SdG 07 - Das Haus der Ketten
nach, starrte mit finsterem Gesicht ins Zwielicht. »Vielleicht lieber nicht, aber trotz allem bin ich müde, und wenn wir nach Spuren suchen wollen, brauchen wir sowieso Tageslicht.«
Perl verließ den Aschekreis. Eine Geste, und in der Luft über ihm formte sich langsam eine Kugel aus Licht. »Die Spur führt nicht sehr weit, glaube ich. Nur das noch, Lostara. Dann können wir uns einen Platz für die Nacht suchen.«
»Oh, nun gut. Geht voraus, Perl.«
Welchen Zeichen er auch folgen mochte, sie waren für Lostara nicht sichtbar. Und was noch seltsamer war: Die Spur schien in Windungen zu verlaufen, zu wandern, eine Tatsache, die Perl die Stirn runzeln ließ, so dass er nur zögernd und vorsichtig voranschritt. Es dauerte nicht lange, da bewegte er sich fast gar nicht mehr vorwärts, nur noch ganz langsam, in winzigen Schritten. Und sie sah, dass sein Gesicht schweißnass war.
Sie schluckte ihre Fragen hinunter und zog stattdessen langsam wieder ihr Schwert.
Und dann gelangten sie schließlich zu einem weiteren Leichnam.
Perl atmete geräuschvoll aus und sank vor dem großen, verbrannten Leichnam auf die Knie.
Sie wartete, bis seine Atemzüge wieder ruhiger waren, dann räusperte sie sich und fragte: »Was war das gerade, Perl?«
»Der Vermummte war hier«, flüsterte er.
»Klar, das sehe ich – «
»Nein, Ihr versteht nicht.« Er streckte eine Hand aus, ballte sie zur Faust – und schlug dem Leichnam auf die breite Brust.
Der Leichnam war nur noch eine Hülle. Er zerbrach unter dem Hieb mit einem staubigen Knirschen.
Perl warf ihr einen düsteren Blick zu. »Der Vermummte war hier. Höchstpersönlich, Lostara. Er ist gekommen, um diesen Mann mitzunehmen – nicht nur seine Seele, sondern auch seinen Körper – alles, was vom Gewirr des Feuers – dem Gewirr des Lichts, um es genau zu sagen – infiziert worden ist. Bei den Göttern, was würde ich jetzt für einen Satz Drachenkarten geben. Im … Haushalt des Vermummten hat es eine Veränderung gegeben.«
»Und was hat das alles zu bedeuten?«, fragte sie. »Ich dachte, wir würden Felisin suchen.«
»Ihr denkt nicht mit, Schätzchen. Erinnert Euch an Stürmischs Geschichte. Und an die von Wahr. Felisin, Heboric, Kulp und Baudin. Das, was noch von Kulp übrig ist, haben wir bei Gryllens Sänfte gefunden. Und das hier …« – eine heftige Geste folgte – »ist Baudin. Die verdammte Kralle – auch wenn der Beweis leider nicht an seinem Hals hängt. Erinnert Ihr Euch an Geslers merkwürdige Haut, an Stürmisch und Wahr? Das Gleiche ist auch mit Baudin passiert.«
»Ihr habt es als Infektion bezeichnet.«
»Nun, ich weiß nicht, was es ist. Das Gewirr hat sie verändert. Keine Ahnung, auf welche Weise.«
»Also sind nur noch Felisin und Heboric Leichte Hand übrig.«
Er nickte.
»Dann sollte ich Euch vielleicht etwas erzählen«, fuhr Lostara fort. »Möglicherweise ist es aber auch gar nicht von Bedeutung …«
»Sprecht weiter, Mädchen.«
Sie drehte sich um und blickte in Richtung der Hügel im Südwesten. »Als wir diesen Agenten von Sha’ik verfolgt haben … in die Hügel da drüben …«
»Kalam Mekhar.«
»Ja. Wir haben uns oben auf dem Gipfel, beim alten Tempel, auf die Lauer gelegt und Sha’ik überfallen – auf dem Pfad, der in die Raraku führt – «
»Wir Ihr es beschrieben habt.«
Sie beachtete seine Ungeduld nicht weiter. »Wir hätten das hier alles gesehen. Also müssen die Ereignisse, über die wir gerade gestolpert sind, nach unserem Überfall stattgefunden haben.«
»Ja, mag sein.«
Sie seufzte und verschränkte die Arme. »Felisin und Heboric sind bei der Armee der Apokalypse, Perl. In der Raraku.«
»Was macht Euch da so sicher?«
Sie zuckte die Schultern. »Wo sollten sie sonst sein? Denkt nach, Perl. Felisins Hass auf das malazanische Imperium muss überwältigend sein. Und auch Heboric dürfte dem Imperium, das ihn gefangen genommen und verurteilt hat, keine allzu große Zuneigung entgegenbringen. Sie waren verzweifelt, nachdem Gryllen sie angegriffen hatte. Nachdem Kulp und Baudin gestorben waren. Verzweifelt und wahrscheinlich auch verletzt.«
Er nickte langsam und stand wieder auf. »Eines habt Ihr mir nie erklärt, Lostara. Warum ist Euer Überfall fehlgeschlagen?«
»Er ist nicht fehlgeschlagen. Wir haben Sha’ik getötet – das könnte ich schwören. Sie hat einen Armbrustbolzen in die Stirn bekommen. Wir konnten ihre Leiche nicht holen, weil sich ihre Leibwächter als zu stark für unsere
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