SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
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In einer Ecke saß Faust Blistig, die Beine auf eine Weise ausgestreckt, die man eigentlich nur als unbotmäßig auffassen konnte.
»Faust Keneb«, sagte Tavore, ohne den Blick von der Karte abzuwenden, »habt Ihr mit Temul und Kriegsführer Gall gesprochen?«
»Temul berichtet, dass die Stadt evakuiert worden ist – die Bürger sind auf der Straße nach Lothai geflohen. Ganz eindeutig richtet Leoman sich auf eine lange Belagerung ein und ist nicht daran interessiert, außer Soldaten und Hilfskräften noch irgendjemand anderen durchzufüttern.«
»Er braucht Platz, um sich taktisch verhalten zu können«, sagte Blistig in seiner Ecke. »Da kann er keine Panik in den Straßen gebrauchen. Wir sollten da nicht zu viel drin sehen, Keneb.«
»Ich habe den Verdacht«, sagte Tene Baralta, »dass wir gar nicht genug darin sehen. Ich bin nervös, Mandata. Diese ganze verdammte Situation macht mich nervös. Leoman ist nicht hierhergekommen, um die letzte Stadt der Rebellen zu verteidigen. Er ist nicht hierhergekommen, um die letzten Gläubigen zu beschützen – bei den Sieben Heiligen, er hat sie aus ihren eigenen Häusern, aus ihrer eigenen Stadt vertrieben! Nein, er hat sich Y’Ghatan aus taktischen Gründen ausgesucht, und das beunruhigt mich, denn ich kann mir keinen Reim darauf machen.«
»Hat Temul sonst noch irgendetwas gesagt, Keneb?«, fragte die Mandata.
»Er hat über einen nächtlichen Angriff nachgedacht, mit den Sappeuren, um einen Teil der Mauer zum Einsturz zu bringen. Wahrscheinlich würden wir dann in großer Zahl durch die Bresche in die Stadt eindringen und tief ins Herz von Y’Ghatan vorstoßen. Wenn wir weit genug kommen, könnten wir Leoman im Palast des Falah’d von seinen Truppen abschneiden …«
»Das ist zu gefährlich«, knurrte Tene Baralta. »Die Dunkelheit wird die Sappeure nicht vor ihren Magiern schützen. Sie würden abgeschlachtet werden –«
»Man kann nicht alle Risiken vermeiden«, sagte Tavore.
Keneb zog die Brauen hoch. »Temul hat ziemlich genau das Gleiche gesagt, als wir über diese Gefahr gesprochen haben.«
»Tene Baralta«, fuhr Tavore einen Augenblick später fort, »Ihr und Blistig habt Eure Anweisungen erhalten, was die Aufstellung Eurer Kompanien betrifft. Am besten, Ihr beginnt gleich mit den Vorbereitungen. Ich habe persönlich mit Hauptmann Faradan Sort gesprochen und ihr erklärt, was sie und ihre Trupps zu tun haben. Wir werden in dieser Angelegenheit keine Zeit verschwenden. Wir setzen uns noch heute Nacht in Bewegung. Faust Keneb, bleibt bitte noch. Die anderen sind entlassen.«
Keneb schaute Blistig und Baralta hinterher, als sie hinausgingen, und er konnte an einer Reihe kleiner Zeichen – ihrer Haltung und ihren steifen Schritten – erkennen, wie entmutigt sie waren.
»Befehlsgewalt hat nichts mit Einstimmigkeit zu tun«, sagte die Mandata. Ihre Stimme klang plötzlich hart, als sie Keneb anblickte. »Ich erteile die Befehle, und meine Offiziere haben zu gehorchen. Eigentlich sollten sie erleichtert sein, dass dem so ist, denn dadurch liegt die ganze Verantwortung bei mir – und zwar nur bei mir. Niemand sonst wird der Imperatrix Rechenschaft ablegen müssen.«
Keneb nickte. »Ganz wie Ihr sagt, Mandata. Allerdings fühlen Eure Offiziere sich sehr wohl verantwortlich – für ihre Soldaten –«
»Von denen viele früher oder später auf dem Schlachtfeld sterben werden. Vielleicht sogar hier, in Y’Ghatan. Dies ist eine Belagerung, und Belagerungen sind blutig. Ich kann mir den Luxus nicht erlauben, sie auszuhungern. Je länger Leoman Widerstand leistet, umso größer ist die Gefahr, dass irgendwo im Reich der Sieben Städte die Rebellion erneut aufflackert. In dieser Hinsicht sind Hohefaust Dujek und ich uns völlig einig.«
»Aber warum haben wir dann sein Angebot, uns zusätzliche Truppen zu schicken, nicht angenommen, Mandata?«
Sie schwieg ein halbes Dutzend Herzschläge lang. Dann sagte sie: »Ich bin mir der Gesinnung in den Trupps dieser Armee sehr wohl bewusst; doch niemand hier scheint sich über den wahren Zustand von Dujeks Heer im Klaren zu sein.«
»Den wahren Zustand?«
Sie trat näher. »Es ist fast nichts mehr übrig, Keneb. Der Kern – das Herz – von Dujeks Heer ist fort.«
»Aber …, er hat doch Ersatztruppen erhalten, oder nicht?«
»Das, was verloren wurde, kann nicht ersetzt werden. Er hat Rekruten bekommen: Genabarii, Nathii, die Hälfte der Garnison von Fahl, oh, zählt die Stiefel, und Ihr glaubt,
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