SdG 11 - Die Kochenjäger
ist das Bier jetzt auch wieder nicht – zumindest im Vergleich zu dem, das wir letzte Nacht hatten. Hör zu, wenn du daran denkst, einen Teller auf dem Tisch zu füllen … Also, da ist kein Teller, klar? Und die Bretter sind verzogen, was bedeutet, dass es auf meine Beine tropfen wird, und da würde ich dann ziemlich schlecht draufkommen. Um des Vermummten willen, Mann, hol endlich Luft!«
Fünfzehn Schritt entfernt lehnte sich der Mann, den Banaschar Fremdländer nannte, auf den zerkratzten, fleckigen Tresen und trank bedächtig einen Krug malazanisches Dunkles, ein Gebräu, an dessen Geschmack er sich trotz seines hohen Preises gewöhnt hatte. Er hörte den Wortwechsel zwischen dem ehemaligen Priester und dem Hauptsergeanten an einem Tisch hinter ihm – die unterhielten sich in letzter Zeit oft miteinander. In einer anderen Nacht, dachte Fremdländer, hätte er sich zu ihnen gesetzt, hätte sich zurückgelehnt, um ihre amüsante, wenn auch gelegentlich traurige Unterhaltung zu genießen.
Aber nicht an diesem Abend.
Nicht, wenn sie dort hinten saßen.
Er musste jetzt nachdenken, musste gründlich nachdenken. Er musste eine Entscheidung fällen, und er spürte – und dieses Gefühl ließ ihn sachte furchtsam erzittern –, dass sein Schicksal von dieser Entscheidung abhing.
»Schaff, bring mir noch ein Dunkles, ja?«
Die Karacke Ertrunkene Ratte machte ganz den Eindruck, als wäre sie wild darauf, vom steinernen Pier südlich der Flussmündung freizukommen, als die Gezeitenströme auf ihrem Weg nach draußen launenhaft an ihr zerrten. Ihr geschrubbter Rumpf, die frische Farbe und eine absonderliche Lateiner-Takelung sowie das mittschiffs am Heck angebrachte Steuerruder hatten ihr allerhand Aufmerksamkeit und neugierige Blicke von den gar nicht so wenigen Seeleuten und Fischern eingebracht, die in den letzten paar Tagen an ihr vorbeigekommen waren. Das war zwar lästig, sinnierte der Kapitän, aber Oponn lächelte immer noch ein freundliches Zwillingslächeln, und es würde nicht mehr lange dauern, dann würden sie – endlich! – wieder unterwegs sein. Nur raus aus dieser verdammten Stadt, je früher, desto besser.
Palet, der Erste Maat, lag zusammengerollt auf dem Mitteldeck und kurierte immer noch die Prellungen und Beulen aus, die ihm in der Nacht zuvor ein betrunkener Mob verpasst hatte. Der träge Blick des Kapitäns blieb kurz an ihm hängen, ehe er weiterschweifte. Sie lagen vor Anker, waren gut vertäut, und Maus hockte oben in seinem übergroßen Krähennest – der Kerl war so verrückt wie ein Eichhörnchen mit einem gebrochenen Schwanz –, und alles schien in Ordnung, so sehr in Ordnung, dass die Nerven des Kapitäns ein angespanntes Durcheinander waren.
Es war nicht einfach nur das Fieber der Arglist, das fast alle erfasst hatte – angesichts all der beißenden Gerüchte von Verrat und Mord im Reich der Sieben Städte, und nun auch noch dem inoffiziellen Pogrom gegen die Wickaner –, da war außerdem noch das ganze andere Zeug.
Cartheron Crust kratzte sich die Stoppeln auf seinem Kopf, drehte sich um und blickte zu Mocks Feste hinauf. Sie war größtenteils dunkel. Natürlich. Ein schwacher Schimmer aus dem Torhaus am oberen Ende der Treppe – das musste Lubben sein, der alte, bucklige Torwächter, der vermutlich jetzt schon umgekippt war, wie es seine Angewohnheit war, wann immer sich ungebetene Gäste in der Feste aufhielten. Natürlich waren eigentlich alle Gäste ungebeten. Zwar war vor einem Monat eine neue Faust angekommen, aber der Mann namens Aragan war schon früher einmal hier gewesen und wusste daher, wie die Dinge am besten liefen – nämlich, wenn er sich so unauffällig wie möglich verhielt und am besten den Kopf kein einziges Mal über die Brustwehr streckte. Wer weiß? Vermutlich teilt Aragan sich gerade mit Lubben die Flasche.
Ungebetene Gäste … wie Hohemagier Tayschrenn. Es war nun schon lange her, da hatte Crust sich selbst allzu oft in der Gesellschaft dieser Schlange befunden, und er hatte hart dagegen ankämpfen müssen, nicht etwas zu tun, was womöglich jemand bedauern würde. Ich natürlich nicht. Der Imperator vielleicht. Tayschrenn selbst ganz bestimmt, aber ich nicht. Er hatte von einem Augenblick geträumt, an dem sie beide allein waren. Nur einen Augenblick, das war alles, was er brauchte. Beide Hände um den dürren Hals gelegt, und dann drücken und drehen. Erledigt. Ganz einfach. Problem gelöst.
Was für ein Problem? Das hätte Kellanved
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