SdG 11 - Die Kochenjäger
entlang in östlicher Richtung. Der Fluss, der sich einst in dieses Land gegraben hatte, war längst verschwunden, auch wenn sein mäanderndes Flussbett noch immer zu erkennen war. Gebüschgruppen und verwitterte Bäume kennzeichneten die Stellen, wo einst die letzten Wasserlöcher gewesen waren, und an den Biegungen breiteten sich Altwasser und angeschwemmter Sand fächerförmig aus. Nach drei Meilen öffnete sich das Tal in eine flache Senke mit schroffen Klippen im Norden und langen, sanft abfallenden Geröllhängen im Süden. Direkt voraus war ein Pfad zu erkennen, der zwischen vom Regenwasser tief eingeschnittenen Rinnen nach oben kletterte.
Als er den Fuß dieser Formation erreichte, stieg Paran ab und führte sein Pferd am Zügel nach oben. Die nachmittägliche Hitze nahm zu, und die unnatürliche Luftfeuchtigkeit machte sie nur noch widerlicher. Weit im Westen – höchstwahrscheinlich genau über der Raraku-See – begannen sich mächtige Wolken zu bilden. Als er den Gipfel erreichte, hatten besagte Wolken die Sonne verschluckt, und die Brise, die ihm über den Rücken strich, war süß vom Versprechen des Regens.
Paran stellte fest, dass er von dieser Stelle aus weit nach Osten blicken konnte und hinunter auf sanft gerundete Hügel, auf denen hier und da domestizierte Ziegen grasten; der Pfad führte zu einer etwas besseren Straße, die am Rand der Ebene entlang nach Norden und Süden verlief, wobei sie im Süden nach Osten abbog, auf einen fernen Fleck aus Rauch und Staub zu, der, wie Paran vermutete, G’danisban war.
Er schwang sich wieder in den Sattel und trieb das Pferd in einen leichten Galopp.
Bereits nach kurzer Zeit kam Paran zum ersten Schuppen eines Hirten, der verbrannt und ausgeraubt war, und um den sich nun, während das Tageslicht schwächer wurde, aus reiner Gewohnheit die Ziegen versammelten. Er sah nichts, das wie ein Grab – oder auch mehrere – aussah, und er hatte nicht vor, zwischen den Ruinen danach zu suchen. Die Pest, der lautlose, unsichtbare Atem der Grauen Göttin. Ihm wurde klar, dass es gut möglich war, dass sich die vor ihm liegende Stadt im Würgegriff dieses Schreckens befand.
Er spürte die ersten Regentropfen auf seinem Rücken, und einen Augenblick später rauschte der Regen bereits auf ihn herab. Der felsige Pfad wurde plötzlich tückisch, zwang Paran, sein Pferd zu zügeln, so dass es nur noch vorsichtig dahintrabte. Die Sichtweite war nach allen Seiten auf ein Dutzend Schritte begrenzt, die Welt hinter einer silbrigen Mauer verschwunden. Während bereits warmes Wasser unter seinen Kleidern an seinem Körper entlangrann, zog Paran die zerfetzte Kapuze des malazanischen Regenumhangs hoch, der seine Schultern bedeckte, und beugte sich vor, als der Regen noch härter auf ihn einprasselte.
Der Pfad wurde zu einem Bach; schlammiges Wasser gluckste zwischen Felsen und Kieselsteinen. Das Pferd ging jetzt nur noch im Schritt. Zwischen zwei niedrigen Hügeln verwandelte sich der Pfad in einen flachen See, und Paran sah sich plötzlich von zwei Soldaten flankiert.
Eine in einem schweren Handschuh steckende Hand griff ihm in die Zügel. »Du hast den falschen Weg genommen, Fremder«, knurrte der Mann auf Malazanisch.
Der andere hielt eine Armbrust in den Armen, aber sie war nicht geladen; sein Gesicht war im Schatten der Kapuze nicht zu sehen, seine Stimme hingegen gut zu verstehen: »Hast du den Regenumhang erbeutet? Ihn womöglich einem toten malazanischen Soldaten weggenommen, ja?«
»Nein«, erwiderte Paran. »Er hat zu meiner Ausrüstung gehört, Soldat, wie eure Regenumhänge zu eurer Ausrüstung gehören.« Als der Regen für einen kurzen Augenblick etwas schwächer wurde, konnte er ein Stück voraus gerade noch ein Lager ausmachen. Zwei, vielleicht auch drei Legionen, deren Zelte unter einer niedrig hängenden Decke aus dem Rauch ersterbender Kochfeuer eine Reihe niedriger Hügel überzogen. Hinter dem Lager und der Straße, die sich einen Hang hinunterwand, erhoben sich die Wälle von G’danisban. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Soldaten. »Wer befehligt diese Armee?«
Der Mann mit der Armbrust sagte: »Wie wäre es, wenn du als Erstes unsere Fragen beantworten würdest? Bist du ein Deserteur?«
Nun, genau genommen schon. Andererseits gelte ich als tot. »Ich möchte mit eurem kommandierenden Offizier sprechen.«
»Genau betrachtet hast du sowieso keine andere Wahl. Runter vom Pferd, Fremder. Wir nehmen dich unter dem Verdacht gefangen,
Weitere Kostenlose Bücher