SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
der Erwählten mehr von Euch enthüllen, als Ihr es vielleicht wünscht.«
»Dann sagt mir zumindest dies. Dieser neue Herr der Drachenkarten – er wurde nach dem malazanischen Desaster in Genabackis eingesetzt. Oder leugnet Ihr das? Die Brücke, auf der er steht – er hat zu den Brückenverbrennern gehört, oder zumindest in irgendeiner Beziehung zu ihnen gestanden. Und die geisterhaften Wächter sind alles, was noch von den Brückenverbrennern übrig ist, denn sie wurden in der Pannionischen Domäne vernichtet.«
»Ich bin mir all dieser Dinge nicht wirklich sicher«, erwiderte Heboric, »aber was Ihr sagt, klingt wahrscheinlich.«
»Also wird der malazanische Einfluss immer größer – nicht nur auf unserer Welt hier, sondern auch in den Gewirren – und nun auch in den Drachenkarten.«
»Ihr macht den gleichen Fehler, den so viele andere Feinde des Imperiums gemacht haben oder machen, L’oric. Ihr geht davon aus, dass alles, was malazanisch ist, notgedrungen einheitlich sein muss, was die Absichten und die Ziele angeht. Doch die Dinge sind viel komplizierter, als Ihr es Euch vorstellt. Ich glaube nicht, dass dieser Herr der Drachenkarten ein Diener der Imperatrix ist. Tatsächlich kniet er vor niemandem nieder.«
»Und wieso dann die Brückenverbrenner als Wächter?«
Heboric spürte, dass diese Frage wichtig war, doch er entschloss sich mitzuspielen. »Manche Loyalitäten trotzen selbst dem Vermummten – «
»Oh, was bedeutet, dass er ein Soldat in jener berühmten Kompanie war. Nun, die Dinge fangen allmählich an, einen Sinn zu ergeben.«
»Tun sie das?«
»Sagt mir, habt Ihr schon einmal von einem Geistergänger namens Kimloc gehört?«
»Der Name kommt mir irgendwie vertraut vor. Aber nicht von hier. Karakarang? Rutu Jelba?«
»Er wohnt jetzt in Ehrlitan. Seine Geschichte ist hier nicht von Bedeutung, aber irgendwie muss er vor kurzem mit einem Brückenverbrenner in Kontakt getreten sein. Es gibt keine andere Erklärung für das, was er getan hat. Er hat ihnen ein Lied gegeben, Heboric. Ein Lied der Tanno, und merkwürdigerweise beginnt es hier. In der Raraku. Die Raraku, mein Freund, ist die Geburtsstätte der Brückenverbrenner. Kennt Ihr die Bedeutung, die mit einem solchen Lied verbunden ist?«
Heboric wandte sich ab, richtete den Blick auf die Feuerstelle und ihre trockene Hitze. Er sagte nichts.
»Natürlich«, fuhr L’oric nach einem Augenblick fort, »hat diese Bedeutung in gewisser Weise abgenommen, da die Brückenverbrenner nicht mehr sind. Es kann keine Weihung geben …«
»Nein, vermutlich nicht«, murmelte Heboric.
»Damit das Lied geweiht wird, müsste ein Brückenverbrenner in die Raraku zurückkehren, zur Geburtsstätte seiner Kompanie. Und das scheint im Augenblick alles andere als wahrscheinlich, oder?«
»Warum muss ein Brückenverbrenner in die Raraku zurückkehren?«
»Tanno-Zauberei ist … elliptisch. Das Lied muss wie eine Schlange sein, die sich in ihren eigenen Schwanz beißt. Kimlocs Lied über die Brückenverbrenner hat im Moment kein Ende. Aber es ist gesungen worden, und daher lebt es.« L’oric zuckte die Schultern. »Es ist wie ein Spruch, der aktiv bleibt, während er auf eine Lösung wartet.«
»Erzählt mir etwas über den Riesen aus Jade.«
Der Hohemagier nickte. Er schenkte Tee nach und stellte die Tasse vor Heboric ab. »Der erste wurde tief in den Otataral-Minen gefunden–«
»Der erste !«
»Ja. Und der Kontakt hat sich für die Bergleute, die zu dicht herangegangen sind, als tödlich erwiesen. Oder, genauer gesagt, sie sind verschwunden. Spurlos. Es sind noch Teile von zwei anderen entdeckt worden – alle drei Adern sind nun versiegelt. Die Riesen sind … Eindringlinge in unsere Welt. Sie kommen aus einer anderen Sphäre.«
»Sie kommen hier an«, murmelte Heboric, »nur um dann von Ketten aus Otataral umschlossen zu werden.«
»Oh, Ihr seid also nicht ganz ohne eigene Kenntnisse. In der Tat, es scheint, als wäre ihre Ankunft jedes Mal erwartet worden. Irgendjemand – oder irgendetwas – sorgt dafür, dass die Bedrohung, die diese Riesen darstellen, abgewehrt wird – «
Doch Heboric schüttelte bei diesen Worten den Kopf. »Nein, ich glaube, Ihr irrt Euch, L’oric. Es ist die Passage an sich – das Portal, durch das die Riesen kommen –, die das Otataral erschafft.«
»Seid Ihr Euch sicher?«
»Natürlich nicht. Um die Natur des Otataral ranken sich so viele Geheimnisse, dass man sich über kaum irgendetwas sicher sein
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