestern in meiner Werkstatt, als ich unten am Strand angelte. Du hast dein EEG am Türöffner hinterlassen.«
    »Es scheint, daß es in deiner Werkstatt mehr Wanzen gibt, als in einem Obdachlosenasyl.«
    »Allmächtiger, Pete, laß diese Albernheiten! Du hast das Videoband abgehört. Ich warte darauf, daß du etwas sagst.«
    Pete starrte ihn verblüfft an. »Deine Feineinstellung ist defekt. Sie stimmte nicht und erzeugte Interferenzen auf der ganzen Landzunge. Ich stellte sie nach.«
    »Du hast das Band abgehört, Pete.«
    »Natürlich habe ich es abgehört.«
    »Und?«
    »Ich … ich brauchte Zeit zum Nachdenken.«
    »Verständlich.« Sein Vater beugte sich näher. »Und nun hast du Zeit gehabt?«
    Pete behauptete sich. »Dir ist klar, daß ich dich ins Gefängnis bringen könnte.«
    »Vorher würde ich dich umbringen.«
    »Würdest du nicht. Ich bin stärker als du.«
    »Ich habe Bomben, die dieses Haus pulverisieren könnten.«
    »Was sollte das nützen? Du bist verrückt.«
    Scudder trat einen Schritt zurück. Sein Blick wich nicht von Petes Zügen. Er sagte mit leiser Stimme, als eine einfache Feststellung: »Wenn mein Sohn mir das antäte, würde mir nichts anderes übrigbleiben.«
    Nachdenklich bewegte er sich zum Fenster, schob die Vorhänge auseinander und ließ eine Flut Mondlicht herein, die ihn augenblicklich zu Gebeinen bleichte: Mit seinem Schädel auf den Schulterknochen, zu beinernen Fingern, die den Vorhangstoff festhielten. Pete schaute fröstelnd weg. Bisher war keine Zeit zum Nachdenken gewesen – angegriffen, hatte er sich verteidigt. Aber nun zog sich das Stillschweigen hin, und die Entscheidungen, die er vor noch nicht drei Stunden getroffen hatte, stellten sich in all ihrer oberflächlichen Vergeblichkeit zur Schau. Er war unvorbereitet. Er hatte nichts zu den nächsten Minuten beizutragen, dabei wurde immer deutlicher, daß sie die wichtigsten seines Lebens sein würden.
    »Du hast deine Chance gehabt«, sagte Scudder. »Gestern, heute – hättest du die Absicht gehabt, etwas zu unternehmen, dann hättest du es getan. Also wirst du einfach zur Stadt zurückfahren.«
    »Du willst nicht aufhören?«
    »Würdest du, an meiner Stelle?«
    Pete schwieg. Er mußte einen Versuch machen. Aber wenn es jemals eine Zeit für Dialektik gegeben hatte, so war sie längst vorüber. Sein Vater und er riefen einander über eine unüberbrückbare Kluft zu, und alles, was ihm geblieben war, war sein Respekt.
    »Und du wirst dich niemals mit mir zusammentun«, sagte Scudder, »also ist es besser, du gehst zurück in die Stadt.«
    Pete schüttelte den Kopf. »Ich werde gehen, wenn ich bereit bin.«
    »Du wirst gehen, wenn ich es sage! Es ist mein Haus.«
    »Es ist meine Verantwortung. Und, wie ich sagte, ich muß nachdenken.«
    Sein Vater überlegte, das schädelartig fahle, magere Gesicht verriet keine Regung. Dann trat er vom Fenster zurück in die Dunkelheit. Ein neuer, abschätzender Ton kam in seine Stimme. »Komm hierher, Junge!« sagte er.
    Pete stieg aus dem Bett und ging zu ihm. Das Mondlicht prickelte wie Nadeln auf seinem nackten Schienbein. Er stand sehr aufrecht, aufgespießt von der schmalen weißen Lichtbahn.
    »Pete?«
    »Was ist?«
    »Du wirst es mir sagen, wenn du nachgedacht hast, Pete?«
    »Natürlich werde ich es tun.«
    Die Worte waren nichts, aber in der langen Stille, die nun eintrat, war Kommunikation: Scudder und er, das Haus, die Bäume, die Felsen, der Ozean, sie kamen zu einem Einvernehmen.
    Scudder lachte leise. »Das ist dann in Ordnung.« Er kam vorwärts ins Licht. »Ich hätte länger warten sollen. Ich hätte darauf vertrauen sollen, daß du mich nicht betrügst.« Er berührte Petes Arm. »Entschuldige.«
    Die Worte waren noch immer nur ein Teil davon, ein Teil der Verpflichtung nicht zu dieser oder jener Entscheidung, sondern zu Aufrichtigkeit und Vertrauen. Pete ergriff die Hand, die Knochen, die auf seinem Arm lagen, und hielt sie fest in der

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