SdG 07 - Das Haus der Ketten
geflucht, trotz der Kopfschmerzen. Er ist irgendwo da drin – «
»Ja, das ist er, Schätzchen. Aber er ist schon wieder auf dem Rückweg … denn er kann spüren, was kommt.«
»Was kommt. Ist es so schlimm, dass Ihr Euch hier neben mir versteckt?«
Der in Schatten gehüllte Gott schien die Schultern zu zucken. »Es gibt Zeiten, in denen es ratsam ist, ein paar Schritte zurückzutreten … und zu warten. Die Heilige Wüste selbst spürt die Annäherung eines uralten Gegners und wird sich zur Antwort erheben, wenn die Notwendigkeit dazu besteht. Noch bedenklicher ist, dass sich das Bruchstück von Kurald Emurlahn manifestiert, auf das die Göttin des Wirbelwinds für sich Anspruch erheben will. Die Göttin erschafft ein Portal, ein Tor – eines, das groß genug ist“ um diese ganze Oase zu verschlingen. Und so spielt auch sie um das unsterbliche Herz der Raraku. Die Ironie in all dem ist, dass sie ihrerseits von einem weitaus klügeren Gott manipuliert wird, der dieses Bruchstück selbst in Besitz nehmen und es sein Haus der Ketten nennen will. Ihr seht also, Lostara Schattentänzerin, dass wir am besten genau hier bleiben, wo wir sind. Denn heute Nacht und an diesem Ort liegen Welten miteinander im Krieg.«
»Das hat für Perl und mich keine Bedeutung«, beharrte sie und blinzelte weiter angestrengt in die Düsternis. »Wir sind wegen Felisin hier – «
»Und Ihr habt sie gefunden, aber Ihr kommt nicht an sie heran. Auch Perl nicht. Zumindest im Moment …«
»Dann müssen wir warten, bis der Weg frei ist.«
»Ja. Genau wie ich gesagt habe: Habt Geduld.«
Schatten wirbelten zischend über den Sand, dann war der Gott fort.
Lostara grunzte. »Auch Euch auf Wiedersehen«, murmelte sie. Danach zog sie ihren Umhang enger um sich und setzte sich wieder hin, um zu warten.
Mit Armbrüsten bewaffnete Assassinen hatten sich von hinten an ihn herangeschlichen. Febryl hatte sie – kaum dass sie aufgetaucht waren – einen nach dem anderen mit einem ganzen Haufen höchst schmerzhafter Zaubersprüche getötet, und jetzt sagte ihm sein zauberisches Netz, dass keine mehr da waren. Tatsächlich waren Korbolo Dom und Kamist Reloe in ihrem Versteck angegriffen worden. Von Geistern und – was noch schlimmer war – von Agenten des malazanischen Imperiums.
Breite, blutige Pfade waren unordentlich kreuz und quer durch sein Netz geschlagen worden, so dass er da und dort nun blind war, doch keiner dieser blinden Flecken befand sich in der Nähe seiner eigenen Position … bis jetzt. Schon bald würde die Oase hinter ihm sich in einen Gestalt gewordenen Alptraum verwandeln, und Febryl würde angesichts weiterer, höchst unmittelbarer Bedrohungen aus den Gedanken seiner Feinde verschwinden.
Die Dämmerung war nur noch zwei Glockenschläge entfernt. Während hinter ihm Dunkelheit die Oase verschlungen hatte, war der Himmel über ihm und im Osten durch das Glitzern der Sterne vergleichsweise hell. In der Tat entwickelte sich alles perfekt.
Das Licht der Sterne erwies sich auch als ausreichend, um Febryl den Schatten erkennen zu lassen, der auf ihn fiel.
»Ich habe dich nie besonders gemocht«, erklang über ihm eine tiefe, knurrende Stimme.
Kreischend versuchte Febryl, sich nach vorn zu werfen.
Doch er wurde mühelos gepackt und hochgehoben.
Und dann zerschmettert.
Das Brechen seiner Wirbelsäule klang wie das Knacken von dürrem Holz in der kalten Nachtluft.
Karsa Orlong warf Febryls Leichnam beiseite. Er starrte einen Augenblick zu den Sternen hoch, holte dann tief Luft und versuchte, seine Gedanken zu klären.
Urugals brüchige Stimme zeterte in seinem Kopf. Diese Stimme und dieser Wille waren es gewesen, die ihn Schritt um Schritt von der Oase fortgetrieben hatten.
Der falsche Gott des Uryd-Stammes wollte, dass Karsa … fortging -
Er wurde mit aller Gewalt weggestoßen … weg von dem, was kam, weg von dem, was bald in der Oase geschehen würde.
Doch Karsa konnte es nicht leiden, herumgestoßen zu werden.
Er zog sein Schwert aus den Schlaufen, mit denen es an seinem Harnisch befestigt war, und legte beide Hände um den Griff, senkte die Spitze, so dass sie knapp über dem Boden schwebte, und zwang sich schließlich, sich umzudrehen und die Oase anzublicken.
Tausend geisterhafte Ketten waren straff hinter ihm gespannt und begannen zu ziehen.
Der Teblor knurrte leise vor sich hin, lehnte sich nach vorn. Ich bin der Herr dieser Ketten. Ich, Karsa Orlong, füge mich niemandem. Nicht den Göttern, nicht den
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