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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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»Dies ist ein Ring, den ich einst getragen habe. Ein Gespenst hat ihn mir zurückgebracht – viele von den Gespenstern haben das für diejenigen von uns getan, die sich außerhalb der Reichweite der Edur befinden. Ich möchte Euch bitten, dass Ihr mich zu meinen Gebeinen zurückbringt, zu dem bisschen, das noch von mir übrig ist. Damit ich Vergessen finden kann. Aber das wäre ein zu großes Geschenk für das Wenige, was ich Euch bieten kann –«
    »Wie sollten wir das anstellen, wenn wir tun würden, was Ihr erbittet?«
    »Ich würde mit dem Ring verschmelzen. Ihr würdet mich nicht mehr sehen. Und Ihr würdet Euch zum Ufer begeben und den Ring dort ins Meer werfen müssen.«
    »Das klingt nicht besonders kompliziert.«
    »Vielleicht ist es das auch nicht. Die Unbilligkeit liegt in den Werten, die ausgetauscht werden.«
    Seren schüttelte den Kopf. »Wir sehen keine Unbilligkeit. Unsere Wünsche haben den gleichen Wert, was uns betrifft. Wir nehmen den Handel an.«
    »Woher soll ich wissen, dass Ihr mich nicht betrügen werdet?«
    Die Letherii drehte sich zu Eisenhart um. »Sie traut uns nicht.«
    Der Mann trat vor, bis er direkt vor der Tiste Andii stand. »Freisprecherin, sagt Ihr, dass ich ein Bekenner bin und zur Karmesingarde gehöre. Wenn sie will, kann sie herausfinden, was das bedeutet. Indem sie mir die Hand auf die Brust legt. Sagt Ihr, dass ich unseren Pakt ehren werde.«
    »Ich habe Euch bis jetzt noch gar nicht gesagt, um was es geht. Sie will, dass wir das Ding, das sie in der Hand hält, ins Meer werfen.«
    »Das ist alles?«
    »Wenn wir das tun, wird es ihr Dasein beenden. Und anscheinend will sie genau das.«
    »Sagt Ihr, sie soll erforschen, welcher Art meine Seele ist.«
    »In Ordnung.«
    Der misstrauische Ausdruck in den Augen der Frau verstärkte sich noch, doch sie trat vor und legte ihre linke Hand auf Eisenharts Brust.
    Die Hand zuckte wieder weg, und die Frau stolperte einen Schritt rückwärts; auf ihrem Gesicht zeichnete sich erst Erschrecken, dann Entsetzen ab. »Wie – wie konntet Ihr das tun – warum?«
    »Das ist wohl nicht die Reaktion, die Ihr erwartet habt, Eisenhart, nehme ich an. Sie ist … entsetzt«, meinte Seren.
    »Das ist nicht von Bedeutung«, erwiderte er. »Lässt sie mein Wort gelten?«
    Die Frau straffte sich, und auf Serens Frage hin nickte sie und sagte: »Ich kann gar nicht anders. Aber … dieses Gefühl … Ich hatte es vergessen.«
    »Was für ein Gefühl?«
    »Bedauern.«
    »Eisenhart«, sagte Seren, »ich weiß zwar nicht, was dieses ›Bekenner‹ bedeutet, aber sie ist von … Mitgefühl überwältigt.«
    »Schon gut«, sagte er und wandte sich ab, »wir alle machen Fehler.«
    »Ich werde Euch jetzt führen«, sagte die Frau.
    »Wie heißt Ihr?«
    »Sandalath Drukorlat.«
    »Wir danken Euch, Sandalath. Der Gedanke, dass unser Geschenk an Euch Vergessen ist, betrübt mich.«
    Sie zuckte die Schultern. »Diejenigen, die ich einst geliebt habe und die mich geliebt haben, glauben, ich sei tatsächlich gegangen. Es gibt keinen Grund für irgendwelchen Kummer.«
    Keinen Grund für irgendwelchen Kummer. Worin liegt dann das Mitgefühl?
    »Hoch mit euch, Jungs«, sagte Eisenhart, »sie macht sich zum Aufbruch bereit.«
     
    Maep lag auf dem Hügel, als wäre sie tot, doch dem war nicht so, denn sie hatte langsam den Kopf gedreht, als Withal und Rhulad in Sicht gekommen waren. Die Naecht hatte vor einiger Zeit einen Hammer aus der Schmiede gestohlen, um Puuls Nester noch gründlicher zerstören zu können, und schleppte ihn jetzt ständig mit sich herum. Withal schaute misstrauisch zu, wie die knorrige, schwarzhäutige Kreatur den Hammer hob und dabei ihn und den Tiste Edur nicht aus den Augen ließ, als dächte sie darüber nach, einen Mord zu begehen.
    Von den drei Naechts machte Maep ihn am meisten nervös. In ihren kleinen, schwarzen Augen glitzerte zu viel Intelligenz, und sie betrachtete ihn zu oft mit so etwas wie einem Lächeln auf ihrem äffischen Gesicht. Und die Kraft, die die Kreaturen gezeigt hatten, reichte aus, um jeden Mann besorgt werden zu lassen. Er wusste, dass Maep ihm den Arm aus dem Schultergelenk reißen könnte, sollte sie es darauf anlegen.
    Vielleicht hatte der Verkrüppelte Gott sie gebunden, so wie Dämonen gebunden werden konnten, und diese Tatsache – nur diese Tatsache – hielt sie davon ab, Withal an die Kehle zu gehen. Eine unangenehme Vorstellung.
    »Was sollte mich daran hindern«, fragte Rhulad knurrig, »ihm das Schwert in

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