Scudders Spiel
eigenen. Er hatte Scudder nichts als sein eigenes unüberlegtes Selbst gebracht, aber das war genug gewesen.
Scudder räusperte sich. »Zeit, daß ich ins Bett komme, glaube ich. Zeit, daß wir beide schlafen gehen.« Er machte seine Hand los und ging rasch zur Tür. »Schlaf gut, Pete.«
Nachdem er gegangen war, stand Pete eine Weile wie benommen, noch ungläubig, und sein Schatten lag lang und reglos auf dem mondbeschienenen Boden. Dann wandte er sich zum Fenster und schloß die Vorhänge. Er tappte zum Bett hinüber und kroch hinein. Die Decke fühlte sich momentan kalt an, erwärmte sich aber bald. Worte waren noch immer unzulänglich – Worte hätten gesagt, daß seine Situation kaum eine Verbesserung erfahren habe, tatsächlich sogar eine Verschlechterung, daß die Rolle des verlorenen Sohnes ihre eigenen Verpflichtungen und Risiken barg, daß eine Verpflichtung zu Aufrichtigkeit und Vertrauen unglaublich schwer mit Leben zu erfüllen sei, und daß er früher oder später etwas würde unternehmen müssen … Pete verdrängte diese Worte nicht bewußt, es war einfach kein Raum für sie in seiner gefühlvollen, müden Zufriedenheit.
Als er wieder erwachte, war es Morgen. Es gab etwas, ein unbestimmtes Etwas, das er tun mußte. Rasch kleidete er sich an, erfüllt von einem übermächtigen Gefühl von Dringlichkeit. Als er die Treppe hinunterging, hörte er seine Mutter geschäftig in der Küche werken und verließ das Haus still durch den Vordereingang. Als er die Einmündung der Straße passierte, die zum Shakewell-Haus hinaufführte, begegnete er Grace, die von ihrem Strandlauf zurückkehrte. Sie machten beide halt, um sich zu begrüßen, dann ging er weiter die Straße hinunter zum alten Schuppen der Küstenwache und dem Landungssteg.
Die Flut strömte rasch über die Muschelbänke herein. Er lief die Stufen zum Steg hinab, wartete den geeigneten Augenblick ab und sprang unterhalb der Felsen vom Steg auf den Strand. Er schaffte es zwischen zwei Wellenausläufern und fiel auf Hände und Knie. Er stand auf, schüttelte den Sand von der Hose, wartete auf die nächste Welle und spülte darin den Sand von seinen Händen, dann streifte er durch das fahle, ausgedörrte Gras über der Flutlinie. Durch die Landspitze und die vorgelagerte Schafinsel in ihrer Gewalt gebrochen, lief die Brandung in kurzen, steil überkippenden Wellen auf, deren schaumige Ausläufer über den Strandkies zischten und vom Sand verschluckt wurden. Auf der Suche nach angeschwemmten Kleinkrebsen und Strandasseln eilten kleine Strandläufer geschäftig pickend über die naß glänzenden Sandflächen. Vor ihm flatterten sie mit schrillen Pfiffen auf, um nicht weit hinter ihm wieder zu landen.
Durch Sand und Strandhafer wanderte er bis zum Ende der Muschelbänke, wo zwei seit langem verlassene Holzhütten neben den Stümpfen eines verschwundenen Landungssteges standen. Hinter ihnen und jenseits der langen Dünengräser erstreckte sich der Golfplatz bis zur Straße, die er an der schmalsten Stelle der Landzunge erreichte. Vorsichtig überquerte er die gepflegten Golfbahnen – er wußte, daß es für die wirklich begeisterten Spieler niemals zu früh war. Das Gelände des Golfplatzes war eben, unterbrochen nur von Gruppen starrer Nadelgehölze. Die Hauptattraktion dieses Golfplatzes war immer seine Exklusivität gewesen, nicht seine Schönheit.
Pete erreichte die Straße sicher und unbeobachtet. Ein Wagen fuhr vorbei, dessen Fahrer ihm fröhlich zuwinkte. Pete winkte zurück, dann überquerte er hinter ihm die Straße und bog in die Ferry Lane ein. Er folgte ihr weder schnell noch langsam, vorüber an den Häusern, die nun wieder zu den Bäumen wurden, aus denen sie errichtet worden waren, Nummer eins und zwei und drei und vier, und vier und fünf und sechs und sieben, bis der rissige Asphalt endete und die Dünen wieder anfingen. Die Dünen, und dann der Strand.
Es gab drei Kilometer Strand und elf Menschen – er zählte sie im Vorbeigehen. Er erreichte die Gebäude des Strandklubs und ging weiter, noch immer ohne Aufenthalt, den Pfad hinauf, der schräg über dem mit Gestrüpp bestandenen Hang oberhalb der Felsen führte. Es war ein Rundweg, den er machte. Die Unruhe in ihm trieb ihn weiter. Er ging unterhalb der Schulman-Villa, der Carter-Villa, dem Van Dayton-Sommerhaus weiter, bis der Pfad schließlich die Landspitze erreichte. Dann ging er im Bogen die Straße entlang zum Schuppen der Küstenwache, wo er angefangen hatte. Und nun
Weitere Kostenlose Bücher