SdG 11 - Die Kochenjäger
Gefühl stieg in ihr auf, und sie machte einen Satz an Wühler vorbei, fiel auf die Knie.
Perls Körper war von Wunden übersät, als ob er systematisch gefoltert worden wäre. Und er hatte Schmerzen, die ihn förmlich verzehrten. »Oh mein Geliebter …«
»Das Gift hat ihn in der Gewalt, Lostara«, sagte Wühler, der hinter ihr stand. »Du musst ihm das Leben nehmen.«
Was?
»Er hat geglaubt, dass du tot bist«, fuhr der Junge fort. »Er hat aufgegeben. Hat alles aufgegeben. Außer dem Wunsch, sich zu rächen. An der Mandata.«
»Wer hat das hier getan?«
»Das werde ich dir nicht sagen«, erwiderte Wühler. »Perl wollte Rache – und er hat Rache bekommen. Das ist alles.«
Das ist alles.
»Und jetzt töte ihn, Lostara. Er kann dich nicht hören, kann dich nicht sehen. Für ihn gibt es nur noch den Schmerz. Es sind die Spinnen, verstehst du? Sie atmen das Blut ihrer Opfer, und sie brauchen es frisch und rot. Deshalb lässt das Gift nicht zu, dass er stirbt. Und dann ist da die Säure in seinem Bauch, die sich ausbreitet, alles zerfrisst.«
Benommen zog sie ihr Messer.
»Sorge dafür, dass das Herz stehen bleibt.«
Ja, da, unterhalb des Schulterblatts, und dahinter. Stoß tief zu. Zieh es wieder heraus, und sieh zu, wie der Körper reglos wird, wie die Muskeln erschlaffen. Jetzt ist alles ruhig. Er ist fort.
»Komm mit, es gibt noch mehr zu tun. Schnell!«
Er setzte sich in Bewegung, und sie stand auf und folgte ihm. Du hast mich verlassen. Du warst da oben, in Mocks Feste, aber ich habe es nicht gewusst. Du hast es nicht gewusst.
Sie kam an einem Haufen wirr herumliegender Leichen vorbei. Klauen. Die Gasse war voll von ihnen.
Ein Stück voraus waren die Hafenanlagen, der freie Platz -
Plötzlich dröhnten Detonationen, ließen die Gebäude erbeben. Und dann Schreie.
An der Mündung der Gasse kauerte sich Wühler in den Schatten eines Lagerhauses und winkte sie zu sich.
Menschen flohen – zumindest diejenigen, die noch auf den Beinen waren, und das waren ziemlich wenig. Mindestens zwei Knaller waren mitten im Mob explodiert. Knaller und Fetzer, und dort drüben war ein verdammter T’lan Imass, beim Vermummten, und schlug die letzten Flüchtlinge in seiner Reichweite nieder.
»Bei den Göttern«, murmelte Lostara, »da draußen müssen tausend Tote liegen.«
»Ja. Aber schau dort rüber, das musst du sehen.« Er deutete nach rechts, zum Fluss.
»Was?«
»Oh.« Wühler streckte eine Hand aus und legte sie ihr leicht auf den Unterarm.
Die Szene schien sich irgendwie zu verändern, wurde plötzlich anders beleuchtet. Der Lichtschein umgab einen einzigen Körper, der zu weit weg war, um irgendwelche Einzelheiten erkennen zu können -
»T’amber«, sagte Wühler. »Nur du und ich, nur wir beide können es sehen. Also schau zu, Lostara. Schau zu.«
Der goldene Lichtschein zog sich zusammen, stieg von dem Leichnam auf. Eine schwache Windböe strich über Lostara und Wühler hinweg, brachte den mittlerweile vertrauten Geruch von Savannengräsern, ein Gefühl von Wärme und Trockenheit mit.
»Sie ist lange bei uns geblieben«, flüsterte Wühler. »Sie hat T’amber benutzt. Oft. Sie hatte keine andere Wahl. Die Vierzehnte zieht in den Krieg, und wir gehen mit. Wir müssen es tun.«
Eine Gestalt stand nun vornübergebeugt über dem Leichnam. Bepelzt, groß und weiblich. Sie trug keine Kleidung, keinen Schmuck.
Lostara sah, wie sich der T’lan Imass, der etwa dreißig oder vierzig Schritt weit weg war, langsam umdrehte und die Erscheinung anblickte. Und dann neigte der untote Krieger den Kopf und sank langsam auf ein Knie. »Hast du nicht gesagt, wir wären die Einzigen, die sie sehen können, Wühler?«
»Ich habe mich geirrt. Sie hat diese Wirkung.«
»Wer – was ist sie?«
»Die Eres'al. Lostara, du darfst es der Mandata niemals erzählen. Niemals.«
Die Frau im Range eines Hauptmanns der Roten Klingen machte eine finstere Miene. »Noch ein verdammtes Geheimnis, das ich vor ihr bewahren muss.«
»Nur diese beiden«, sagte Wühler. »Du schaffst das.«
Lostara warf dem Jungen einen Blick zu. »Du hast zwei gesagt.«
Wühler nickte. »Ihre Schwester, ja. Eines - und noch eines. Zwei Geheimnisse. Die du niemals verraten darfst.«
»Das wird nicht allzu schwierig sein«, sagte sie, während sie aufstand. »Schließlich werde ich die Vierzehnte nicht begleiten.«
»Doch, das wirst du. Schau! Schau dir die Eres'al an!«
Das merkwürdige weibliche Wesen senkte den Kopf zu dem Leichnam
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