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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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zusammengerollt unterhalb von ihnen im Sand. Er schrie immer noch. »Es ist nicht sein erster Besuch«, sagte Withal.
    »Wie geht es deinem Kopf?«, fragte sie einen Moment später.
    »Er tut weh.«
    Der Tiste Edur verstummte. Er erschauerte, dann ruckte sein Kopf hoch. Er starrte erst Withal und dann die Tiste Andii an, die neben dem Waffenschmied aus dem Volk der Meckros stand. Dann wanderte sein Blick wieder zurück. »Withal!«
    Der Schmied zog die Augenbrauen hoch, obwohl die Bewegung ihn zusammenzucken ließ. »Normalerweise spricht er nicht viel mit mir.« Er wandte sich an den Jungen. »Rhulad. Ich bin nicht so grausam, dich willkommen zu heißen.«
    »Wer ist sie? Wer ist diese … Verräterin?«
    Sandalath schnaubte verächtlich. »Wie armselig. Das ist der Schwertschwinger des Gottes? Ein absoluter Fehlgriff.«
    »Selbst wenn es so sein sollte«, sagte Withal leise, »habe ich nicht die Absicht, ihm das zu sagen.«
    Rhulad rappelte sich auf. »Er hat mich getötet.«
    »Ja«, sagte Withal. »Das hat er, wer auch immer ›er‹ war.«
    »Ein Forkrul Assail.«
    Sandalath versteifte sich. »Du solltest dir deine Feinde ein bisschen sorgfältiger auswählen, Edur.«
    Rhulad kam vom Strand her zu ihnen herauf. Er lachte, doch es klang fast schon hysterisch. »Du sprichst von auswählen, Frau? Ich wähle hier überhaupt nichts aus.«
    »Das tun nur die wenigsten, Edur.«
    »Was macht sie hier, Withal?«
    »Der Verkrüppelte Gott dachte, ich brauchte Gesellschaft. Zusätzlich zu den drei verrückten Naechts.«
    »Ihr seid ein Liebespaar?«
    »Mach dich nicht lächerlich«, sagte Sandalath und grinste höhnisch.
    »Es ist, wie sie gesagt hat«, fügte Withal hinzu.
    Rhulad ging an ihnen vorbei. »Ich brauche mein Schwert«, murmelte er und stapfte landeinwärts.
    Sie drehten sich um und schauten ihm nach.
    »Sein Schwert«, murmelte Sandalath. »Das Schwert, das du für den Gott schmieden musstest?«
    Withal nickte. »Aber mich kann man nicht dafür verantwortlich machen.«
    »Du wurdest gezwungen.«
    »Ja, das wurde ich.«
    »Nicht die Waffe ist böse, sondern derjenige, der sie schwingt.«
    Er musterte sie. »Es ist mir egal, ob du mir noch einmal den Schädel einschlägst. Ich fange allmählich wirklich an, dich zu hassen.«
    »Ich kann dir versichern, dass meine Gefühle, was dich angeht, die gleichen sind.«
    Withal wandte sich ab. »Ich gehe zu meiner Hütte.«
    »Natürlich«, bellte sie hinter ihm her. »Um zu beten und deinem Gott was vorzumurmeln. Als ob er sich die Mühe machen würde, solch einem armseligen Gewinsel zu lauschen.«
    »Ich hoffe«, sagte Withal über die Schulter, »dass er Mitleid mit mir haben wird.«
    »Warum sollte er?«
    Er antwortete nicht und war klug genug, sein Lächeln nicht sehen zu lassen.
     
    Brys Beddict stand zehn Schritt neben dem Thron und schaute zu, wie König Ezgara Diskanar feierlich in den überkuppelten Saal schritt. Auf dem Gesicht des Königs spiegelten sich Verwirrung und Ärger, denn er hatte einen Umweg um die bäuchlings auf dem Boden liegende, zitternde Gestalt von Ceda Kuru Qan machen müssen. Doch das lag jetzt hinter ihm, und Brys sah, dass Ezgara allmählich wieder seinen strengen Gesichtsausdruck zurückerlangte.
    Im Thronsaal wurde er von einer Hand voll Wachen und Beamten erwartet. Rechts vom Thron stand Nifadas, der Erste Eunuch; er hielt die auf einem blutroten Kissen liegende Krone von Lether in den Händen. Nisall, die Erste Konkubine, kniete am Fuß des Podests auf der linken Seite. Außer Brys Beddict und sechs seiner Männer war auch Gerun Eberict mit sechs seiner eigenen Soldaten aus der Palastgarde anwesend.
    Und das war auch schon alles. Die Amtseinführung an diesem Tag, dem Tag der Siebten Schließung – oder zumindest dicht davor, denn ganz sicher war sich niemand, was das betraf –, wurde nur von diesen wenigen Menschen verfolgt. Natürlich war es ursprünglich nicht so geplant gewesen. Doch es hatte noch mehr Aufstände gegeben, und der letzte war der blutigste gewesen. Die Bürger benutzten den Namen des Königs mittlerweile nur noch als Fluch. Die Liste der Eingeladenen war aus Sicherheitsgründen gekürzt worden, dennoch war Brys wegen der Anwesenheit Gerun Ebericts besorgt.
    Der König näherte sich dem Podest; seine seidenen Gewänder schleiften hinter ihm über den polierten Marmorfußboden.
    »An diesem Tag«, intonierte Nifadas, »wird Lether zum Imperium.«
    Die Gardisten hoben die Arme zu jenem Gruß, der nur der

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